Bundeswirtschaftsminister Altmaier mit Karte

Bundeswirtschaftsminister Altmaier präsentierte die förderungswürdigen Wasserstoff-Projekte in Deutschland. (Bild: BMWi / Susanne Eriksson)



Die favorisierten Projekte, deren Details sie oben auf der interaktiven Karte entdecken können, haben das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesverkehrsministerium aus über 230 Projektskizzen ausgewählt. Sie sollen im Rahmen des EU-Programms „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) werden. Die 62 Favoriten könnten nun insgesamt 8 Mrd. Euro an staatlichen Fördermitteln erhalten. 5,8 Mrd. Euro kommen vom Bund, der Rest von den Ländern. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit der Projekte dürfte neben den Fördergeldern aber auch die weitere Entwicklung der Kosten für (grünen) Wasserstoff sein. Lesen Sie hier mehr dazu.

Das Ziel der IPCEI-Initiative geht über die einzelnen europäischen Staaten hinaus: Die verschiedenen nationalen Projekte sollen so miteinander vernetzt werden, dass alle Länder voneinander profitieren und gemeinsam eine europäische Wasserstoffwirtschaft aufgebaut werden kann. Daher wurde mit IPCEI ein Programm geschaffen, über das Ausnahmen vom strengen Verbot der staatlichen Beihilfen möglich sind.

Die in Deutschland ausgewählten Projekte bilden die gesamte Wertschöpfungskette des Wasserstoffmarktes ab, unterteilt in vier Kategorien: Erzeugung, Infrastruktur, Nutzung in der Industrie sowie Nutzung im Bereich Mobilität. Die ausgewählten Projekte für Erzeugungsanlagen umfassen zusammengenommen über 2 GW Elektrolyseleistung für die Produktion von grünen Wasserstoff. Das entspricht 40 % des in der Nationalen Wasserstoffstrategie gesetzten Ziels von 5 GW bis 2030. Zudem will die Bundesregierung bei der Förderung die Infrastruktur von Anfang an mitdenken und wollen Wasserstoffleitungen mit einer Länge von rund 1.700 km. Mehr zu den Plänen zum Aufbau eines Wasserstoff-Netzes in Deutschland und Europa lesen Sie hier.

Bei der industriellen Nutzung haben sich vor allem die Stahl- (ArcelorMittal, Stahl Holding Saar, Salzgitter Stahl und Thyssenkrupp Steel) sowie die Chemieindustrie (z.B. BASF und Wacker) beteiligt. Allein in diesen Bereichen sollen so „mehrere Millionen Tonnen CO2 eingespart werden können“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Zum Einsatz von Wasserstoff in der Industrie haben wir einen eigenen Artikel verfasst.

Während sich viele Projekte also auf einen bestimmten Bereich spezialisiert haben, arbeiten einige Groß- und Verbundprojekte in verschiedenen Regionen und mit verschiedenen Projektpartnern bei Erzeugung, Nutzung und Infrastruktur zusammen. Im Folgenden stellen wir diese näher vor:

Get H2 – Ausgangsbasis für ein europäisches Wasserstoffnetz

GetH2-Netz
Das Konsortium will vom Westen Deutschlands aus eine grenzüberschreitende Infrastruktur für Wasserstoff aufbauen. (Bild: Get H2)

Sieben Unternehmen aus der Initiative Get H2 wollen zeigen, wie rasant sich die Planung der nationalen und europäischen Wasserstoffwirtschaft entwickelt. Das Konsortium plant, eine grenzüberschreitende Infrastruktur für Wasserstoff aufzubauen – angefangen bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff über den Transport bis hin zur industriellen Nutzung. Von Lingen (Emsland) bis nach Gelsenkirchen und von der niederländischen Grenze bis nach Salzgitter sollen Erzeugung, Transport, Speicherung und industrielle Abnahme von grünem Wasserstoff in mehreren Schritten zwischen 2024 und 2030 unter dem Dach des Gesamtprojektes verbunden werden. Im Einzelnen haben sich die Unternehmen BP, Evonik, Nowega, OGE, RWE, Salzgitter Flachstahl und Thyssengas, die alle Partner der Wasserstoffinitiative Get H2 sind, folgendes vorgenommen: In Lingen (Emsland) erzeugt RWE über eine Elektrolyse grünen Wasserstoff. Ab 2024 wird damit die BP-Raffinerie in Gelsenkirchen versorgt. Der Transport erfolgt größtenteils über bestehende Leitungen des Gasnetzes, die auf Wasserstofftransport umgestellt werden. 2025 ist die Erweiterung des Netzes bis zur niederländischen Grenze geplant, 2026 soll durch RWE ein Kavernenspeicher in Gronau-Epe integriert werden. Bis 2030 soll das Netz bis zum Stahlwerk Salzgitter ausgebaut sein und ggf. an weitere Netze anknüpfen. Das Netz soll den Ausgangspunkt für ein größeres deutsches und europäisches Wasserstoff-Netz bilden.

Clean Hydrogen Coastline – Windkraft zu Wasserstoff

Karte Clean Hydrogen Coastline
Das Projekt Clean Hydrogen Coastline sieht Nordwest-Deutschland als prädestiniert für grünen Wasserstoff. (Bild: Arcelor Mittal)

Auch das Projekt Clean Hydrogen Coastline ein Verbund aus Partnern der gesamten Wertschöpfungskette: Zusammengeschlossen haben sich im Nordwesten Deutschlands Arcelor Mittal Bremen, EWE, Faun, Gasunie, SWB und Tennet. Ihr Ziel: Eine marktrelevante Integration und Skalierung der Wasserstoff-Technologie in das deutsche und europäische Energiesystem. Bis zum Jahr 2026 wollen die Partner bis zu 400 MW Elektrolysekapazität mit entsprechender Speicherung von Wasserstoff zielgerichtet ins Energiesystem bringen.

