AVA Biochem hat Hydroxymethylfurfural-Anlage in Betrieb genommen
Im Januar hat die weltweit erste Produktionsanlage für 5-Hydroxymethylfurfural aus Biomasse bei AVA Biochem in der Schweiz die Produktion aufgenommen. Die Verbindung kann als Ausgangsstoff für viele Materialien fungieren (Bild: AVA Biochem)

Im Januar hat die weltweit erste Produktionsanlage für 5-Hydroxymethylfurfural aus Biomasse bei AVA Biochem in der Schweiz die Produktion aufgenommen. Die Verbindung kann als Ausgangsstoff für viele Materialien fungieren (Bild: AVA Biochem)

5-HMF spielt als Plattform-Chemikalie eine Schlüsselrolle beim Wandel von der erdölbasierten Chemie zu einer Chemie auf der Grundlage von Biomasse. Sie bildet sich bei der thermischen Zersetzung von Kohlehydraten und kann so aus pflanzlicher Biomasse gewonnen werden. In der chemischen Industrie könnte diese Verbindung künftig als Ausgangsstoff für verschiedene innovative Materialien fungieren, vor allem für Polymere mit spezifischen Eigenschaften. Nach Einschätzung des U.S. Department of Energy ist 5-HMF eine der 10 wichtigsten Plattformchemikalien.

Allerdings stellt es eine Herausforderung dar, 5-Hydroxymethylfurfural in industriellem Maßstab herzustellen. Dem KIT und der AVA Biochem BSL ist nun ein wichtiger wissenschaftlich-technischer Durchbruch gelungen: Im Januar dieses Jahres hat die von dem Chemieunternehmen in Muttenz errichtete Anlage „Biochem-1″ den kommerziellen Betrieb zur industriellen Produktion von 5-HMF aufgenommen. Im Produktionsprozess wird Ausgangsmaterial verwendet, das nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurriert. Ziel des Chemieunternehmens ist es, mit dieser Produktionsanlage zum Marktführer in der 5-HMF-Produktion aufzusteigen.

Die Zusammenarbeit mit AVA Biochem ist eingebunden in die umfassenden Aktivitäten des KIT zur Herstellung von chemischen Energieträgern sowie Zwischenprodukten der chemischen Industrie aus Biomasse. Dabei nehmen Reaktionen in Wasser bei erhöhten Temperaturen, sogenannte hydrothermale Verfahren, eine zentrale Stellung ein. Prof. Jörg Sauer, Leiter des KIT-Instituts für Katalyseforschung und -technologie (IKFT), erklärt: „Die hydrothermalen Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr gut in unterschiedliche Prozessketten eingebaut werden können, für die Biomasse als Rohstoff genutzt wird. Zum einen dient als Rohstoff Biomasse mit einen hohen Wasseranteil, die zum Beispiel als Nebenprodukt der Lebensmittelproduktion anfällt. Zum anderen sind diese Verfahren gut mit biotechnologischen Verfahren kombinierbar.“

Die KIT-Wissenschaftler entwickelten innerhalb von 18 Monaten im Labor eine industriell umsetzbare Technologie zur Gewinnung von 5-HMF. Als Grundlage diente die hydrothermale Karbonisierung, ein Verfahren, in dem Biomasse in einem geschlossenen System in wässriger Suspension bei hohen Temperaturen und erhöhtem Druck in Biokohle umgewandelt wird. Anders als bei der hydrothermalen Karboniserung wird bei dem neuen Verfahren jedoch die Bildung eines Feststoffs verhindert; die Bruchstücke aus der Biomasse werden zu chemischen Bausteinen, beispielsweise für die Herstellung von Kunststoffen, umgewandelt.

„Die größte Herausforderung für mein Team und mich bestand darin, in der knappen Zeit von nur 18 Monaten eine Lösung zu erarbeiten, die sich vom Labor- in den Industriemaßstab überführen lässt“, berichtet Prof. Andrea Kruse vom KIT. „Dank unserer über 20-jährigen Erfahrung mit hydrothermalen Verfahren ist es uns gelungen, diese Herausforderung zu meistern.“ Parallel zu den Laborversuchen starteten die KIT-Forscher zusammen mit den Ingenieuren der AVA Biochem frühzeitig Arbeiten für die Maßstabsübertragung in die Produktion. Das KIT hatte bereits seit 2010 den Prozess der hydrothermalen Karbonisierung zusammen mit der AVA-CO2 Schweiz, der Muttergesellschaft der AVA Biochem, erforscht und in die industrielle Anwendung gebracht. Dies kam auch der Entwicklung des neuen Verfahrens zugute. „Diese enge Zusammenarbeit zwischen Forschern und Anlagen-Ingenieuren hat eine schnelle Industrialisierung ermöglicht. Wir sind dem Markt mehrere Jahre voraus,“ resümiert Jan Vyskocil, CEO der AVA Biochem.

Parallel zur laufenden Produktion optimieren die Teams der beiden Unternehmen nun das Verfahren und bereiten es für weitere Einsatzgebiete vor. Sowohl das Spektrum der einsetzbaren Biomassen als auch die Erträge bergen noch viel Potenzial und eröffnen zusätzliche Chancen. Das Verfahren wurde zu einem gemeinsamen Patent angemeldet. Schon jetzt zeigt sich ein lebhaftes Interesse in unterschiedlichen Industriezweigen; Bestellungen sind bereits eingegangen.

(dw)

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