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1: 3D-Modell des Smart-Air-Injection-Systems mit zwei Injektionsstellen für Polymerlösung und Druckluft. (Bild: Seepex)

  • Mit dem Zwang, Klärschlämme in stärkerem Maße stofflich (beispielsweise für die Phosphatgewinnung) zu nutzen, müssen diese immer häufiger über lange Strecken transportiert werden.
  • Ein neues System kombiniert Exzenterschneckenpumpen mit Druckluft und erlaubt es, die zu Pfropfen komprimierten Klärschlämme per Druckluftzufuhr bis zu 1.000 m weit zu fördern.
  • Die Smart Air Injection nutzt eine Kombination aus Pumpenförderung mittels Exzenterschneckenpumpe und pneumatischer Dichtstromförderung.

Eine lange Leitung haben – im Bereich der Technik durchaus kein Nachteil. Und aktuell sogar wichtiger denn je bei der Entsorgung von entwässerten Klärschlämmen. 1,8 Mio. t fallen davon jährlich im Bundesgebiet an und müssen weiterverarbeitet werden – ob in der thermischen Aufbereitung, im Recycling oder in der Landwirtschaft. Nach der 2017 in Kraft getretenen Klärschlammverordnung (AbfKlärV) wird es immer öfter erforderlich, Klärschlamme über längere Entfernungen, zum Beispiel zur Phosphatrückgewinnungsanlage, zu transportieren. Für Kläranlagen im Land könnte der Einsatz des neuen Systems somit unter vielen Aspekten interessant sein. Die Smart Air Injection (SAI) erlaubt Streckenlängen bis zu einem Kilometer und ist besonders wirtschaftlich, denn die Gesamtinvestitionskosten wie auch der Folgeaufwand und Betriebskosten sind vergleichsweise gering.

Hohe Kosten für klassische Fördersysteme

Die Förderung von entwässerten Schlämmen über lange Distanzen stellt große Herausforderungen an die kommunale Abwasseraufbereitung: Aufgrund der hohen Viskosität und Abrasivität des Mediums muss ein erheblicher Druckverlust in der Förderleitung überwunden werden. Zum einen werden hierfür sequenzielle Förderlösungen mit mehreren Antrieben eingesetzt, wie z. B. Förderbänder oder Schneckenförderer. Diese nutzen jedoch mehrere Antriebe, was den Energieverbrauch und den Wartungsaufwand erhöht. Häufig sind diese Fördergeräte zudem offen zur Umgebung ausgeführt – mit Folgen wie Geruchsbelästigung oder Wiederverwässerung durch Regen. Außerdem sind sie bei vertikalem oder verwinkeltem Transport ineffizient. Alternativ werden geschlossene Rohrleitungen in Verbindung mit mehrstufigen Exzenterschneckenpumpen oder zum Teil auch Kolbenpumpen eingesetzt, die sich besonders für hochviskose Medien und hohe Drücke eignen. Die Investitionen dafür sind vergleichsweise hoch, da druckstabile Rohrleitungen (zum Teil mehr als PN100) notwendig sind. Die relativ hohen Antriebsleistungen sorgen zudem für einen hohen Energiebedarf. Außerdem ist der Wartungsaufwand insbesondere beim Einsatz von Kolbenpumpen hoch, und im Wartungsfall entstehen große Ausfallzeiten.

Die neue Förderlösung

Bei der Smart Air Injection entfallen solche Nachteile. Bei diesem System wird zur Schlammförderung zunächst eine Schlammsäule über eine Trichterpumpe von Seepex in der Druckleitung verdichtet und komprimiert (Bild 2a und b). Diese wird anschließend über gepulste Druckluft­injektionen weitergefördert (Bild 2c). Der Zeitpunkt für die Luftinjektionen erfolgt druckgesteuert über einen für die jeweilige Anwendung optimierten Algorithmus (Bild 3). Die pneumatisch transportierte Schlammsäule wird zusätzlich mit einer Polymerlösung ummantelt. Damit wird die Rohrreibung reduziert, wodurch die Energieeffizienz des Gesamtsystems steigt.

Durch die Kombination von Pumpenförderung und pneumatischer Dichtstromförderung sinkt der Druck in der gesamten Förderleitung dauerhaft auf ein niedriges Druckniveau (<PN10). Der Druck entspricht der erforderlichen Kraft zum initialen Bewegen der komprimierten Schlammsäule. Sobald die Haftreibkraft einmal überwunden ist, wird die Schlammsäule durch die nachströmende und expandierende Druckluft beschleunigt, wodurch das Druckniveau in der Leitung wieder absinkt (Bild 3). Ein energetisch optimaler Betriebspunkt wird vor Ort anlagenspezifisch eingestellt, indem die Systemparameter wie z. B. Polymer- und Luftmenge eingestellt werden.

