Special Prozessautomatisierung 2009

Obwohl schon seit geraumer Zeit im industriellen Einsatz, finden gerade in den letzten Jahren die Verfahren der Prozessanalytik besonderes Interesse. Die chemische und pharmazeutische Industrie beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie man insbesondere stoffliche Größen möglichst produktionsnah bestimmen kann. Die Potenziale für die Anwendungen von PAT-Verfahren sind gerade in allen nicht regulierten Produktionsprozessen der chemischen Industrie noch nicht ausgeschöpft. Ausgelöst wurde das breite Interesse in verschiedensten produzierenden- und verarbeitenden Industriebereichen allerdings in einem streng regulierten Anwendungsfeld durch die PAT-Initiative der FDA in den USA. Kostensenkung in der Herstellung von pharmazeutischen Produkten bei gleichzeitig steigender Qualität wird dort auch als gesellschaftlich relevantes Thema thematisiert, während hierzulande Politik und Förderorganisationen die Bedeutung der Prozessanalytik nicht wahrgenommen haben und sie als eine rein interne Aufgabe der Industrie mit dem Ziel der Kostenoptimierung gesehen wurde.

Nicht nur messen, sondern steuern

Verfahren der Prozessmesstechnik allgemein und der Prozessanalysentechnik (PAT ) erfassen Größen, die während eines Produktionsprozesses erforderlich sind, um diesen nicht nur zu überwachen, sondern im Idealfall auch unmittelbar zu steuern. Das Spektrum der physikalischen und physikalisch-chemischen Messprinzipien reicht dabei von einfachen Messfühlern und Sensoren zur Überwachung von Zustandsgrößen wie Druck, Fluss, Temperatur oder Füllstand bis hin zu komplexen Analysengeräten. Mit etablierter instrumenteller Analytik zum Ermitteln stoffspezifischer Größen (Konzentrationen) hat es in den letzten Jahren zahlreiche Entwicklungen gegeben, um diese Verfahren auch für prozessanalytische Fragestellungen zugänglich zu machen. Vielfach werden diese heute im Sinne einer Online-Prozessanalytik eingesetzt ( z.B. Online-HPLC, Online-GC, Online-TOC etc.). Unter Online- Messeinrichtungen versteht man solche, die mit dem Prozess verbunden sind und weitgehend automatisiert die gewünschten Messdaten kontinuierlich oder in programmierten Zeittakten ermitteln. Definitionsmäßig benötigen diese Verfahren jedoch ergänzende Systemkomponenten, bestehend aus Probennahme und Probenaufbereitung sowie zum Teil auch Entsorgungskomponenten.

Inline statt online

Bei den Inline-Verfahren hingegen werden die relevanten Messgrößen unmittelbar und in Echtzeit in dem jeweiligen Prozessmedium ermittelt; Probennahme, Probenvorbereitung und Entsorgung entfallen. Wegen des direkteren Prozesskontaktes und infolge der sehr viel schnelleren Ermittlung der Zielgrößen eignen sich daher Inline-Methoden besonders auch zur Prozessregelung. Sie stellen somit die „Königsdisziplin“ für eine Prozessoptimierung dar. Allerdings stellt die Anwendung einer Inline-Methode hohe Anforderungen an die zugrundeliegende Gerätetechnik. Da das Prozessgeschehen aus analytisch-chemischer Sicht selten mit einer hinreichenden Stabilität verläuft, muss ein Inline-Analysengerät hier besondere Anforderungen erfüllen, um eine zuverlässige und kontinuierliche Analytik sicherzustellen. In der Vergangenheit konnten immer wieder spektroskopische Verfahren (z.B. UV- oder IR-Methoden) für den Inline-Einsatz modifiziert werden und haben sich inzwischen als wahre Arbeitspferde erwiesen.

Fluoreszenz-Spektroskopie

Die Fluoreszenz-Spektroskopie gehört zu den empfindlichsten Messmethoden überhaupt und ist im Labor als Detektionsmodul bei der instrumentellen Chromatographie vielfach anzutreffen. Grundsätzlich müssen für den effizienten Einsatz dieser Technik allerdings gewisse „Spielregeln“ hinsichtlich der molekularen Struktur der zu bestimmenden Spezies berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu spektroskopischen Verfahren, die letztlich auf der Grundlage einer beobachteten Lichtabschwächung als Differenzsignal zum Untergrundlevel arbeiten, werden bei der Fluoreszenzdetektion zudem stets absolute Lichtintensitätswerte ermittelt, die in der Regel einer Interpretation bedürfen. In der Vergangenheit erschien die Nutzung als eigenständige prozessanalytische Methode daher wenig sinnvoll, zumal zahlreiche Versuche einer Prozessadaption mit modifizierter Laborhardware auch wegen der Komplexität der Prozesssignale gescheitert sind.

