- Auch nichtrostende Stähle neigen zu Korrosion, eine spezielle Art ist das sogenannte Rouging. Dieses führt zwar nicht unmittelbar zu Schäden, kann aber trotzdem gefährlich für den Prozess sein. Denn die abgelagerten Korrosionsprodukte können sich lösen und damit das Produkt verunreinigen.
- Der Anbieter hat ein Verfahren entwickelt, bei dem ein umweltfreundliches Derouging-Medium zum Einsatz kommt. Dieses ermöglicht das selektive Eliminieren des Rougings und ist auch für die CIP-Reinigung im Sprühverfahren geeignet.
Rot heißt Stopp: Auf Oberflächen der austenitischen, nichtrostenden Stähle in Rohrleitungen, Installationen und Behältern der Prozessindustrie, die in längerem Kontakt mit warmgehaltenen gereinigten Wässern stehen, sind häufig gelbe bis rötliche Korrosionsprodukte zu beobachten. Das auftretende sogenannte Rouging [1-3] mit der Bildung von kristallinen Eisenoxiden mit Eisen in dreiwertiger Oxidationsstufe sollten Betreiber aufgrund problematischer Sicherheits- und Produktrelevanz periodisch vollkommen entfernen. Moderne, milde Derougingverfahren reinigen betroffene Edelstahloberflächen selektiv, umweltfreundlich und nachhaltig. Solche Verfahren ermöglichen Anwendern gleich zwei Vorteile: Einerseits eliminieren sie die Korrosion vollständig; andererseits können sie mit dem erzeugten quasi Neuzustand der gereinigten Anlage einen deutlichen Mehrwert erreichen.
Entstehung des Korrosionssystems
Die Korrosion eines nichtrostenden, austenitischen Stahls, üblicherweise vom Typ CrNiMo, die zur Ausbildung des sogenannten Rougings führt, ist ein komplexer Vorgang, der von den gegebenen Systembedingungen abhängig ist. Sie setzen sich im Allgemeinen aus dem Elektrolyten Wasser, den Werkstoff selbst mit seinen Legierungsbestandteilen, der Oberflächenqualität des Werksstoffes sowie den Prozessparametern Druck, Temperatur und Zeit etc. zusammen. Ionenfreies Wasser hat bei einer Temperatur von 25 °C und einem Druck von 1.013 mbar definitionsgemäß einen pH-Wert von 7. Bei diesen Systembedingungen liegt das Wasser minimal dissoziiert vor, wobei die Stoffmengenkonzentration c an freien Protonen H3O+ die der konjugierten Base OH- mit je 10-7 mol/L entspricht. Es ist ein amphoterer Stoff mit einem Redoxpotenzial von E0 = 0 mV und kann somit erstmal keine Reaktion mit einem nichtrostenden Stahl eingehen. Das Wasser besitzt des Weiteren als gutes polares Lösungsmittel die Eigenschaft, viele feste, flüssige und gasförmige Stoffe zu lösen. Die Eigenschaften des Wassers verändern sich allerdings selbst beim Auflösen geringster Mengen an bestimmten Gasen drastisch. Speziell beim Auflösen von Kohlendioxid CO2 aus dr Atmosphäre reagiert es zu Kohlensäure und es kommt zu einer pH-Wert-Absenkung des H2O. Die Löslichkeit von Gasen nimmt in der Regel mit zunehmenden Druck zu und mit steigender Temperatur ab. Sauerstoff hingegen löst sich molekular, wobei aber eine Erhöhung des Redoxpotenzials beobachtet wird. Das Redoxpotenzial E0 einer wässrigen Lösung nimmt mit abnehmenden pH-Werten in der Regel zu. Überschreitet das Redoxpotenzial als Beispiel den Wert, bei dem elementares Eisen zur zweiwertigen Oxidationsstufe oxidiert werden kann, so handelt es sich bei Metallen um Korrosion. Wasser fungiert hierbei als Elektrolyt eines galvanischen Elementes aus Sauerstoff und Eisen des nichtrostenden Stahls. Die entstehenden primären Eisen(II)verbindungen sind in reinem Wasser gut löslich und verteilen sich als Ionen, unterstützt durch ihre Diffusionseigenschaft, in einem Reinstwasser-Kreislauf problemlos.
Vom Golding zum Rouging
Bei vollständiger Oxidation entsteht zunächst das nahezu wasserunlösliche Eisen(III)oxidhydroxidhydrat Limonit FeOOH * nH2O mit amorpher Struktur, welches sich gleichmäßig in Form feinster Partikel mit gelbem Farbton auf der Edelstahloberfläche ablagert. Bei dieser Redoxremaktion fungiert die Säure als Katalysator und verbraucht sich nicht. Entsprechend den Prozessparametern Zeit und Temperatur können diese agglomerierten Partikel mit kristalline Schichten aufbauen. In diesem Frühstadium der Korrosion ist häufig eine goldgelbe Färbung des nichtrostenden Stahls zu beobachten, das als Phänomen „Golding“ bekannt ist. Durch Dehydratation des Limonits entsteht zunächst das ebenfalls gelb-braune, wasserunlösliche, kristalline Eisen(III)oxidhydroxid Goethit FeOOH. Unter weiterer Wasserabspaltung wandelt sich der Goethit in das rote, praktisch wasserunlösliche, kristalline Eisen(III)oxid Hämatit Fe2O3 um. Die Edelstahloberfläche verfärbt sich zunehmend rot, und es entsteht mehrheitlich nichtwischbares Rouging. Erfolgt diese Reaktion direkt an gelben Goethitpartikeln, so bilden sich die klassischen wischbaren Rougingpartikel aus. Goethit und Hämatit sind nachweislich die kristallinen Hauptbestandteile des Rougings. Keine Reaktion läuft hierbei alleine und vollständig ab, sodass in der Praxis alle Formen und Farben von dreiwertigen Eisen(III)oxidhydroxidhydraten zu beobachten sind. Aufgrund der unterschiedlichen und wechselnden Systembedingungen und der Vielzahl an möglichen kristallinen Verbindungen ist jeder Korrosionsvorgang einzigartig.
