Damit leiste das Unternehmen neben der Sicherung der eigenen Produktion angesichts der aktuellen Liefereinschränkungen durch Russland auch einen Beitrag zur Einsparung von Erdgas in Deutschland: Die substituierte Erdgas-Menge entspricht dem jährlichen Verbrauch von mehr als 100.000 Haushalten.
LPG statt Erdgas
Die bedeutendste Maßnahme wird am größten deutschen Evonik-Standort in Marl realisiert. Im neuen Gaskraftwerk soll dazu Autogas (Liquefied Petroleum Gas, LPG) statt Erdgas zur Energieerzeugung genutzt werden. Der Einsatz von LPG wird derzeit in enger Zusammenarbeit mit dem Errichter Siemens Energy „erfolgreich getestet“.
LPG ist ein Flüssiggas, das in seiner Zusammensetzung vor allem aus Butangas besteht, im Gegensatz zu Erdgas bzw. Flüssigerdgas (LNG), das überwiegend Methan enthält. Es fällt als Koppelprodukt im Produktionsverbund für C4-Derivate am Standort in Marl an. Außerdem kann es am Markt zugekauft werden. Im Chemieverbund mit der Raffinerie des Energiekonzerns BP in Gelsenkirchen soll so eine ausreichende LPG-Versorgung in Marl sichergestellt werden.
Kohlekraftwerk bleibt in Betrieb
Einen weiteren Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung leistet das Kohlekraftwerk in Marl. Ursprünglich hatte Evonik geplant, dieses Kraftwerk in diesem Jahr stillzulegen. Nach der Änderung des gesetzlichen Rahmens will das Unternehmen nun das notwendige Personal einstellen, Investitionen in den technischen Erhalt tätigen und die Kohleversorgung sichern. Damit soll der Weiterbetrieb über dieses Jahr hinaus gesichert werden.
„Mit der Substitution von Erdgas durch LPG sowie dem Weiterbetrieb des Kohlekraftwerks können wir für die Energieversorgung an unserem größten deutschen Standort in Marl auf Erdgas verzichten – und das ohne eine nennenswerte Einschränkung der Produktion“, sagte Vorstandschef Christian Kullmann. „Die Energieversorgung an unseren europäischen Standorten ist somit auch für den Fall eines Gasstopps aus Russland weitestgehend gesichert.“
Andere europäische Standorte weitgehend unabhängig
Auch an den anderen deutschen Standorten hat Evonik Maßnahmen zur Erdgassubstitution identifiziert, etwa in Steinau, Essen, Krefeld, Lülsdorf und Wesseling. Hier wird Erdgas zum Teil durch Heizöl substituiert. Entsprechende Investitionen seien bereits eingeleitet.
Weltweit bezieht Evonik insgesamt etwa 15 TWh Erdgas pro Jahr, das zum überwiegenden Teil zur Energie- und Dampferzeugung genutzt wird. Gut ein Drittel davon entfällt auf Deutschland. Die Energieversorgung der Standorte außerhalb Deutschlands, etwa im belgischen Antwerpen, sei weitestgehend unabhängig von Gaslieferungen aus Russland, teilt der Konzern mit. In Deutschland dagegen würde „ein Ausfall russischer Gaslieferungen die Chemieproduktion ernsthaft gefährden“.
„Das Sparen von Gas ist für uns alle in der aktuellen Situation in Deutschland eine wichtige und dringende Aufgabe“, sagte deshalb auch Wolfgang Langhoff, Vorstandsvorsitzender des Evonik-Partners BP Europa.