„In Nordwest-Deutschland ist es aufgrund hoher Erzeugungskapazitäten von erneuerbaren Energien möglich, Elektrolyseanlagen auch im großen Maßstab systemdienlich einzubinden“, sagt Tim Meyerjürgens, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Tennet. Die Grundlage einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft ist in den Augen der Projektpartner aber auch ein gesicherter Absatzmarkt von grünem Wasserstoff, zum Beispiel in Industrieanwendungen. Hier bietet der Stahlstandort Bremen großes Potenzial. „Das Projekt Clean Hydrogen Coastline ist für uns ein wichtiger Startpunkt für die klimaneutrale Herstellung von Stahl“, sagt Reiner Blascheck, Vorstandsvorsitzender von Arcelor Mittal Bremen. Bis zum Jahr 2026 beabsichtigt der Stahlhersteller am Standort den Bau einer Eisenerz-Direktreduktionsanlage und eines Elektrolichtbogenofens, um damit im ersten Ausbauschritt 1,5 Mio. t Rohstahl mit deutlich geringeren CO2-Emissionen herzustellen. Im Bereich Verkehr ist unter anderem der Aufbau eines dezentralen Tankstellennetzes für Wasserstoff geplant. Mehr zur Nutzung von Wasserstoff in der Stahlindustrie und der Mobilität finden Sie in unserem Spezialartikel dazu.

Doing Hydrogen – Wasserstoff-Hub für Ostdeutschland

Bau Pipeline
Auch in Ostdeutschland soll ein Wasserstoff-Hub entstehen. (Bild: Gascade)

Vom Nordwesten in den Osten Deutschlands: Die beiden Ferngasnetzbetreiber Gascade und Ontras planen mit dem Projekt Doing Hydrogen eine starke Plattform für die Wasserstoffwirtschaft in Ostdeutschland. Das Projekt soll die deutsche Wasserstoffwirtschaft unterstützen und ist nach Angaben der Partner das bislang größte geplante Wasserstoffprojekt in Ostdeutschland. Es bildet eine Plattform, über die Projekte innovativer Produzenten, Ferngasnetzbetreiber und großer Verbraucher verbunden sind. Ab 2026 soll ein Hub für klimaneutralen Wasserstoff (H2) in Ostdeutschland entstehen. Dabei dient das H2-Transportsystem, das Gascade und Ontras errichten wollen, als verbindendes Element. Dieses Transportsystem wird nach den Planungen zu etwa zwei Dritteln durch die Umstellung bestehender Erdgasinfrastruktur und zu einem Drittel durch Neubau ergänzender H2-Leitungen gebildet. So soll ein Startnetz von insgesamt 475 km Länge entstehen, das Produktions- und Verbrauchspunkte in Mecklenburg- Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Berlin miteinander verbindet.

Wasserstoffverbund Hamburg – Hafen als besondere Wasserstoff-Plattform

Hamburg Wasserstoff-Verbund
Die Partner wollen bis 2030 mehr als 1 Mio. t/a CO2-Emissionen sparen. (Bild: Wärme Hamburg)

In Hamburg wiederum haben die Unternehmen Airbus, Arcelor Mittal, Gasnetz Hamburg, GreenPlug, Hamburger Hafen und Logistik, Hamburg Port Authority, HADAG Seetouristik und Fährdienst sowie die Stadtreinigung zusammen mit dem Hamburg Green Hydrogen Hub (bestehend aus Shell, Vattenfall, Mitsubishi Heavy Industries und Wärme Hamburg) – den Wasserstoffverbund Hamburg gebildet. Die Verbundprojekte zur Erzeugung, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff soll zur Minderung von Treibhausgasen entscheidend beitragen. Schon 2026 könnten die Verbundpartner durch ihre Anwendungsprojekte die CO2-Emissionen in Hamburg um 170.000 t/a senken. Durch den Einsatz von Wasserstoff mittels Elektrolyse vor Ort, seeseitigen Importen und Anschluss an das europäische Wasserstoffnetz bietet das Verbundprojekt nach Angaben der Partner das Potenzial, dass bis 2030 jährlich mehr als 1 Mio. der aktuell rund 16 Mio. t CO2-Emissionen in Hamburg eingespart werden können.

Geplant ist unter anderem Umwandlung eines Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg in eine skalierbare 100-Megawatt-Elektrolyseanlage zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien. Damit soll der Grundstein gelegt werden, um eine vollständige Wasserstoff-Wertschöpfungskette in Hamburg aufzubauen. Der Hafen bildet mit seinem umfangreichen Netz an potenziellen Industrieanwendungen und Dienstleistungspartnern dafür eine besonders geeignete standortspezifische Plattform.

CT-Fokusthema Wasserstoff

(Bild: Corona Borealis – stock.adobe.com)

In unserem Fokusthema informieren wir Sie zu allen Aspekten rund um das Trendthema Wasserstoff.

 

  • Einen Überblick über die ausgewählten Artikel zu einzelnen Fragestellungen – von der Herstellung über den Transport bis zum Einsatz von Wasserstoff – finden Sie hier.
  • Einen ersten Startpunkt ins Thema bildet unser Grundlagenartikel.

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