- Eine mit Begleitgas gespeiste Gasturbine zusammen mit einem Synchrongenerator ersetzt ein Diesel-Kraftwerk an einem Standort zur Ölförderung in Libyen.
- Durch den Betrieb mit anfallendem Begleitgas ist der Standort unabhängig von Diesellieferungen per Lkw. Mit dem Wegfall des Lkw-Transports sinken Unfallrisiko, Kosten und CO2-Emissionen.
- Die Bedingungen in der nordafrikanischen Wüste setzen einen robusten Generator voraus, der auch unter hohen Temperaturen und nach Sandstürmen zuverlässig ist.
Anlagenbau gegen Staub und Salz
Die dabei zu überwindenden Umweltbedingungen am Standort in der libyschen Wüste sind allerdings alles andere als einfach. Große Hitze, regelmäßige Sandstürme und aufwendige Instandhaltung stellen auch an elektrische Maschinen höchste Anforderungen. So gilt es beispielsweise, Sandablagerungen im Generator zu verhindern und den auch durch kleinste Ritzen eindringenden feinen Sand umgehend wieder abzuführen, um Schäden vorzubeugen. Das schwierige Beschaffen von Ersatzteilen und die Notwendigkeit, selbst Baumaterial zum Standort transportieren zu müssen – das Mischen von Beton ist vor Ort nicht möglich, da der Sand zu salzhaltig ist – verlangen eine optimale Projektplanung sowie sehr robuste und zuverlässige Generatoren.
Der eingesetzte Synchrongenerator mit einem Gewicht von rund 36 t läuft im Inselbetrieb und hat eine Leistung von 10,2 MVA. Er verfügt über eine integrierte bürstenlose Permanentmagnet-Erregermaschine und ist bereits über 20.000 h im Dauerbetrieb gelaufen. Der vierpolige Generator ist für eine Spannung von 6.000 V bei einer Frequenz von 50 Hz und für Umgebungstemperaturen bis 55 °C ausgelegt. Die Schutzart beträgt IP55. Bei dem Generator handelt es sich um eine kundenspezifische Anfertigung mit einer Bauzeit von rund einem Jahr. Speziell ist beispielsweise die Luftkühlung mit oben montiertem Luft-/Luft-Wärmeübertrager und Fremdlüftern. Der Luftfilter ist so konzipiert, dass sich kein Sand festsetzen kann. Schlitze führen den Sand stattdessen direkt wieder heraus. Die weiße Lackierung trägt dazu bei, dass der Generator möglichst wenig Hitze aufnimmt.
Abwärme als Öl-Heizung
Eine errichtete 30-kV-Freileitung von Nakhla zum 26 km entfernten Dieselkraftwerk am Standort Hamid ermöglicht ein redundantes Stromerzeugungssystem: Der Betrieb der Gas-Öl-Separierungsanlage ist entweder über die Gasturbine in Kombination mit dem Generator oder im Notfall über das herkömmliche Dieselkraftwerk möglich. Auch die fünf Heißwasser-Boiler, die bislang das geförderte Öl künstlich auf 70 °C erhitzten, sind jetzt redundant, da hierfür nun die 14 MW Abwärme der Gasturbine dient. Das Erwärmen des Öls über Tage ist notwendig, da das Öl in Nakhla, das mit etwa 70 bis 80 °C aus der Erde kommt, unterhalb von 42 °C zähflüssig wie Wachs wird, was die Förderung bzw. den Weitertransport erschwert.
„Sehr hohe Betriebssicherheit und Verfügbarkeit hatten bei der Wahl des Generators oberste Priorität für uns“, erklärt Rainer Bleich, Projektverantwortlicher bei Wintershall. „Denn zum einen ist die Stromerzeugung überlebenswichtig für den durchgehenden Betrieb unserer GOSP in Nakhla – jeder Tag Stillstand kann uns Millionen Euro kosten. Und zum anderen dauert es von Planung bis Inbetriebnahme eines solchen individuell gefertigten Generators bis zu 18 Monate, und externe Monteure benötigen mindestens zwei bis drei Tage, bis sie im Reparaturfall vor Ort sein können.“
Das Umstellen auf die Lösung mit Gasturbine und Synchrongenerator lohnt sich für den Betreiber in vielerlei Hinsicht. Der wichtigste Aspekt ist hier mit Sicherheit die gesteigerte Betriebssicherheit durch eine zuverlässige, autarke und redundante Stromerzeugung. Das neue Stromerzeugungssystem ist wartungsärmer als die bisherige Dieselkraftanlage. Der unfallanfällige, aufwendige Diesel-Transport per Lkw kommt nur noch im Notfall zum Einsatz, sodass der Bedarf an Diesel deutlich gesunken ist. Dies reduziert die Kosten, und der Wegfall des regelmäßigen Diesel-Transports senkt die CO2-Emissionen. Die ohnehin anfallende Abwärme wird produktiv zum Erhitzen des Rohöls genutzt.
Zum Betreiber: Erdöl aus Libyen
Bereits seit 1958 ist Wintershall in der Exploration und Verarbeitung von Erdöl in Libyen aktiv. Heute operiert das Unternehmen in der Libyschen Wüste, rund 1.000 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Tripolis, in acht Onshore-Ölfeldern in den Konzessionen C 96 (Standort Jakhira) und C 97 (Standort Nakhla). Darüber hinaus ist die BASF-Tochter auch an der Förderung von der Offshore-Plattform Al-Jurf vor der nordwestlichen Küste beteiligt und hält die Lizenz für ein weiteres Explorationsgebiet im Südosten des Landes. Als einziger ausländischer Betriebsführer gehört das Unternehmen mit einer Tagesproduktion von bis zu 90.000 Barrel bzw. einer Jahresproduktion von bis zu 30 Mio. Barrel Öl zu den größten Förderunternehmen in dem nordafrikanischen Land.
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