Mai 2010

  • Mit einem guten Kennzahlensystem lassen sich Trends genauso erkennen wie Schwachstellen oder damit verbundene mögliche Verbesserungen.
  • Die Informationen müssen in einem System – einer Überwachungs- und Steuerungszentrale gleich – zusammenlaufen: Konsolidiert, übersichtlich und zielgerichtet.
  • Beim Einrichten eines Kennzahlensystems ist es von Vorteil, wenn es auf der Kernlandschaft basiert.
  • Eine weitere Empfehlung ist die grafische Aufbereitung der Zahlen mithilfe von Kennzahlen-Cockpits. Dort könnten die Daten in verdichteter Form aufbereitet werden.
  • Das Kennzahlensystem hat die Transparenz bei der Rhein Chemie erhöht. Diese erlaubt dem Unternehmen, die einzelnen Geschäftsbereiche und Prozesse jetzt präziser und tagesaktuell zu bewerten.

Mit einem guten Kennzahlensystem lassen sich Trends genauso erkennen wie Schwachstellen und mögliche Verbesserungen. Damit die Entscheidungsträger nicht in einer Datenflut ertrinken, sollte die Devise lauten „Weniger ist mehr“. Die Informationen müssen in einem System – einer Überwachungs- und Steuerungszentrale gleich – zusammenlaufen: konsolidiert, übersichtlich und zielgerichtet. „Nicht jeder braucht jede Information. Das würde ein Kennzahlensystem seiner Stärke berauben“, so Dr. Marco Lenck. Er verantwortet als Vorstand das Ressort Technologie der deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) und ist hauptberuflich Vice President IT der Rhein Chemie Rheinau in Mannheim. Auch müsse für eine effektive Nutzung der Kennzahlen eine einheitliche Basis gefunden werden.

Daten standardisiert im Blick

„Die Informationen müssen standardisiert vorliegen“, weiß Lenck. „Zum einen, damit Abteilung A auch die gleichen Zahlen nutzt wie Abteilung B, wenn beide Abteilungen auf die gleiche Kennzahl zugreifen.“ Zum anderen lässt sich auf diese Weise der Aufwand reduzieren, denn Aufbau und Pflege von Kennzahlensystemen sind recht aufwendig, wenn die Daten aus unterschiedlichen IT-Systemen abgefragt werden müssen. Nur so lässt sich die Leistungsfähigkeit des Unternehmens oder einzelner Abteilungen zeitnah beurteilen und überhaupt prüfen, inwieweit sich die Geschäftsstrategie im Tagesgeschäft niederschlägt. „Beim Einrichten eines Kennzahlensystems ist es von Vorteil, wenn es auf der Kernlandschaft basiert. Wer beispielsweise SAP-Lösungen im Einsatz hat, für den bietet sich auch für das Kennzahlensystem eine Lösung auf einer SAP-Plattform an“, ist Lenck überzeugt.

Eine weitere Empfehlung sieht Lenck in einer grafischen Aufbereitung der Zahlen mithilfe von Kennzahlen-Cockpits. Dort könnten die Daten in verdichteter Form – plakativ und ansprechend – aufbereitet werden. Die Entscheidungsträger hätten so alle wichtigen geschäftlichen Parameter im Blick, beispielsweise zu den Klassikern Umsatz oder Absatz nach Regionen oder kategorisiert nach Produkten. „Es werden aber zunehmend auch sogenannte weiche Kennzahlen aufgeführt, wie beispielsweise die Servicequalität“, weiß Lenck zu berichten. Schließlich spielt diese auch im Kennzahlensystem von Rhein Chemie eine wichtige Rolle.

Beispiel Rhein Chemie

In dem weltweit ausgerichteten Unternehmen, das Additive für die Gummi-, Schmierstoff-, und Kunststoffindustrie entwickelt, produziert und vermarktet, wurde ein System auf Basis von SAP Netweaver eingeführt. Hintergrund: Die vorhandene Systemlandschaft bestand im Wesentlichen aus SAP-Lösungen, im Kern aus SAP ERP. Die Ziele des Unternehmens waren klar formuliert: die Servicequalität steigern, die Prozesse verbessern und dem Management mehr Möglichkeiten zum Überwachen und Steuern geben. „Das Kennzahlensystem hat die Transparenz bei uns im Haus erhöht. Diese erlaubt uns, die einzelnen Geschäftsbereiche und Prozesse jetzt präziser und tagesaktuell zu bewerten“, benennt Dr. Marco Lenck die Vorteile. Und es decke die im Vorfeld bestandene Forderung nach einer zentralen Informationsquelle – Single Point of Information – mit einem einfachen, rollenbasierten Zugang für das Management ab. Viele der Informationen hätten zwar auch vorher schon in Form von detaillierten Monatsberichten oder Analysen vorgelegen; allerdings führten diese zu jenem Zeitpunkt mehr oder weniger ein „Insel-Dasein“, da sie über verschiedene Anwendungen verstreut gewesen seien. Ein unternehmensweit standardisiertes Erstellen von Kennzahlen und eine darauf basierende Unternehmenssteuerung seien bis dahin nicht möglich gewesen.

