Bei zahlreichen thermischen Prozessen, beispielsweise der Gebäudeklimatisierung und der Ableitung von Restwärme aus Kraftwerken, fällt überschüssige Wärme an. Diese Restwärme wird dem Prozess über das Medium Kühlwasser entzogen und an die Umgebung abgegeben. Das Kreislauf- beziehungsweise Durchlaufwasser von Kühlsystemen wird aus verschiedenen Gründen behandelt, zum Beispiel Korrosionsschutz, Optimierung des Wirkungsgrades, Minimierung des Wasserverbrauchs und damit des Energieverbrauchs.
Verschiedene Kühlsysteme
Die Art des Kühlkreislaufs richtet sich nach der abzuführenden Wärmemenge bzw. der erforderlichen Kühlleistung sowie nach der zur Verfügung stehenden Kühlwassermenge. Auch die örtlichen Gegebenheiten, beispielsweise die umliegende Bebauung, spielt eine Rolle. Neben den folgenden Hauptarten sind auch Mischformen möglich.
- Durchlaufkühlung ohne Ablaufkühlung,
- offene Kreislaufkühlung mit Nasskühltürmen oder
- geschlossene Kreislaufkühlung.
Durchlaufkühlsysteme sind die einfachsten Systeme, in denen das Wasser von einem Versorgungspunkt entnommen wird, die Anlage nur einmalig durchläuft und anschließend mit erhöhter Temperatur wieder an die Umwelt abgegeben wird. Das Kühlwasser wird häufig aus Oberflächengewässern entnommen. Je nach Wasserqualität sind verschiedene Aufbereitungsschritte notwendig
Bei der offenen Kreislaufkühlung kommen Nasskühltürme zum Einsatz, die besonders bei hoher relativer Luftfeuchte durch ihre ausgeprägten Nebelschwaden zu erkennen sind. Das zu kühlende Wasser wird in die Luft versprüht und über Füllkörper verrieselt. Dadurch wird dem Wasser Verdunstungswärme entzogen und die Luft befeuchtet. Etwa 1,5 bis 2,5% des umlaufenden Kühlwassers verdunsten bei jedem Kreislauf und müssen ergänzt werden. Nasskühltürme nutzen die Verdunstung und weisen eine sehr hohe Leistungsdichte auf. Es geht aber Wasser verloren, das dem Kreislauf wieder zugeführt werden muss.
Zur Desinfektion bei der offenen Kreislaufführung wird bevorzugt Chlordioxid eingesetzt. Chlordioxid wird aus Salzsäure oder Chlorgas und Natriumchlorit hergestellt. Um das eingesetzte Chlorit vollständig umzusetzen, wird der Prozess mit einem Säure- bzw. Chlorüberschuss betrieben.
Im Kreislauf reichern sich gelöste Ionen an. Um diesen Effekt zu minimieren, wird das Konzentrat abgetrennt (Absalzung) und Frischwasser zugespeist. Je nach Desinfektionsmittel kommt es auch zu einer Anreicherung des Desinfektionsmittels und dessen Abbauprodukten. Durch das Desinfektionsmittel können Säuren in das System eingetragen werden, die den pH-Wert absenken. Daher ist eine geregelte Dosierung von Laugen erforderlich. Werden hingegen alkalische Desinfektionsmittel wie Natriumhypochlorit dosiert, sinkt der pH-Wert, und es müssen Härtestabilisatoren zum Vermeiden von Kalkausfällungen und Säuren zur pH-Absenkung zugesetzt werden.
Vorteile der Chlordioxid-Dosierung:
- Chlordioxid ist als gelöstes Gas besonders wirksam gegen Mikroorganismen und Biofilme an Oberflächen.
- Die saure Lösung trägt dazu bei, dass an den Flächen der Wärmeübertrager die Neigung zur Belagbildung verringert sowie bereits gebildete Beläge gelöst werden können.
- Im Vergleich zu Hypochlorit ist der Chemikalieneinsatz bei der Verwendung von Chlordioxid geringer.
Chlordioxid ist durch sein relativ geringes Redoxpotenzial ein mildes und dennoch effizientes Desinfektionsmittel, das keine chlororganischen Verbindungen oder Chloramine bildet. Beim Einsatz von Chlordioxid ist einschränkend zu erwähnen, dass die Abbauprodukte Chlorit und Chlorat entstehen.
Bei der Zugabe von Chlordioxid wird entweder ausschließlich eine Schockdosierung durchgeführt oder zusätzlich Chlordioxid zum Frischwasser zugegeben. Eine Schockdosierung bedeutet in der Regel die Zugabe von 1,0 bis 2,0g/m³ mehrmals am Tag für 15 bis 30min. Entsprechend wird die Chlordioxidanlage entweder als Durchlaufanlage mit direkter Dosierung ausgeführt oder als Batch-System mit zwei Dosiereinrichtungen ausgestattet.
