Eigentlich naheliegend, sollte man meinen: CO-Verbindungen sind Bestandteil zahlreicher Kunststoffe, beispielsweise als Urethan-Gruppe (-NH-CO-O-) in den beliebten Polyurethan-Schaumstoffen. Warum also nicht Kohlendioxid zum Aufbau solcher Polymerketten verwenden und dem Klimagas dadurch zu einer zweiten Karriere als nützlichem Rohstoff verhelfen? Doch vor den Erfolg des Chemikers hat der Schöpfer die Aktivierungsenergie gesetzt: Kohlendioxid ist ein extrem träger Reaktionspartner.
Katalysatoren machen dem
Phlegmatiker Beine
Aber inzwischen helfen dem chemischen Phlegmatiker Katalysatoren auf die Sprünge. Schlüssel dazu sind Katalysatoren, mit denen sich aus Propylenoxid und Kohlendioxid maßgeschneiderte Polyethercarbonat-Polyole synthetisieren lassen. Im Projekt „Dream Production“ arbeitet die Kunststoff-Sparte Material Science des Bayer-Konzerns dazu mit dem CAT Catalytic Center in Aachen und dem Leibnitz-Institut für Katalyse in Rostock zusammen. Mit Erfolg: Bereits im Mai wurden deshalb bei Bayer 15 Mio. Euro bewilligt, um am Standort Dormagen eine Produktionsstraße zu bauen, mit der auf Basis von CO2 jährlich 5.000 Tonnen Polyurethan-Schaumstoff hergestellt werden sollen. Wenn alles klappt, kann diese bereits ab 2016 erste Polyole für den Kunststoffmarkt liefern.
Während diese Technik es ermöglicht, durch den Einsatz von Kohlendioxid 20 Prozent des in PU üblicherweise eingesetzten Erdöls zu ersetzen, konnte der Chemiekonzern nun Ende August einen weiteren Erfolg vermelden: Den Forschern beim Projekt „Dream Polymers“ ist es demnach geglückt, auch andere Kunststoffe auf Basis des Klimagases herzustellen und dabei noch mehr fossile Rohstoffe einzusparen: „Es ist uns gelungen, den Erdöl-Gehalt zur Herstellung anderer Kunststoffe auf nur noch 60 Prozent zu verringern“, sagt Projektleiter Dr. Christoph Gürtler. Jetzt können auch thermoplastische Polyurethane, Folien und Gießelastomere teilweise aus CO2 aufgebaut werden.
CO2 als Rohstoff ersetzt 40 Prozent des Erdöls
Bei dem neuen Verfahren wird Kohlendioxid doppelt genutzt. Einerseits wird das Treib-hausgas direkt in ein neuartiges Vorprodukt mit dem klingenden Namen „Polyoxymethylen-Polycarbonat-Polyol“ eingebaut, andererseits „lässt sich daraus eine Chemikalie herstellen, die dann wiederum in das Vorprodukt einfließt“, gibt sich Bayer in einer Pressemeldung geheimnisvoll. Insgesamt sollen sich dadurch aber 40 Prozent des auf konventionellem Wege benötigten Erdöls einsparen lassen. Im Labor soll das bereits „grundsätzlich“ funktionieren, und auch erste Anwendungstests seien positiv ausgefallen, heißt es bei Bayer. Doch bis zur kommerziellen Umsetzung ist der Weg noch lang. Doch eins ist bereits klar: 20 Prozent Erdöleinsparung sind sicher, wenn 2016 in Dormagen per „Dream Production“ aus Träumen tatsächlich PU-Schäume werden.
Hier finden Sie den Abschlussbericht zum Forschungsprojekt Dream Reactions