Produktionsstaus vermeiden

Die Forderung nach einem zentralen Kennzahlensystem war es aber nicht allein, die zur Einführung von selbigem führte. Es gab einen weiteren Grund: Ende des Jahres 2006 beschloss das Unternehmen, ein flexibles Produktionssystem aufzubauen, mit dem bedarfssynchron gefertigt werden sollte. Durchgängige Prozesse entlang der Lieferkette (Demand Chain) und einheitliche Schnittstellen sollen dabei bis zum Jahr 2010 sowohl die Rohstoffe als auch Bestand und Liegezeit der Fertigwaren um 30% reduzieren. Im Jahr 2007 betrug der Absatz immerhin stattliche 77000t bei über 9000 Kunden weltweit. Dazu stand eine Verkürzung der Durchlaufzeiten auf dem Plan. Das alles läuft bei Rhein Chemie unter dem Stichwort „Flink“, so der Name des Projekts. Flink steht für

flexiblere Reaktion auf Kundenbedarfe,
Lieferfähigkeit und Kundenservice auf höchstem Niveau,
Innovation in durchgängigen Prozessen,
Null-Fehler-Philosophie in der gesamten Lieferkette (Demand Chain) und
Kundenorientierung in allen Funktionsbereichen.

Bis zu jenem Zeitpunkt kam es in der Fertigung aufgrund von „dazwischen geschobenen“ Kleinaufträgen immer wieder zu Produktionsstaus. Das dafür nötige Umrüsten der Produktionsanlagen hat buchstäblich immer wieder den ganzen Betrieb aufgehalten. Es galt daher, die Fertigung stärker an dem jeweils aktuellen Bedarf auszurichten, was beispielsweise in neuen Anlagen und Produktionsstraßen seinen Ausdruck fand. „Solche gravierenden Veränderungen führen Sie nicht einfach durch und belassen es dabei. Sie wollen wissen, ob Sie alles richtig gemacht haben, ob die Veränderungen schließlich auch den erwarteten Erfolg herbeiführen. Das geht nur mit einem entsprechenden Messkonzept. Und da waren wir wieder bei unserem Kennzahlensystem“, erklärt Lenck. „Die Überlegung, fortan die Prozessqualität in einem zentralen System darzustellen, zwang sich förmlich auf.“

Bilanz fällt positiv aus

Als technische Plattform hat sich Rhein Chemie für das SAP Netweaver Portal 7.0 entschieden. Den systemübergreifenden Zugriff auf die Daten und die anschließende grafische Aufbereitung der Kennzahlen übernimmt der Netweaver Visual Composer. „Anwendungen können mit dem Visual Composer modellbasiert entwickelt werden, ohne dass der Einsatz von Programmiersprachen (Coding) erforderlich ist. Das Tool „konsumiert“ die Daten nur, Sie müssen nicht eine Zeile Code schreiben“, erläutert Lenck. Die Benutzeroberflächen ließen sich anhand von Mustern oder auch frei per Drag-&-Drop-Funktion gestalten. Anschließend müsse nur noch der Datenfluss festgelegt werden. Dieser entspringe bei Rhein Chemie mit SAP ERP 6.0 und Netweaver Business Intelligence 7.0 überwiegend aus SAP-Quellen. Lediglich Lotus Notes musste als Drittsystem angebunden werden, da Forschung und Entwicklung und das gesamte Kunden- und Projektmanagement unter dieser Anwendung laufen. „Da auch hier als Standardschnittstelle Web Services eingesetzt wurden, hat sich der Aufwand nur unwesentlich erhöht“, so Dr. Marco Lenck. Seine Bilanz falle daher positiv aus.

Kennzahlensystem zahlt sich aus

„Nur eineinhalb Jahre nach der Einführung des Systems schlugen bereits eine Reduzierung des Rohstoffeinsatzes und der Bestände an Fertigwaren um jeweils 15% zu Buche“, freut sich Lenck. Auch Liefertreue und Servicequalität seien gestiegen, und das Management könne auf individuell zugeschnittene Berichte und Informationen zugreifen, darunter auch Soll-Ist-Abweichungen. Der Aufbau des Systems hielt sich durch die Integration in die bestehende SAP-Landschaft dabei in Grenzen. Unter dem Strich ist das System ein Erfolg für Rhein Chemie undDr. Marco Lenck. Daher ist es wenig überraschend, dass er das System schrittweise ausbauen will, beispielsweise um Kennzahlen für Durchlaufzeiten in der Produktion. Und es soll weiteren Management-Bereichen und der Unternehmensführung der Zugriff ermöglicht werden, für noch mehr Durchblick.

 

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