Einsatzzwecke von Wasserstoff

Wasserstoff ist ein wahres "Allround"-Talent, das zur Dekarbonisierung vieler Bereiche beitragen kann. (Bild: j-mel – stock.adobe.com)

Die Aufgaben, die Wasserstoff in der Energiewende übernehmen soll, definiert etwa die Nationale Wasserstoff-Strategie, die 2020 von der Bundesregierung verabschiedet wurde.  Grüner Wasserstoff könnte demnach fossile Brennstoffe großflächig ersetzen, als Speicher für erneuerbare Energien dienen, Mobilität ermöglichen und die verschiedenen Energiesektoren miteinander koppeln.

Ein Vorteil von Wasserstoff ist, dass er – ähnlich wie fossile Brennstoffe – leicht zu transportieren und im Gegensatz zu elektrischem Strom auch in großen Mengen zu speichern ist. Er kann damit helfen, Nachfrage- und Angebotsspitzen, wie sie etwa durch die Erzeugung erneuerbarer Energien entstehen, auszugleichen. Denn Strom lässt sich per Elektrolyse in Wasserstoff „umwandeln“. Mehr Hintergründe zur Herstellung von Wasserstoff lesen Sie hier.

Wasserstoff besitzt dabei sogar eine höhere massebezogene Energiedichte als Erdgas oder Öl: 1 kg Wasserstoff speichert etwa so viel Energie wie 2,8 kg Benzin oder 2,1 kg Erdgas. Darüber hinaus verbrennt Wasserstoff fast emissionsfrei. H2 könnte damit zukünftig fossile Energieträger überall dort ersetzen, wo sie heute noch zum Einsatz kommen – etwa in der Stromerzeugung bzw. Rückverstromung, beim Heizen oder in Anwendungen, in denen sich Strom aus erneuerbaren Energien nicht direkt einsetzen lässt. Beispiele hierfür sind bestimmte Anwendungen im Verkehrssektor sowie in der Industrie.

Wasserstoff in der Mobilität

Batterieelektrische Fahrzeuge sind auf den Straßen immer häufiger anzutreffen. Gerade im Schwerlast-, im Schiffs- und im Flugverkehr liegt der Einsatz von Batterie-Antrieben jedoch noch in weiter Ferne. Probleme bereitet hier vor allem die Größe der notwendigen Batterien.

Hier kommt Wasserstoff ins Spiel. Fahrzeuge, die auf H2 als Energieträger setzen, bieten potenziell eine hohe Reichweite und lassen sich wie Benziner und Diesel innerhalb weniger Minuten auftanken. Eine Brennstoffzelle wandelt dabei den Brennstoff Wasserstoff und Sauerstoff als Oxidationsmittel in elektrischen Strom um, mit dem ein Elektromotor betrieben wird. Solche Brennstoffzellen-Fahrzeuge kommen schon seit vielen Jahren in Kleinserien zum Einsatz.

Eine weitere Alternative, die ebenfalls auf Wasserstoff basiert, sind sogenannte E-Fuels. Diese könnten in Zukunft auch konventionelle Verbrenner wie Benziner und Diesel CO­2-neutral machen. Im Gegensatz zu batterieelektrischen oder Brennstoffzellen-Fahrzeugen erfordern sie keinerlei Umstellung vom Verbraucher. Konventionelle Motoren können E-Diesel oder E-Benzin ohne Umbauten verbrennen. Auch Tankstellen und die Infrastruktur zum Transport der flüssigen Kraftstoffe würden wie gewohnt weiter funktionieren.

Hergestellt werden die synthetischen Kraftstoffe in sogenannten Power-to-Liquid-Verfahren. Dabei kommt zunächst (erneuerbarer) Strom zum Einsatz, um in einer Elektrolyse Wasser zu spalten. Der dabei gewonnene Wasserstoff wird dann mit CO oder CO2 zu flüssigen Kohlenwasserstoffen synthetisiert. Ein Weg führt über die Methanolsynthese und eine anschließende mehrstufige Konversion oder über die sogenannte Fischer-Tropsch-Synthese (FTS). Wie Forscher dieses alte Verfahren mit neuen Katalysatoren verbessern wollen, lesen Sie hier.