Durch den geringeren Leitungsdruck können erheblich dünnwandigere und günstigere Rohrleitungen (PN10 bis PN16) verwendet werden, was insbesondere bei langen Transportleitungen zu deutlich niedrigeren Investitionskosten führt. Zudem können kleinere, einstündige Trichterpumpen mit der „Smart Conveying Technology“ (SCT) von Seepex eingesetzt werden. Diese zeichnen sich durch einen niedrigen Wartungsaufwand (Rotor-/Statorwechsel in weniger als einer Stunde) und einen vergleichsweise geringen Energiebedarf aus.

Das Gesamtsystem

Zentrales Element von SAI ist die integrierte Steuerung, die alle Funktionen des Gesamtsystems regelt. Die Füllmenge im Vorhaltetrichter der Schlammpumpe wird über einen Laser-Distanzsensor oder über Wägezellen erfasst und die Fördermenge der Schlammpumpe in Abhängigkeit zum Füllstand adaptiv angepasst, um so den Verbrauch an Polymerlösung zu minimieren. Darüber hinaus sind im SAI mit einer Temperatur-, einer Überdruck- und einer FU-Überwachung drei Sicherheitsfunktionen realisiert, die für einen reibungsfreien Betrieb des Gesamtsystems sorgen. Je nach Gegebenheiten der Förderstrecke müssen Druckluft und Polymerlösung an mehreren Stellen in die Rohrleitung injiziert werden (Bild 1 zeigt zwei Injektionsstellen). Die Ventile zur Luftinjektion lassen sich auch manuell über ein mitgeliefertes Bedienelement mit Display steuern. Dies ist insbesondere für die Reinigung der Rohrleitungen, zum Beispiel vor längeren Stillstandzeiten der Anlage oder zum Befreien der Förderleitung bei Verstopfungen, relevant.

Die Systemparameter des Systems lassen sich auf zweierlei Arten einstellen. Zum einen kann eine (Fern-)Steuerung über Feldbus von einer Leitwarte aus vorgenommen werden, zum anderen können Systemparameter lokal über ein Bedienelement modifiziert werden. Des Weiteren wird die Menge der verbrauchten Druckluft wie auch der verwendeten Polymerlösung gemessen und neben weiteren wichtigen Systeminformationen, beispielsweise Systemzustand oder Pumpenbetriebsparameter, auf dem lokalen Display der Bedieneinheit dargestellt.

industrieWASSER 01/2020

Niedrige Wartungskosten

Das neue Verfahren kommt mit einer kostengünstigen Verrohrung aus Kunststoffmaterial aus, was nicht nur bei Neuanschaffungen eine Rolle spielen könnte, sondern immer auch dann, wenn laufende Ausgaben, wie z. B. Wartungs- und Betriebskosten, gesenkt werden müssen. Attraktiv dürften auch die geringen Betriebskosten sein, die sich durch einen niedrigen Energieverbrauch, die langen Pumpenwartungszyklen von rund zwei Jahren und günstigere Ersatzteile im Vergleich zu anderen Pumpverfahren ergeben.

Der zeitliche Wartungsaufwand selbst ist mit wenigen Stunden kurz und kann wegen des geringeren Teilegewichtes im Regelfall von einer Person ohne zusätzliche Hebe-/Krananlage durchgeführt werden, eine Leitungsdemontage ist nicht nötig. Weil das System bei einem niedrigen Druckniveau arbeitet, haben die kompakten Komponenten eine hohe Lebensdauer. Zudem lässt sich die automatisierte Systemlösung samt Prozessüberwachung über gängige Busschnittstellen in bestehende Automatisierungs- und Leitsysteme einbinden. Alle Funktionskomponenten sowie die Sensorik und Aktorik sind als Komplettpaket Teil des Lieferumfangs und steuerungstechnisch in der SAI-Software integriert. In ersten Referenzen hat sich das System bereits bewährt, im Herbst 2018 wird SAI ins Netz eines der größten europäischen Wasserunternehmen integriert. 1806ct900

Ifat 2018 Halle B1 – 215/314
Achema 2018 Halle 8.0 – B93

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