Erneuerbare Energieerzeugung

Energieintensive Unternehmen sollen in Zukunft von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien profitieren. (Bild: BMWK/Dominik Butzmann)

Gerade die energieintensive Industrie stehe vor großen Herausforderungen, erklärte Habeck bei der Vorstellung der Pläne. Deutschland brauche seine Grundstoffindustrien genauso wie neue Zukunftsindustrien. „Deutschlands Wohlstand basiert auch auf seiner starken industriellen Basis und wir brauchen diese starke Basis auch in Zukunft“, so der Minister. „Daher müssen wir jetzt die richtigen Weichen stellen, denn dieser Weg sichert uns auch in Zukunft einen starken wettbewerbsfähigen Standort mit nachhaltigen Arbeitsplätzen.“

Geplanter Preis liegt zunächst bei 6 Cent

Der Vorschlag Habecks sieht dabei konkret zwei Stufen vor: einen kurzfristigen „Brückenstrompreis“ und einen langfristigen „Transformationsstrompreis“. Bei dem langfristigen Konzept sollen der massive Ausbau von Erneuerbaren Energien (EE) mit „klugen Instrumenten“ für den direkten Zugang der Industrie zu billigem grünem Strom gekoppelt werden. So soll Strom aus neuen EE-Anlagen zu Preisen „nahe an den Gestehungskosten“ an die Industrie weitergereicht werden. Außerdem will das Ministerium von Habeck sogenannte Power Purchase Agreements (PPA), also Stromlieferverträgen, für erneuerbare Energien mit Bürgschaften absichern, um die Risikoprämien dieser Verträge zu reduzieren. So soll sich auch für mittelständische Unternehmen der Zugang zu solchen Modellen verbessern.

Man könne aber so lange nicht warten, bis diese Langfristmaßnahmen greifen, meint Habeck. „Deshalb ist ein Brückenstrompreis notwendig. Er sichert die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Unternehmen in den 20er-Jahren, Arbeitsplätze und Standorte“, sagte der Wirtschafts- und Klimaminister. Die Brücke soll bis 2030 laufen und sieht konkret vor, dass Unternehmen bei Börsenstrompreisen über 6 Cent/kWh die Differenz erstattet bekommen. Um Effizienzanreize zu schaffen, soll diese Hilfe nur auf 80% des Verbrauchs Anwendung finden. Es gebe zudem „klare Bedingungen“ wie Tariftreue, Transformationsverpflichtung, Standortgarantie. Den Unternehmen werde „nichts geschenkt“, betont das Ministerium. „Die deutsche Industrie hat sich auf den Weg gemacht und ist bereits dabei ihre Prozesse umzustellen, die es für eine klimaneutrale Produktion weltweit braucht. Auf diesen Weg müssen wir unterstützen“, so Minister Habeck.

VCI begrüßt Pläne als „Gamechanger“

Während sich andere Verbände wie der Elektroverband ZVEI oder der Bundesverband für mittelständische Wirtschaft (BVMW) sich zunächst kritisch äußerten, sieht der der Chemieverband VCI die Pläne Habecks bei einer erfolgreichen Umsetzung als „klaren Gamechanger“. Für die energieintensive Chemieindustrie sei das Konzept „ein wichtiges Signal“, erklärte VCI-Hauptgeschäftsführer Große Entrup. „Wichtig ist jetzt, dass der Industriestrompreis schnell und unbürokratisch kommt und bei der Umsetzung die Geburtsfehler der Strompreisbremse vermieden werden“, so der Funktionär.

Der VCI-Hauptgeschäftsführer wies aber auch auf den größten Wermutstropfen der bekannt gegebenen Pläne hin: „Unsere Mittelständler sind weitgehend raus aus dem Empfängerkreis. Das darf nicht sein. Sie leiden ebenfalls stark unter den hohen Energiepreisen und wachsenden Standortproblemen. Hier muss die Bundesregierung noch nachbessern.“ Mit rund 1.900 Unternehmen und 175.000 Beschäftigten bilde der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie. Gut 90 % der Unternehmen haben weniger als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, viele von ihnen sind familiengeführt.

Der Industriestrompreis sei eine gute Investition und werde sich auszahlen, so Große Entrup: „Energieintensive Unternehmen sind für unsere Gesellschaft kein Luxus oder nice-to-have. Sie bieten hoch qualifizierte Arbeitsplätze, sind extrem produktiv, bedeutende Steuerzahler und essenzieller Startpunkt für das gesamte deutsche Industrienetzwerk.“ Insgesamt hängen laut einer aktuellen Kurzstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft an den fünf energieintensivsten Branchen bis zu 2,4 Mio. Arbeitsplätze und gut 240 Mrd. Euro Wertschöpfung.

Auch Chemiegewerkschaft sieht Industriepreis positiv

Um die Sicherung dieser Arbeitsplätze geht es der Chemiegewerkschaft IGBCE, auch sie begrüßte die Pläne zum Industriestrompreis. "Für weite Teile der Industrie ist Energie inzwischen der größte Ausgabenposten und damit der entscheidende Standortfaktor“, weiß Gewerkschaftsboss Michael Vassiliadis. Insbesondere durch die Folgen des Ukrainekrieges haben Deutschland bei den Strompreisen den Anschluss an andere Industrienationen verloren. „Sie liegen heute sieben Mal so hoch wie in China, viermal so hoch wie in den USA und dreimal so hoch wie in Frankreich, das längst einen nationalen Industriestrompreis hat“, so Vassiliadis.

Gerade die energieintensiven Industrien wie die Chemie stünden in den nächsten Jahren vor gewaltigen Investitionen, um ihre Produktionsprozesse klimagerecht zu modernisieren. Einen Exodus könne sich Deutschland hier im Hinblick auf diese Transformation nicht leisten. Industrien wie die Chemieindustrie stünden am Anfang nahezu aller industriellen Produktionsprozesse. „Von einem fairen Strompreis profitiert also mittelbar die komplette industrielle Wertschöpfungskette und damit das gesamte Land", erklärte Vassiliadis.

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