Wasserstoff in der Industrie

Dass Wasserstoff in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen wird, liegt allein schon daran, dass er bereits heute in vielen industriellen Anwendungen unabdingbar ist. So ist etwa die chemische Industrie auf Wasserstoff als Ausgangsmaterial angewiesen. Einige Chemieparks und -Regionen in Deutschland unterhalten daher bereits heute eigenständige Wasserstoff-Pipeline. Über diesen und weitere Aspekte des Wasserstoff-Transports in Deutschland und Europa lesen Sie hier. Es ist naheliegend, dass Wasserstoff – das leichteste und kleinste Element überhaupt – als Bestandteil in weiteren Bausteinen der Chemie dient, den sogenannten Basischemikalien.

Eine der wichtigsten wie einfachsten Basischemikalien ist Ammoniak. In der Synthese nach dem Haber-Bosch-Verfahren werden die Ausgangsstoffe Stickstoff und Wasserstoff gemischt, erhitzt und zusammengepresst, bis sie miteinander reagieren. Die weltweite Produktionskapazität für Ammoniak betrug 2019 gut 235 Mio. t/a, und bis 2030 soll sie erwartungsgemäß auf knapp 290 Mio. t/a steigen. Die Stickstoff-Verbindung dient als Ausgangsstoff für Düngemittel, im einfachsten Fall Salze wie Ammonium-Nitrat, -Sulfat oder -Phosphat. Rund 40 % des Ammoniaks werden zu Harnstoff und davon abgeleiteten Verbindungen, die ebenfalls zum großen Teil als Düngemittel in die Landwirtschaft wandern. Weitere wichtige organische Stickstoffverbindungen, die ihren Ursprung im Ammoniak haben, sind die Amine – und über diese Zwischenstufen eine Vielzahl unterschiedlicher Stoffe, von Kunststoffzusätzen bis zu Medikamenten.

Eine weitere vom Wasserstoff abhängige Grundchemikalie ist Methanol. Ähnlich wie Ammoniak als Baustein für allerlei Stickstoff-Verbindungen dient, ist Methanol ein einfacher Ausgangsstoff für Kohlenstoff-basierte Chemikalien. Einfache, aber wichtige Beispiele sind Formaldehyd und Ameisensäure, beides Oxidationsprodukte von Methanol.

Einen geradezu gigantischen Hunger nach Wasserstoff haben auch die Petrochemie und die ihr vorgelagerte Öl- und Gasindustrie. Sie benötigen das Gas jedoch weniger als Rohstoff, sondern vielmehr als Reinigungsmittel. Erdöl und Erdgas sowie die daraus gewonnenen Raffinerie-Produkte enthalten schwefelhaltige Verbindungen. Hier hilft die sogenannte Hydrodesulfurierung, die Entschwefelung mit Hilfe von Wasserstoff. Dabei reagiert zugesetzter Wasserstoff an einem Katalysator mit dem Schwefel zu Schwefelwasserstoff. Dieser wiederum lässt sich isolieren, und daraus wird ein beträchtlicher Anteil des weltweit produzierten Schwefels gewonnen, einer weiteren wichtigen Basischemikalie.

Das Allround-Talent Wasserstoff ist außerdem ein chemisches Reduktionsmittel. Als solches kommt er zum Beispiel in der Metallurgie zum Einsatz. Ist bei Metallen eine besonders hohe Reinheit gefordert, beispielsweise bei Kupfer für die Elektrotechnik, so bietet sich die Reduktion von Metall-Erzen mit Wasserstoff an. Bislang wenig eingesetzt, aber bereits erprobt ist das Verfahren der „direkten Reduktion“ mit Wasserstoff in der Stahlproduktion. Diese gehört derzeit noch zu den emissionsstärksten Industriezweigen: Durch die Reduktion und Veredelung des Stahls mit Koks entstehen pro Tonne Stahl rund zehn Tonnen CO2. Im Falle konsequent eingeführter CO2-Bepreisung wäre der Umstieg auf Wasserstoff ein Weg für die Stahlindustrie, klimafreundlicher und gleichzeitig weiterhin wirtschaftlich zu bleiben – vorausgesetzt, der nötige Wasserstoff ist ebenfalls wirtschaftlich zugänglich. So arbeitet etwa auch der Stahlkonzern Arcelor Mittal bei "Clean Hydrogen Coastline", einem der größten Wasserstoff-Projekte in Deutschland, mit. Über dieses und andere wichtige Wasserstoff-Projekte finden Sie hier mehr Infos, inklusive einer interaktiven Projektkarte.

CT-Fokusthema Wasserstoff

(Bild: Corona Borealis – stock.adobe.com)

In unserem Fokusthema informieren wir Sie zu allen Aspekten rund um das Trendthema Wasserstoff.

 

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