Zur wirksamen Desinfektion von Wärmeübertragern in der geschlossenen Kreislaufkühlung sind andere Gegebenheiten zu berücksichtigen. Es wird nur in sehr geringem Umfang Frischwasser zugesetzt, da hier kein Wasser verdampft wird. Zudem liegt im geschlossenen Kreislauf ohne Lichtkontakt kein Algenwachstum vor. Für die geschlossene Kreislaufkühlung eignen sich in besonderer Weise Ozon und Wasserstoffperoxid. Vorteile der Ozon-Dosierung gegenüber Chlordioxid und Chlor sind
- Ozon hat eine wesentlich höhere Oxidationswirkung als Chlordioxid.
- Ozon zerfällt nach der Reaktion mit Wasserinhaltsstoffen und Keimen zu ungiftigem Sauerstoff.
- Es wird kein Chlorit bzw. Chlorat gebildet, das sich im Kreislauf anreichern würde.
Einschränkend gilt, dass eine Ozonanlage eine zusätzliche Druckerhöhungseinrichtung zur Absaugung des Ozons mittels Injektor voraussetzt, einen hohen spezifischen Energiebedarf aufweist und aus Bromid Bromat entstehen kann.
Desinfektionsmittelbedarf eines Kühlturmprozesses
Bei gleicher Umwälzung richtet sich der Bedarf an Desinfektionsmitteln nach der Art des Zusatzes. Das Dosieren von Desinfektionsmitteln in das Frisch- oder Nachspeisewasser orientiert sich an den Konzentrationen, die in der Trinkwasserversorgung üblich sind. Für die Schockdosierung sind höhere Zugaberaten (Faktor 2 bis 5) einzusetzen.
Beim Chlordioxid-Einsatz wird eine Schockdosierung angewandt. Eine zusätzliche Dosierung in das Nachspeisewasser ist nicht zwingend erforderlich. Beim Einsatz von Chlordioxid-Bereitungsanlagen ohne Vorratsbehälter ist zu beachten, dass das Chlordioxid im Reaktionsbehälter durch die Bereitungsunterbrechungen bei der Schockdosierung relativ schnell zerfällt. Während jeder Dosierung sollte daher dafür gesorgt werden, dass der Inhalt eines Reaktionsbehälters mindestens zweimal ausgetauscht wird. Die Menge an zuzugebendem Neutralisationsmittel richtet sich nach der Säurekapazität des eingesetzten Desinfektionsmittels.
Möglichkeiten und Grenzen einzelner Desinfektionsmittel und -verfahren
Die UV-Bestrahlung ist für die Entkeimung des nachgespeisten Frischwassers und für den Einsatz in einmal durchströmten Anlagen gut geeignet. Das chemikalienfreie Verfahren kann dazu beitragen, den Einsatz chemischer Desinfektionsmittel zu reduzieren und somit die Korrosivität von Kühlwasser zu reduzieren. Allerdings wirkt die Desinfektion ausschließlich lokal. In Kreislaufsystemen eingesetzt besteht lediglich eine sehr eingeschränkte Wirksamkeit, da kein Desinfektionsmittel die Oberflächen des Wärmeübertragers erreicht.
UV-Bestrahlung: Da UV-Anlagen durch die Bildung fest haftender Beläge auf den Quarzröhren in ihrer Lichtdurchlässigkeit und Desinfektionswirkung stark beeinträchtigt werden können, ist das zu behandelnde Wasser zunächst sorgfältig aufzubereiten. UV-Systeme mit Niederdruck- bzw. Niederdruck-Amalgamstrahlern inaktivieren im hohen Maß Keime aller Art. Bei höheren Organismen sind allerdings höhere Strahlungsdosen zur Abtötung erforderlich. Mitteldruckstrahler weisen eine höhere Energieintensität auf und sind damit für die Behandlung von großen Wasserströmen geeignet. Mitteldruck-Systeme haben einen höheren spezifischen Energieverbrauch, dafür töten sie Mikroorganismen besonders wirksam ab.
Chlorierte Aminverbindungen: Chlorierte Aminverbindungen sind als Chloramine bekannt. Sie werden aus Ammoniak und Chlorgas gebildet. In der Regel erfolgt die Bereitung von Chloramin aus Ammoniumsulfatlösung (NH4)2SO4 und Natriumhypochloritlösung NaClO. Im neutralen pH-Wert-Bereich ist das dabei gebildete Monochloramin NH2Cl mit mindestens 90% Anteil die Hauptkomponente. Neben Monochloramin tritt Dichloramin NHCl2 in geringeren Mengen auf. Vorteile der Chloramine:
- weniger korrosiv als Chlor und Chlordioxid;
- weniger flüchtig als Chlordioxid;
- gute Depotwirkung;
- keine Bildung von Bromat;
- keine Reaktion zu THM (Trihalogenmethanen):
Nachteile der Chloramine:
- sehr geruchsintensiv;
- schwächeres Desinfektionsmittel als Chlor und Chlordioxid (um rund 200mV niedrigeres Redoxpotenzial als unterchlorige Säure);
- beim Abbau von Monochloramin durch UV-Einsatz entstehen Nitrat und Ammoniak, der in Folge zu ungiftigem Ammonium reagiert.
