Dezember 2011
  • Die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Werkfeuerwehr ließ bislang viele Faktoren wie die Entfernung zur nächsten Wohnbebauung, das Ausbreitungsverhalten von Stoffen und die Nähe des Betriebes zu einer öffentlichen Feuerwehr außen vor, was besonders mittelgroße Chemiestandorte vor Probleme stellt.
  • Das OVG Nordrhein-Westfalen gibt für die Erforderlichkeitsprüfung bzgl. einer Werkfeuerwehr fünf Schritte vor, um das Gefährdungsprofil zu erfassen.
  • Nach dem OVG-Urteil muss bei der
  • Prüfung der Auflösung einer Werkfeuerwehr das Werk zunächst eine Änderung der Anlagengenehmigungen
  • einholen. Erst danach kann das Werk die Aufhebung der Anordnung der Werkfeuerwehr beantragen.
  • Die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen führt vermutlich dazu, dass vor dieser Entscheidung erlassene Anordnungen für Werkfeuerwehren den Anforderungen nicht entsprechen.

Die Anordnung und die Auflösung einer Werkfeuerwehr richten sich nach dem Feuerschutz- und Hilferecht der einzelnen Bundesländer. So bestimmt etwa das Feuerschutz- und Hilfegesetz von Nordrhein-Westfalen, dass die Bezirksregierung Betriebe, bei denen die Gefahr eines Brandes oder einer Explosion besonders groß ist, dazu verpflichtet, eine Werkfeuerwehr aufzustellen und zu unterhalten. Diese Verpflichtung besteht auch für Betriebe, bei denen in einem Schadensfall eine große Anzahl von Personen gefährdet wird. Sowohl für die anordnenden Behörden als auch die betroffenen Betriebe sind dies nicht sehr präzise Voraussetzungen für die Beurteilung, ob ein Betrieb eine Werkfeuerwehr aufzustellen hat.

Diese Beurteilung ist bislang häufig so erfolgt, dass die anordnende Behörde mehr oder weniger kurze Stellungnahmen der Fachbehörden eingeholt hat. Diese Stellungnahmen bezogen sich meist auf wenige und punktuelle Kriterien im Einzelfall, zum Beispiel Art und Menge der auf dem Werksgelände gelagerten Stoffe. Viele Umstände, die gegen die Erforderlichkeit einer Werkfeuerwehr sprechen konnten, blieben so unberücksichtigt. Dazu zählen etwa die Entfernung zur nächsten Wohnbebauung, das Ausbreitungsverhalten von Stoffen und die Nähe des Betriebes zu einer öffentlichen Feuerwehr.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 18. März 2011 – 12 A 396/07 erstmals den Versuch unternommen, ein Beurteilungsraster mit umfassenden Kriterien für die Notwendigkeit einer Werkfeuerwehr zu entwickeln. Außerdem hat es über die praktische Vorgehensweise eines Betriebes bei der Auflösung einer Werkfeuerwehr entschieden.

Voraussetzungen für die Anordnung

Die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen hat für die Prüfung der Erforderlichkeit einer Werkfeuerwehr fünf Prüfungsschritte vorgegeben, um das Gefährdungsprofil eines Betriebes in seiner Umgebung sachgerecht zu erfassen. Dies setzt das sorgfältige Ermitteln, Feststellen und Dokumentieren des Gefährdungsprofils voraus:

  • Feststellung sämtlicher relevanten Produktions-, Transport- und Lagerungsvorgänge auf dem Betriebsgelände. Dabei sind die genehmigten und nicht die tatsächlichen Stoffmengen zu betrachten.
  • Die einzelnen Vorgänge, welche konkreten Störungen ungeachtet vorhandener technischer, baulicher, organisatorischer, personeller und sonstiger Sicherheitsmaßnahmen mit gewisser Wahrscheinlichkeit auftreten, sind zu untersuchen. Außerdem müssen die Störungen betrachtet werden, für die zwar keine Wahrscheinlichkeit spricht, die aber dennoch im Bereich des Möglichen liegen und nicht als fernliegend auszuschließen sind.
  • Die Auswirkungen beider Gruppen von Störungen unter Berücksichtigung etwaiger Maßnahmen zum Verhindern (Reduzieren) durch technische, bauliche, organisatorische und personelle Sicherungen beschreiben.
  • Die Zahl der hiervon betroffenen Personen und der Auswirkungen auf diese betrachten.
  • Die Verhältnismäßigkeit einer Anordnung prüfen.

Prüft ein Betrieb die Auflösung seiner Werkfeuerwehr, so stellt sich die Frage, ob zunächst das Aufheben der Anordnung der Werkfeuerwehr anzustreben ist oder erst eine Änderung von immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigungen (Anlagenbetrieb ohne Werkfeuerwehr) zu beantragen ist.

Nach der Beurteilung des OVG Nordrhein-Westfalen muss das Werk zunächst eine Änderung der Anlagengenehmigungen einholen. Erst wenn diese Genehmigungen geändert worden sind, kann das Werk die Aufhebung der Anordnung der Werkfeuerwehr beantragen. Dies bedeutet für die Praxis das Prüfen der einzelnen Anlagengenehmigungen durch einen Sachverständigen. Es ist zu klären, ob die Werkfeuerwehr nur nachrichtlich in die Anlagenbescheide übernommen worden ist oder die Werkfeuerwehr bei den Anlagen Aufgaben des Brandschutzes übernommen hat. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Werkfeuerwehr bei der betreffenden Anlage organisatorische Aufgaben des abwehrenden Brandschutzes übernommen hat oder die Werkfeuerwehr als Kompensation für bauliche Brandschutzmaßnahmen dient.

Entscheidung mit Folgen

Die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen führt zu einer neuen und umfassenderen Beurteilung für Anordnung und Auflösung einer Werkfeuerwehr. Es muss davon ausgegangen werden, dass vor dieser Entscheidung erlassene Anordnungen für Werkfeuerwehren den Anforderungen nicht entsprechen. Für die Betriebe enthält die Entscheidung einen Orientierungsrahmen, wie sie Anordnung und Auflösung einer Werkfeuerwehr prüfen und wie sie ggf. die Auflösung betreiben können.

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