Sektorenkopplung komplett: Die Partner im Projekt Westküste 100 nutzen bestehende Infrastruktur und vorhandene Stoffkreisläufe bei der Produktion von Flugtreibstoffen aus regenerativ erzeugtem Wasserstoff.

Sektorenkopplung komplett: Die Partner im Projekt Westküste 100 nutzen bestehende Infrastruktur und vorhandene Stoffkreisläufe bei der Produktion von Flugtreibstoffen aus regenerativ erzeugtem Wasserstoff. (Bild: Westküste 100 / Thyssenkrupp)

Gründungsmitglieder des Projekts sind EDF Deutschland, Holcim Deutschland, Open Grid Europe, Ørsted, Raffinerie Heide, Stadtwerke Heide und Thyssenkrupp Industrial Solutions, gemeinsam mit der Entwicklungsagentur Region Heide und der Fachhochschule Westküste. Bei der Treibstoffherstellung ohne fossile Brennstoffe wird unvermeidbares CO2 aus der regionalen Zementproduktion für den Herstellungsprozess eingesetzt.

Innerhalb des fünfjährigen Projektzeitraums soll zunächst eine Elektrolyseanlage mit einer Leistung von 30 MW installiert werden. Sie liefert Erkenntnisse zu Betrieb, Wartung, Steuerung und Netzdienlichkeit der Anlagen, um diese in einen nächsten Skalierungs-Schritt zu überführen. Das könnte beispielsweise eine Elektrolyse-Anlage in der Größenordnung von 700 MW sein, für die der Strom durch einen Offshore-Windpark erzeugt wird.

Ganzheitlicher Ansatz

Der Ansatz des Reallabors Westküste 100 ist ganzheitlich: Die mit Hilfe von Windkraft erzeugte, regenerative Energie wird genutzt, um an der Raffinerie Heide durch Elektrolyse grünen Wasserstoff zu erzeugen. Perspektivisch wird parallel zum Elektrolysebetrieb ein verzweigtes Wasserstoffnetz zwischen der Raffinerie, den Stadtwerken, einem Kavernensystem und dem bestehenden Erdgasnetz auf Basis einer erstmalig eingesetzten Pipelinetechnologie aufgebaut. Es ist angedacht, dass ein Kavernenspeichersystem für die Wasserstoffeinlagerung die zur Verfügung stehende Windenergie in einen kontinuierlichen Stoffstrom zur industriellen Nutzung überführt.

Des Weiteren wird geprüft, ob der bei der Elektrolyse ebenfalls produzierte Sauerstoff mit Hilfe eines sogenannten „Oxyfuel-Verfahrens“ in den Verbrennungsprozess eines lokalen Zementwerkes eingespeist werden kann, womit gleichzeitig die Stickoxid-Emissionen (NOx) des Werkes deutlich reduziert werden könnten. Das im Zementwerk entstandene Kohlendioxid (CO2) soll im Gegenzug als Rohstoff zusammen mit dem grünen Wasserstoff in der Raffinerie zur Herstellung von synthetischen Kohlenwasserstoffen (z.B. als Flugkraftstoff oder chemischer Grundstoff wie Methanol) eingesetzt werden. Dies wäre ein wichtiger Beitrag zur Dekarbonisierung der Zementindustrie.

Im Flugsektor – dem am stärksten wachsende Verkehrssparte in Deutschland und der EU – würde ein synthetischer grüner Kraftstoff einen weiteren Durchbruch bei der Dekarbonisierung bedeuten. Ein zusätzlicher Pluspunkt: Die entstehende Prozesswärme wird in einem bestehenden und weiter ausgebauten Wärmenetz ausgekoppelt und z.B. in einem Gewerbepark genutzt.

Stoffkreisläufe in bestehender Infrastruktur

Das Besondere an diesem Reallabor-Projekt ist diese Verzahnung unterschiedlicher Stoffkreisläufe innerhalb einer bereits bestehenden regionalen Infrastruktur. Der Forschungs- und Entwicklungsansatz wurde bereits als Projektskizze “Reallabor Westküste 100” im Rahmen des Ideenwettbewerbes „Reallabore der Energiewende“ des Bundeswirtschaftsministeriums Anfang April 2019 eingereicht. Reallabore bieten die Möglichkeit, den Technologie- und Innovationstransfer von der Forschung in die Praxis zu beschleunigen. So können technische und nicht-technische Ideen und Innovationen unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab entwickelt und erprobt werden.

Jürgen Wollschläger, Geschäftsführer der Raffinerie Heide und Projektkoordinator: “Wir haben im Projektteam Reallabor Westküste 100 eine klare Vision: Die Partner setzen auf langfristige Kooperationen, die von der Erzeugung von grünem Strom bis zur Produktion von synthetischen Kohlenwasserstoffen reichen und somit den Nukleus für nachhaltige Geschäftsmodelle im Bereich der Energiewende und Dekarbonisierung bilden”.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter www.westkueste100.de. (ak)

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