Das gebildete Ammonium NH4+ reichert sich im zirkulierenden Kühlwasser an. Es ist stark sauerstoffzehrend, begünstigt die Eutrophierung und gelangt mit der Absalzung in die aquatische Umwelt.
Chlor und Hypochlorite: Chlorgas ist ein Wirkstoff, der ohne weitere Aufbereitung direkt aus den Liefergebinden der Chemikalienlieferanten in den Prozess dosiert werden kann. Beim Lagern der Gebinde sind sicherheitstechnische Maßnahmen zu berücksichtigen. Chlor und Hypochlorite entstehen durch Einleiten von Chlorgas in Wasser, Einleiten von Chlorgas in Natronlauge oder elektrochemische Zersetzung von Salzlösungen in Elektrolyseanlagen. Industrielle, hoch konzentrierte Natriumhypochloritlösung wird durch das Einleiten von Chlorgas in Natronlauge hergestellt.
Chlor weist eine sehr gute Desinfektionswirkung bei pH-Werten unter 7,5 auf. Unterchlorige Säure und alkalische Hypochlorite sind nicht flüchtig und eignen sich daher für offene Kühltürme. Hypochlorite verfügen über eine sehr gute Depotwirkung und können daher im gesamten Kühlsystem als Wirkstoff verteilt werden. Chlor wirkt gegenüber Biofilmen schwächer als gelöste Gase wie Chlordioxid und Ozon, daher sind im Vergleich höhere Zugaberaten erforderlich. Alternativ zur Bereitstellung großer Chlorgasmengen kann Hypochlorit mit Elektrolyse-Systemen hergestellt oder handelsübliche Natriumhypochloritlösung verwendet werden. Beide Alternativen bedeuten höhere Kosten, weisen jedoch Sicherheitsvorteile auf. Nebenprodukte, wie adsorbierbare organisch gebundene Halogene, Trihalogenmethane und Chloramine, können sich anreichern und zu einer Geruchsbeeinträchtigung führen. Beim Einsatz von Elektrolyse-Anlagen und handelsüblicher Natriumhypochloritlösung ist zu beachten, dass die gebildeten Lösungen alkalisch sind. Um Härteausfällungen an den Impfstellen zu vermeiden, sind Härtestabilisatoren pH-Korrekturmittel notwendig.
Chlordioxid: Chlordioxid kann aus Natriumchlorit und Salzsäure oder aus Natriumchlorit und Chlorgas bereitet werden. Als im Wasser gelöstes Gas wirkt Chlordioxid hervorragend auf sessile (festsitzende) Mikroorganismen und Biofilme. Der Anlagenaufbau ist relativ einfach, daher sind die Investitionskosten gering. Der Ausgangsstoff Natriumchlorit ist jedoch vergleichsweise teuer. Durch das Drei-Komponentenverfahren mit Natriumhypochlorit, Salzsäure und Natriumchlorit kann auf Chlorgas verzichtet werden. Chlordioxid hat den Vorteil, dass bei anwesenden Phenolen keine übel riechenden Chlorphenole gebildet werden, sondern chlorfreie organische Abbauprodukte entstehen, die gefahrlos der biologischen Abwasserreinigung zugeführt werden können.
Ozon: Ozon ist das stärkste bekannte Desinfektionsmittel. Dies wird am Redoxpotenzial deutlich (Desinfektionswirksamkeit E0=2,07V) sowie am CxT-Wert. Von Vorteil ist außerdem, dass Sauerstoff das einzige Abbauprodukt ist. Nur wenn das ozonbehandelte Wasser viel Bromid enthält, können bromierte Kohlenwasserstoffe bzw. Bromat gebildet werden. Bei Vorhandensein von Bromid oder Iodid im Wasser können die unerwünschten Stoffe Bromat und Iodat gebildet bzw. bromierte und iodierte Trihalogenmethane entstehen. Ozonanlagen sind sehr aufwendig, auch im Hinblick auf den Energiebedarf.
Wasserstoffperoxid: Wasserstoffperoxid ist ein starkes Oxidationsmittel. Allerdings hat es hat mit zunehmendem pH-Wert eine abnehmende Oxidationskraft. Wasserstoffperoxid kann auch als Reduktionsmittel wirken, etwa bei der Entchlorung. Deswegen ist es nicht möglich, Wasserstoffperoxid zusammen mit Chlor oder Chlordioxid als Oxidationsmittel zu benutzen. Im sauren Milieu ist Wasserstoffperoxid ein sehr starkes Oxidationsmittel. Seine Wirkung nimmt jedoch mit zunehmendem pH-Wert ab. Es kommt ohne Bildung von Rückständen unter Freisetzen von Sauerstoff zu Wasser umgesetzt wird. Wasserstoffperoxid ist ein chlor- und chloridfreies Mittel und daher im Hinblick auf Korrosivität und die Bildung von Nebenprodukten positiv zu beurteilen. Chlorhaltige Desinfektionsnebenprodukte entstehen beim Verwenden von Wasserstoffperoxid nicht.