Auswirkungen auf Werkstoff und Produkt
Haben sich Korrosionsprodukte als wischbare oder nichtwischbare Ablagerung erst einmal gebildet, so besteht die Gefahr von produktgefährdenden und damit ökonomischen Folgen. In der pharmazeutischen Industrie beispielsweise sind Korrosionsrückstände auf der Oberfläche oder im Produkt nicht zugelassen oder unterliegen streng limitierten gesetzlich festgelegten Grenzwerten [4,5]. Des Weiteren ist in der Folge mit anfänglich nur optisch erkennbarem Angriff des Werkstoffs zu rechnen. Zunehmend kann sich dann jedoch die Rauigkeit der Oberfläche verändern und damit die Oberflächenqualität insgesamt verschlechtern. Mit der zunehmenden Rauigkeit nimmt auch die wahre Oberfläche des Werkstoffs zu, was in der Folge den Korrosionsvorgang weiter beschleunigen kann. Im fortgeschrittenen Stadium des Korrosionprozesses ist auch eine Loch- und Spaltkorrosion möglich, die dann eine gravierende Schädigung eines installierten Anlagensystems nicht mehr ausschließen lässt.
Mögliche Korrekturmaßnahmen
Treten solche Veränderungen am Werkstoff auf, lassen Betreiber in der Regel Wischproben nehmen. Mittels einer Risikoanalyse lässt sich dann die Dringlichkeit einer Intervention abschätzen. Mit einem chemischen Derouging, das das vollständige Eliminieren der Korrosionsprodukte des nichtrostenden Stahls gewährleisten muss, lässt sich im Frühstadium des Korrosionsvorganges der Ausgangszustand der betroffenen Anlage wieder herstellen und die Gefahr einer Kontamination von wertvollen Produkten bannen. Durch die Ablation der Eisenoxide profitieren die Oberflächen am Ende durch das Stoppen der Korrosion und nachfolgende Repassivierung durch den Aufbau eines neuen defektärmeren Passivfilms. Ein unvollständiges Derouging kann hingegen in der Folge zu einem temporärem, deutlich erhöhten Partikelaufkommen im System führen [6] und verhindert gleichzeitig die vollständige Erneuerung eines schützenden Passivfilms [7].
Die nachhaltige umweltfreundliche Lösung
Beratherm hat für das Derouging ein Reinigungsverfahren mit abschließender Passivierung entwickelt: Bei einer vom Anbieter garantierten Materialbeständigkeit gegenüber allen in den betroffenen Anlagen eingesetzten Werkstoffen führt das Verfahren zu einem selektiven Eliminieren des Rougings. Dabei kommt das Derouging-Medium Bera-Dent [8] mit hoher Umweltverträglichkeit aller Komponenten und sämtlicher Edukte auf Basis von Lebensmittelzusatzstoffen zum Einsatz. Die unkomplizierte Verwendung des Mediums in normaler Umgebungsatmosphäre ermöglicht das Optimieren des Verfahrens als CIP-Reinigung im Sprühverfahren mit minimiertem Mengenansatz. Dies führt zusammen mit kurzen Behandlungszeiten zu hocheffizienten und damit kostengünstigen Derouging-Operationen.
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Literatur:
[1] M. Göbel, Vom Phänomen des Rougings-vorbeugende Behandlung und Beseitigung, Schweisstechnik Soudure, Jahrgang 95, 12/2006
[2] M. Göbel, B. Sc. A. Pohl Rouging und Blacking in pharmazeutischen Anlagen, CCR, 2016
[3] M. Göbel, Kontamination in Reinwasser- und in Reindampfsystemen, Referat gehalten auf den Lounges, Messe Stuttgart 2016
[4] GMP Gesetz, 21 CFR 210/211 unter §211.67 „Reinigung und Instandhaltung der Ausrüstung“
[5] FDA Warning Letter bezüglich Rouging, Februar 2009
[6] A. Czech, Rouging-Erfahrungen aus der Praxis am Beispiel einer WFI-Anlage, Pharm.Ind.73,
Nr.1 (2011)
[7] M. Göbel, M. Bakalli, Beratherm AG; Die verschiedenen Oberflächenbehandlungsverfahren zur Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit, Schweisstechnik Soudure, Jahrgang 98, 04/2009
[8] Beratherm AG, Produktdatenblatt BERA-DE NT, Juni 2015