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  • Bei externer Prozessanalytik müssen genommene Proben ohne Veränderung von der Entnahme zur Messtelle gelangen.
  • Ein zuverlässiger Transport per Edelstahlleitung ist möglich, wenn die Innenfläche der Rohre entsprechend behandelt ist.

Die Behandlung von metallischen Oberflächen ist an sich nicht neu: Dabei hat die optisch sichtbare Veränderung einer Oberfläche oft einen verfahrenstechnischen Hintergrund. Das Gleiche gilt in der analysentechnischen Überwachung und Steuerung von Verfahrensprozessen.

Problemstellung der Analysentechnik

Anlagenbetreiber in Chemie, Petrochemie und Raffinerietechnik stehen unter dem ökonomischen und ökologischen Druck, mit den bestehenden Ressourcen die maximale Ausbeute zu erreichen. Das führt zwangsläufig zu einer genaueren Überwachung der verfahrenstechnischen Prozesse. Um dem Grundprinzip, also die Steuerung des operativen Prozessablaufes über analytische Daten, Rechnung zu tragen, ist eine Vielzahl von Messpunkten in einer Prozessanlage notwendig. Hierbei wird, neben den klassischen Parametern wie Druck oder Temperatur, zunehmend auch die Zusammensetzung der Stoffe ermittelt.

Generell wird diese Prozessanalysentechnik (PAT) in zwei Bereiche unterteilt: Bei der In-situ-Messung wird mittels eines optischen Verfahrens durch den Prozess hindurch oder direkt innerhalb des Prozesses gemessen. Das in der Theorie überzeugend klingende Grundprinzip der In-situ-Messung ist in der Praxis jedoch aufgrund von extremen Temperaturen, Staub- oder Druckbelastungen nur eingeschränkt möglich. Um den genannten Problemen zu entgehen und Schwankungen bei den Proben zu verhindern, wird bei der sogenannten extraktiven Analytik eine repräsentative Probe entnommen und an einem anderen Ort analysiert.

Über die primäre Probenaufbereitung findet die repräsentative Stoffentnahme aus dem Prozess statt. Abhängig vom Prozess muss direkt bei der Probenentnahme eine Filtration, Abkühlung und eine Druckreduzierung stattfinden. Dabei gilt das wichtige Prinzip: Die spätere Analysenexaktheit ist immer nur so gut wie die Probenaufbereitung. Damit kommt bereits der primären Probenentnahme eine besondere Bedeutung zu.

Elektrisch beheizte Rohrbündel ermöglichen einen Stofftransport bei konstanter Temperatur, was stoffliche Veränderungen minimiert. (Bild: AGT-PSG)

Transport ist nicht trivial

Der folgende Prozessschritt, nämlich der Transport der Probe, erscheint anfänglich als der trivialste in der Kette der Probenaufbereitung. Jedoch stellt genau dieser Schritt in der Praxis oftmals eine besondere Herausforderung dar, um sicherstellen zu können, dass die betreffende Probenqualität unverändert bleibt.

Bei der nachfolgenden Probenaufbereitung unmittelbar vor der Analyse – der sogenannten sekundären Probenaufbereitung – ist im Anschluss an den Transportvorgang darauf zu achten, dass keine ungewollte Manipulation der Probe vorgenommen wird. Je nach Analyseverfahren ist beispielsweise eine Trocknung des Wasserdampf-Gas-Gemisches notwendig. Dies geschieht oft mit Messgaskühlern oder Messgasaufbereitungen wie dem MAK 10 der Firma AGT-PSG.

Schaut man sich den zunächst einfach scheinenden Transport einer entnommenen Probe im Detail an, zeigen sich die technischen Herausforderungen: Ablagerungen der Probe im Rohr führen in den meisten Fällen zu einer unerwünschten Manipulation des Analysenergebnisses. Bei der Ansammlung von Partikeln an der Rohrinnenoberfläche sind die bei der Analyse gemessen Konzentrationen zu gering. Lösen sich die gesammelten Partikel plötzlich ab, kommt es zu Peaks in den Messergebnissen. Dieser Memory-Effekt kann sich abhängig von der Länge der Leitung multiplizieren.

