Mai 2014
  • In den vergangenen drei Jahren scheint sich die Preisentwicklung beim Öl vom globalen Wirtschaftswachstum abgekoppelt zu haben.
  • Mit steigenden Explorationskosten wird der Hebel aus niedrigen Förderkosten und hohen Marktpreisen kleiner. Auch deshalb tendieren die Preise für Öl und Gas derzeit eher seitwärts.
Seit drei Jahren ist der Ölpreis weitgehend unverändert. Bild: © Spectral-Design – Fotolia.com

Seit drei Jahren ist der Ölpreis weitgehend unverändert. Bild: © Spectral-Design – Fotolia.com

Ob ein Grundstoffbetrieb profitabel arbeitet, oder ob ein Anlagenprojekt realisiert werden kann, lässt sich oft auf den kurz- bis langfristigen Preis der fossilen Energieträger zurückführen. Und so lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen und die Beantwortung der Frage, welche Faktoren den Öl- und Gaspreis beeinflussen.

Um es gleich vorweg zu schicken: Nein, es ist nicht die Willkür der Ölkonzerne, die pünktlich vor einem Feiertags-Wochenende oder zum Ferienbeginn die Preise anheben. Es ist eine Mischung aus vielen verschiedenen Faktoren, wie wir bereits im Beitrag „Auf und ab mit Folgen“ in CT 4/2009 analysiert haben: Nachfrage, Förderquoten, Spekulationen, politische Risiken gehören dazu, aber auch eher kuriose Gründe wie die Lagersituation in der amerikanischen Kleinstadt Cushing. Ähnlich wie am Aktienmarkt sind es nur bedingt die fundamentalen Daten, viel wichtiger sind dagegen die Erwartungen.

Beispiel gefällig? Als sich die libysche Regierung Anfang April mit Rebellengruppen darauf geeinigt hatte, zwei von vier blockierten Ölterminals zu öffnen, fiel der Preis der Ölsorte Brent schlagartig um 0,9 Prozent auf 106 US-Dollar pro Fass. Die 70.000 Fass Öl, die nun zusätzlich täglich aus Libyen exportiert werden können, entsprechen lediglich 0,08 Prozent des globalen Bedarfs. Doch die Erwartungen sind andere: Würde es Libyen gelingen, die tägliche Produktion von derzeit 150.000 Fässern pro Tag wieder auf das frühere Niveau von 1,4 Mio. Fässern pro Tag zu steigern, hätte dies einen signifikanten Einfluss auf den globalen Ölpreis.
Oder auch nicht. Denn Öl- und Gaspreise hängen von vielen Faktoren ab – und ein freies Kräftespiel, basierend auf Angebot und Nachfrage, ist weder im Ölmarkt noch im Gasmarkt vorhanden. In den USA, die infolge von Schiefergas- und -ölförderung inzwischen wieder zu einem wichtigen Produzenten aufgestiegen sind, ist der Export von Rohöl bislang nicht von der Regierung freigegeben. Der Export von LNG aus Erdgas ist ebenfalls nur theoretisch möglich: Von den bislang genehmigten LNG-Terminals wird das erste voraussichtlich Ende 2015 fertiggestellt. Weitere Projekte verzögern sich aufgrund der zögerlichen Genehmigungspolitik amerikanischer Behörden.

In den vergangenen drei Jahren scheint sich die Preisentwicklung beim Öl sogar vom allgemeinen globalen Wirtschaftswachstum abgekoppelt zu haben: Während Letzteres kontinuierlich stieg, und obwohl auch die Internationale Energibehörde IEA ihre Bedarfserwartungen zuletzt nach oben korrigiert hat, stagniert der Ölpreis: Die Nordseesorte Brent kostete durchschnittlich 108 USD/Fass. Anfang April notierte das Barrel bei 104 Dollar. Und schickte vor zwei Jahrzehnten noch die Annexion von Kuwait durch den Irak den Ölpreis auf Höhenflüge, ließ die Ukraine-Krise sowohl Öl- als auch Gaspreise im März und April kalt. Gravierender wirkt sich da schon eher der kalte nordamerikanische Winter aus: Zurückgehende Erdgasbestände führten im Februar dazu, dass sich der Erdgaspreis in den USA gegenüber dem Vorjahr auf 6 USD per MMBtu verdoppelte.

Interessant ist dabei auch ein Blick auf die Wirtschaftlichkeit von Explorations- und Anlagenprojekten. Ob in den USA mehr Gas auf den Markt kommen wird, hängt davon ab, inwiefern ein mittel- bis langfristiger Gaspreis jenseits der Marke von 5 USD/MMBtu erzielt werden kann. Bei Preisen um 4 USD/MMBtu waren die Investitionsausgaben der Schiefergasförderer in den USA im vergangenen Jahr drastisch eingebrochen.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der Ölindustrie ab: Lag die Wirtschaftlichkeit von Förderprojekten vor fünf Jahren noch bei einem Ölpreis von etwa 50 USD pro Fass (1990 waren es noch 20 USD), gelingt es den Ölmultis heute auch bei 100 USD pro Fass nicht mehr, neue Explorationsprojekte wirtschaftlich darzustellen. „100 Dollar pro Fass werden in unserem Geschäft die neuen 20 Dollar“, verdeutlichte John Watson, CEO von Chevron, im Februar die Situation gegenüber dem Wirtschaftsblatt Financial Times. Große Player wie Exxon, Chevron, Shell und BP haben deshalb deutliche Ausgabenkürzungen angekündigt. Gründe dafür sind die deutlich gestiegenen Kosten für die Erschließung unkonventioneller Vorkommen.
Fazit: Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass sich die Mechanismen im Öl- und Gasmarkt aufgrund politischer Entwicklungen (Arabischer Frühling) sowie dem US-Schiefergas- und -ölboom deutlich verändert haben. Mit steigenden Explorationskosten wird der Hebel aus niedrigen Förderkosten und hohen Marktpreisen kleiner.

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