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In der Vision „Chemie 4.0“ des Chemieverbands VCI werden neben Rohstoffen oder Energien erstmals auch Daten als wesentliches Produktionsmittel genannt. (Bild: sittinan – AdobeStock)

engineering man with white safety helmet standing in front of oil refinery building structure in heavy petrochemical industry

Die Zahl der Investitionsprojekte ausländischer Unternehmen in Deutschland ist in 2018 um 13 % gesunken. Bild: Adobe Stock

Insgesamt ist die Zahl der Investitionsprojekte ausländischer Investoren in Europa in 2018 gegenüber dem Vorjahr um 4 % gesunken. Deutschland fiel mit einem Rückgang um 13 % auf den dritten Rang hinter Frankreich zurück, das ein Plus von 1 % (1.027 Projekte) verzeichnen konnte. Auf Platz 1 landete trotz des anstehenden Brexits der Standort Großbritannien: Mit insgesamt 1.054 Investitionsprojekten von ausländischen Unternehmen schaffte es die Insel erneut auf den ersten Platz im europäischen Standortvergleich; im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Investitionen allerdings um 13 Prozent.

Während US-Unternehmen dem Standort Deutschland im vergangenen Jahr treu blieben – die Zahl der Investitionen stieg sogar um 3 Prozent auf 220 – reduzierten andere wichtige Nationen ihr Engagement in Deutschland zum Teil deutlich: Britische und chinesische Unternehmen führten jeweils 12 Prozent weniger Projekte durch als im Vorjahr, bei Investitionen aus der Schweiz ergab sich sogar ein Rückgang um 42 Prozent.

Deutsche Unternehmen investieren verstärkt im Ausland

Die Eröffnung der Anlage fand in einer feierlichen Zeremonie statt. (Bild: BASF)

Deutsche Unternehmen investieren verstärkt im Ausland. (Bild: BASF)

Deutsche Unternehmen erwiesen sich im vergangenen Jahr erneut als sehr investitionsfreudig: Insgesamt 695 Investitionen führten sie im europäischen Ausland durch – fünf Prozent mehr als im Vorjahr und so viele wie nie zuvor. Damit waren deutsche Firmen erneut die zweitwichtigsten Investoren in Europa – hinter US-Konzernen, die ihr Engagement in Europa um 3 Prozent auf 1.418 Projekte steigerten. Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zur Attraktivität des Wirtschaftsraums Europa und zu tatsächlichen Investitionsprojekten ausländischer Unternehmen in Europa.

„Dass die ausländischen Investitionen in Deutschland sinken, ist ein Warnsignal – Deutschland ist nicht mehr der Wachstumsmotor der europäischen Wirtschaft“, sagt Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY in Deutschland. „Mit einem Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent belegte Deutschland im vergangenen Jahr nur Rang 24 unter den 28 EU-Mitgliedstaaten. Und auch für 2019 sind die Aussichten alles andere als rosig. Wir brauchen dringend wieder eine positive Dynamik und neue Wachstumsimpulse.“

Zufriedenheit ausländischer Unternehmen mit Deutschland sinkt

Ausländische Unternehmen, die in Deutschland aktiv sind, äußern sich zunehmend kritisch zur deutschen Standortpolitik: Der Anteil der negativen Bewertungen steigt im Vergleich zum Vorjahr von 22 auf 37 Prozent. Ohne Einschränkung positiv äußern sich nur noch 11 Prozent – im Vorjahr waren es noch 25 Prozent.

Anhaltend gute Noten gibt es allerdings für wichtige Standortfaktoren wie die Transportinfrastruktur, die Stabilität des politischen und rechtlichen Umfelds und das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte, die jeweils von mehr als 80 Prozent der Befragten positiv bewertet werden. Überwiegend Kritik wird hingegen an der Flexibilität des Arbeitsrechts, der Unternehmensbesteuerung und den Arbeitskosten geübt. „Politische Stabilität und Berechenbarkeit sind für einen Standort ein hohes Gut“, betont Bernhard Lorentz, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector für Deutschland, die Schweiz und Österreich. „Aber auch ein wettbewerbsfähiges Steuersystem, wirtschaftliche und politische Aufbruchstimmung sowie Offenheit für neue Technologien sind wichtige Faktoren. Und da hat Deutschland Nachholbedarf.“

Auswirkungen des bevorstehenden Brexits halten sich in Grenzen

Brexit-Motiv auf Steinwand

Der kommende Brexit wirkt sich auf die Investitionstätigkeit weniger deutlich als bislang erwartet aus. (Bild: psdesign1 – Fotolia)

Ein auf den ersten Blick überraschendes Ergebnis ist das gute Abschneiden des Standorts Großbritannien. Angesichts des bevorstehenden Brexits war ein Einbruch der Investitionen am Standort Großbritannien erwartet worden, der bislang allerdings ausgeblieben ist. Trotz eines Rückgangs der Investitionen konnte Großbritannien seine Position als Investitionsstandort Nr. 1 in Europa behaupten – vor allem dank der US-Unternehmen, die ihr Engagement in Großbritannien sogar steigerten und 3 Prozent mehr Projekte durchführten als 2017.

Deutlich zurückgehalten haben sich hingegen deutsche Unternehmen, die mit 71 Investitionen in Großbritannien zwar weiterhin die zweitgrößte Investorengruppe hinter US-Unternehmen bilden – die Zahl der Projekte lag damit allerdings um 30 Prozent niedriger als im Vorjahr. Weniger stark fielen die Rückgänge bei anderen wichtigen Herkunftsländern aus: Französische Unternehmen drosselten ihre Investitionen um 13 Prozent, indische um 21 Prozent, japanische um 24 Prozent.

Deutsche Konzerne sind die größten europäischen Investoren

Deutsche Unternehmen spielen nach wie vor eine wichtige Rolle für die europäische Wirtschaft und für den europäischen Arbeitsmarkt: Gut 57.000 neue Arbeitsplätze wurden im vergangenen Jahr von deutschen Unternehmen bei ihren Investitionsprojekten im europäischen Ausland geschaffen – zu mehr Stellen führten nur die Investitionen von US-Unternehmen (72.900).

Hauptinvestitionsziele deutscher Unternehmen im Ausland waren im vergangenen Jahr Frankreich (187 Projekte, plus 26 Prozent), Großbritannien (71 Projekte, minus 30 Prozent) und Polen (54 Projekte, plus 74 Prozent). Rückläufig waren die Investitionen in der Türkei (minus 14 Prozent), in Österreich (plus 20 Prozent) und in Russland (minus 14 Prozent).

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