Noch dramatischer als Ablagerungen sind stoffliche Veränderungen des zu analysierenden Mediums. Die Stoffzusammensetzungen können sich aufgrund von Taupunktverschiebungen, und damit auch abhängig von den Druckverhältnissen, verändern. Daher ist oft eine Beheizung notwendig. Beginnend vom reinen Frostschutz können Haltetemperaturen bis
150 °C erforderlich sein. Um eine homogene Wärmeübertragung über lange Strecken hinweg sicherzustellen, haben sich maschinell produzierte beheizte Leitungen (teilweise auch als beheizte Rohrbündel bezeichnet) durchgesetzt. Selbstregelnde elektrische Heizbänder – wie beispielsweise der Marke Raychem – sorgen dafür, dass geforderte Haltetemperaturen nicht unterschritten werden.

Direkter Kontakt mit der Probe

Sobald über eine Beheizung sichergestellt ist, dass die Probe nicht aufgrund von Temperatureinflüssen verändert wird, muss eine Veränderung der Stoffzusammensetzung beim Kontakt mit dem Medienrohr ausgeschlossen werden. Neben der Legierung des Medienrohrs – in der Regel eine austenitische CrNiMo-Edelstahllegierung wie 1.4435 / 316L– fällt im Bereich der Spurenanalytik umgehend der Fokus auf die Ausführung der Rohr-Innenoberfläche.

In vielen Analytikanwendungen sind Rohre mit einer elektropolierten Innenoberfläche im Einsatz. Der Elektropolierprozess ist eine kontrollierte anodische Metalloberflächenauflösung im Bereich von 10…15 µm. Ziel des Elektropolierens ist es:

  • die Oberflächenrauheit zu reduzieren (Ra < 0,25 µm) und die Passivschichtverhältnisse zu optimieren (Cr/Fe bzw. CrO/FeO >1,5 bzw. > 3,0),
  • die ad- und desorptions- bzw. korrosionskritische Beilbystör- und defektschicht, die vom Herstellungsprozess herrührt, zu entfernen,
  • passive, neutrale Oberflächenverhältnisse zu erzeugen, um an der medienberührenden Oberfläche die Kontamination des Mediums sowie eine Stoffumsetzung oder -Veränderung auszuschließen,
  • die Edelstahloberfläche im Mikrobereich kontrolliert einzuebnen, um die spezifische Oberflächenausdehnung zu minimieren (Reduktion der wahren Oberfläche), da Trocknungs- und Reinigungsprozesse maßgeblich von der wahren und der Ausführung zur Verfügung stehenden Oberfläche beeinflusst werden.

Spezielle Leitungen dienen zum Transport von Proben aus dem Prozess zur Messstation. (Bild: AGT-PSG)

Anlagentechnisch lassen sich in der industriellen Praxis Rohrdurchmesser für Analytikanwendungen von AD 6,0 x W 1,0 mm bis AD 12,0 x W 1,0 mm bzw. AD 3,18 x W 0,51 mm (1/8 Zoll x 0,020 Zoll) bis AD 12,70 x W 1,24 mm (1/2 Zoll OD x 0,049 Zoll) in Längen von 3 bzw. 6 m (Rohrfixlängen) und mit einem neuentwickelten Verfahren der Firma Henkel Beiz- und Elektropoliertechnik auch bis 30 m (Ringrohre) innen elektropolieren. Nach dem Elektropolieren werden die Rohrinnenoberflächen gespült, dekapiert, passiviert, endgereinigt und mit Reinstickstoff getrocknet sowie optional auch je nach Zielanwendung reinraumgereinigt und unter Reinraumbedingungen verpackt. Der durchgeführte Elektropolierprozess sowie alle Oberflächenprüfungen werden entsprechend dokumentiert und auf Kundenwunsch auch zur Verfügung gestellt.

Beschichten oder nicht?

