Das Volumen der in den ersten sechs Monaten dieses Jahres angekündigten Deals beträgt demnach nur 84 Mrd. US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahr (389 Mrd. Dollar) ist dies ein Rückgang um 78 %. Die stärksten M&A-Aktivitäten sind nach wie vor in den USA und in China zu verzeichnen. „Dieser starke Rückgang ist auf Lockdowns in vielen Ländern durch die Covid-19 Pandemie zurückzuführen. Die Covid-Auswirkungen begründen im aktuellen Umfeld weiterhin hohe Unsicherheiten in den Markterwartungen, so dass Kaufpreiskalküle großen Risiken ausgesetzt sind und der Transaktionsmarkt weiterhin in einer abwartenden Haltung verharrt. Es gab in beiden Branchen im zweiten Quartal 2020 keine einzige Transkation mit einem Volumen von mehr als 10 Mrd. US-Dollar“, erklärt Christian Klingbeil, Sector Head Deal Advisory Life Science bei KPMG in Deutschland.
Chemie: Strategische Neuorientierung: Von Rohöl zu chemischen Stoffen
Der Chemiesektor allein kommt im ersten Halbjahr 2019 auf 423 angekündigte Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von 20 Mrd. US-Dollar – was sogar einen Rückgang von 82% im Vergleich zum Vorjahr (110 Mrd. US-Dollar) widerspiegelt. Wie bereits im vergangenen Jahr ist auch in diesen unsicheren Zeiten die Portfoliooptimierung und Spezialisierung ein Treiber der M&A-Aktivitäten im Chemiesektor. Mit einem Volumen von 5 Mrd. US-Dollar stellt dabei der Verkauf von BPs Petrochemiegeschäft an die Ineos Group die größte Transaktion in der Branche dar. BP hat damit das für ursprünglich Mitte 2021 angedachte Ziel von Devestitionen in Höhe von 15 Mrd. US-Dollar bereits ein Jahr früher erreicht.
Im Juni gab außerdem der Ölkonzern Saudi Aramco den Abschluss des 70%-igen Erwerbs am Chemiekonzern Sabic bekannt. Durch diese Transaktion beabsichtigt Aramco, seine nachgelagerte Strategie durch den Ausbau seiner integrierten Raffinerie- und Petrochemie Kapazitäten zu beschleunigen, um von der erwarteten wachsenden Nachfrage nach petrochemischen Produkten zu profitieren. Christian Klingbeil: „Die Transaktion steht im Einklang mit dem Markttrend zur Umstellung auf die Crude-Oil-to-Chemicals-Technologie (COTC), die erstmals 2014 von Exxon Mobile in Singapur praktiziert wurde.“
Life Sciences: Covid-19 Impfstoff im Fokus
Das angekündigte Transaktionsvolumen der Life Sciences-Branche fiel im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres um 77 % auf rund 64 Mrd. US-Dollar. Dabei lag die Zahl der angekündigten Deals mit 1.274 leicht unter der des Vorjahres (1.451 Deals). Durch die Entwicklung eines potenziellen Impfstoffs kommt dem Life Sciences-Sektor eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Covid-19 zu. Getrieben durch die Unsicherheiten und Risiken des Marktes legen die M&A-Aktivitäten eine Auszeit ein.
Bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff beteiligt sich die deutsche Bundesregierung mit 0,34 Mrd. US-Dollar an dem biopharmazeutischen Unternehmen Curevac, das auf mRNA-Technologie zur Behandlung von Krankheiten und zur Herstellung von Impfstoffen spezialisiert ist. Die Investition der Bundesregierung, welche durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) umgesetzt wird, ist der erste Schritt des Corona-Konjunktur- und Zukunftspaketes der Bundesregierung vom 3. Juni 2020.
KPMG-Experte Christian Klingbeil: „Nach Angaben des Verbands forschende Pharmaunternehmen gibt es derzeit mehr als 120 Impfstoffprojekte. Die Suche nach einem Impfstoff basiert dabei nicht nur auf einem verstärkten Innovationsstreben, sondern folgt auch dem klaren Ziel, zukünftiges Wachstum sowohl bei Covid-relevanten Impfstoffen als auch bei Arzneimitteln zur Behandlung assoziierter Krankheitsbilder zu realisieren. Es ist somit davon auszugehen, dass forschende Pharmaunternehmen eine Aktualisierung ihrer Portfolioprioritäten anstreben werden, was auch ihre Bestrebungen bezüglich strategischer Allianzen und ihre Akquisitionsbereitschaft beeinflussen wird.“
Den vollständigen KPMG-„Deal Capsule“ finden Sie hier als pdf-Datei. (jg)