Erst die Entwicklung modifizierter Lichtquellen aus der Lasertechnik hin zum Microchiplaser ermöglichte die Fluoreszenzanregung durch Laserlicht (laserinduzierte Fluoreszenz, LIF ) sowie die Weiterentwicklung von Faseroptik. Damit war der Weg der Fluoreszenzspektroskopie auch in die Prozessanalytik und besonders als Inline-Verfahren geebnet. Maßgeblich hierfür war die Entwicklung und konsequente Umsetzung der zeitintegrierenden, laserinduzierten Fluoreszenzspektroskopie ( LIF(t) ). Damit lassen sich nun offene Fragen bei Anwendungen in Flüssigkeiten, an/auf Feststoffen und Oberflächen in den unterschiedlichsten Produktions- und Industriebereichen beantworten, was in Echtzeit bislang weder analytisch noch verfahrenstechnisch möglich war.

Das Prinzip der zeitintegrierenden laserinduzierten Fluoreszenz

Das Grundprinzip der laserinduzierten Fluoreszenzspektroskopie beruht auf der Absorption anregender Laserstrahlung durch die nachzuweisende Substanz. Die dabei von den Molekülen aufgenommene Strahlungsenergie wird nach einer kurzen Verzögerungszeit im Nanosekundenbereich (10–9s) wiederum in Form von Licht, der sogenannten Fluoreszenz, emittiert. Diese Wechselwirkung erfolgt, in Abhängigkeit von den beteiligten Substanzen und Untergrundmedien, mit messbar unterschiedlichen Geschwindigkeiten, denn die Zeitabhängigkeit der Fluoreszenzemission hat intrinsischen Charakter. Durch die Verwendung von Anregungswellenlängen im ultravioletten Spektralbereich werden immer auch Moleküle der umgebenden Matrix zur Fluoreszenz angeregt. Zur signifikanten Trennung der Spektren der nachzuweisenden Substanzen vom Untergrundsignal wird daher bei LIF(t) eine zeitintegrierende Messung des Abklingverhaltens der Fluoreszenzsignale in einem geeignet gewählten Wellenlängenbereich durchgeführt.

Nach jeder Anregung mit einem einzelnen Laserpuls (passiv gütegeschalteter Festkörper-Microchiplaser, Pulslänge etwa 1ns, Pulswiederholraten um 10kHz, Anregungswellenlängen 266nm bzw. 355nm) wird dabei auf der Basis eines echten Einzelphotonennachweises das Zeit- bzw. Abklingverhalten der Fluoreszenzstrahlung in zwei geeignet positionierten Messfenstern zeitintegriert als Intensitätswerte I1 und I2 erfasst.
Die darauf folgende mathematische Behandlung der registrierten Intensitätswerte führt zur differenziellen Größe (I2/I1) . Dies hat nun den Vorteil, dass Störungen oder systembedingte Schwankungen, die sich auf das gesamte Abklingverhalten der Fluoreszenzintensität in gleicher Weise auswirken, keinen Einfluss mehr auf das Analyseergebnis haben. Diesem Aspekt kommt bei prozessanalytischen Inline-Anwendungen besondere Bedeutung zu. LIF(t) wird stets durch eine entsprechende verfahrenstechnische Auslegung der verwendeten Messköpfe mit Faseroptik für die Messung in Flüssigkeiten, an Pulvern oder, zur Reinheits- und Beschichtungsüberwachung, an metallischen und polymeren Oberflächen anwendungsspezifisch angepasst. Der jeweilige Messkopf enthält dabei keinerlei aktive Bauelemente und ist damit für den Einsatz in rauhen und anspruchsvollen Umgebungsbedingungen, speziell auch in explosionsgefährdeten Bereichen geeignet.

Effizienzsteigerung durch LIF(t)

In der chemischen Industrie und der Biotechnologie existieren vielfältige prozessanalytische Aufgaben die sich, gemessen am Kalibrier-, Datenauswertungs- und Wartungsaufwand alternativer Verfahren und im Hinblick auf die erforderliche Investition für Inline-Messtechnik mit LIF(t) effizienter realisieren lassen. Dem gegenüber steht der tendenzielle Wunsch nach Mehrkomponentenanalytik und weitergehender Flexibilität sowie ein hoher Regulationsdruck, besonders in der Pharmaindustrie. Dort wo LIF(t) aber bereits eingesetzt wird, leistet die Technik einen entscheidenden Beitrag zur Effizienzsteigerung, Wertschöpfung und Kosteneinsparung in den Produktionsprozessen. Die Erfahrung der letzten Jahre hat überdies gezeigt, dass mit der Laserinduktion auch Spezies zur Fluoreszenz angeregt und damit grundsätzlich messbar gemacht werden können, bei denen eine Fluoreszenzaktivität weder vorhergesagt noch bekannt war. Daher ist die Anwendung nicht generell auf Kohlenwasserstoffe und insbesondere aromatischer Verbindungen beschränkt; unter anderem wurde die messtechnische Inline-Bestimmung von kristallinen anorganischen Substanzen bereits erfolgreich durchgeführt.

Der alleinige Anbieter dieser Technologie prüft die applikationsspezifischen Einsatzmöglichkeiten des LIF(t)-Systems, das unter den Produktnamen Fluovisor/Kontavisor vertrieben wird. Eine Machbarkeitsstudie wird kostenfrei durchgeführt.

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