Oft werden Edelstahloberflächen für Analytikanwendungen auch beschichtet eingesetzt. Im Vergleich von beschichteten gegenüber metallblanken oder elektropolierten Edelstahloberflächen ist zu akzeptieren, dass beispielsweise die Legierung 1.4435 / 316L sowohl im metallblanken Zustand als auch in ideal elektropolierter Ausführung materialtechnisch gegen bestimmte Medien nicht uneingeschränkt beständig ist. Oberflächenkorrosion lässt sich in solchen Fällen nicht vermeiden. Außerdem ist festzuhalten, dass Edelstahllegierungen wie 1.4435 / 316L, hergestellt mittels Standardumschmelzungsverfahren (AOD/VOD), eine technische Legierung darstellen, die auch an der Oberfläche grundsätzlich nicht völlig defektfrei ist und vereinzelt mikroskopische Mikroschlackeeinschlüsse aufweist. Allerdings sind diese Lokaldefekte auch bei Standardmaterialhalbzeugen mittlerweile gering. Gänzlich vermeiden kann man solche schmelzenspezifischen Störbereiche beim gezielten Einsatz von Edelstahllegierungen, die z. B. vakuumumgeschmolzen werden, sogenannte VIM/VAR-Legierungen.

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Die entsprechend behandelten Rohrleitungen ermöglichen den Transport auch über längere Strecken. (Bild: AGT-PSG)

Die Risiken von Beschichtungen für Edelstahloberflächen sind dazu im Gegensatz aber durchwegs kritischer zu bewerten, zumal die Beschichtungshaftung und auch die Beschichtungshomogenität in vielen Fällen schwer kontrollierbare Schwachstellen darstellen. Daraus entstehende Defektstellen führen ebenso zu unerwünschten Schichtstoffrissen wie dies bei unzulässigen mechanischen Beanspruchungen, etwa zu kleinen Biegeradien, bekannt ist. Außerdem ist die schweißtechnische Verbindung beschichteter Rohre in der Regel nicht erfolgreich möglich, ohne die Beschichtung zu zerstören oder zumindest den Schweißbereich hinsichtlich der optimalen Ausführung merklich einzuschränken. Diesbezügliche Risiken sind bei elektropolierten Edelstahloberflächen nicht zu befürchten. Im Gegenteil unterstützt die fachgerecht elektropolierte Edelstahloberfläche die Schweißnahtausführung zum Beispiel beim WIG-Orbitalschweißen von Ringrohren für die Herstellung von sehr langen Analytikrohrleitungen.

Bei der Frage, elektropolierte Edelstahloberflächen zusätzlich zu beschichten, ist zu berücksichtigen, dass die perfekt elektropolierte Edelstahloberfläche mikroglatte und haftungsarme Oberflächenverhältnisse aufweist. Diese sind für chemische Beschichtungen wie mit Si-Oxid eher ungünstig, sodass die Sicherheit perfekter Haftungsverhältnisse nicht gegeben ist. Dies gilt insbesondere, wenn die Beschichtung thermisch gehärtet werden muss. Mechanische Beanspruchungen und schweißtechnische Verbindungen sind für solche Beschichtungen besonders problematisch. Unter diesem Auswahlaspekt ist das fachgerecht elektropolierte Rohr dem beschichteten Rohr vorzuziehen, weil es bei Installation und Nutzung wie auch bei Reparaturfällen ein wesentlich flexibleres Arbeiten erlaubt.

Gesamtlösung durch Kooperation

Als einzigem europäischen Spezialisten für die Behandlung von Edelstahloberflächen ist es der Firma Henkel Beiz- und Elektropoliertechnik gelungen, ein Verfahren zum Elektropolieren von Ringrohren mit kleinen Durchmessern zu entwickeln. Gab es zuvor eine Begrenzung des Elektropolierens von Rohren in Handelsfixlängen von 6 m, lassen sich nun auch Ringrohre mit Längen bis 30 m innen elektropolieren. Durch die Kooperation zwischen den Firmen Henkel und AGT-PSG bei der Produktion von beheizten Analysenleitungen mit elektropolierten Rohren ist eine Technik „Made in Germany“ verfügbar.

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Unternehmen

Henkel Beiz- und Elektropoliertechnik

An der Autobahn 12
19306 Neustadt-Glewe
Germany

AGT-PSG GmbH & Co.KG

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61449 Steinbach
Germany