Pressekonferenz

Die beiden Verhandlungsführer Ralf Sikorski (links) und Hans Oberschulte erklärten die Einigung in einer Pressekonferenz. (Bild: IGBCE)

Die Beschäftigten erhalten demnach 3,25 % mehr Entgelt ab Januar 2023 sowie weitere 3,25 % ab Januar 2024. Beide Stufen der Entgelterhöhung sind flexibilisiert: sie können aus wirtschaftlichen Gründen jeweils um bis zu drei Monate verschoben werden. Zusätzlich zahlen die Unternehmen 3.000 Euro pro Kopf als einmaliges steuer- und beitragsfreies Inflationsgeld. Die Auszahlung erfolgt in zwei Tranchen von je 1.500 Euro spätestens im Januar 2023 sowie im Januar 2024. Der geschlossene Tarifvertrag endet am 30. Juni 2024 und gilt für 1.900 Betriebe mit 580.000 Beschäftigten.

Die Sonderzahlungen und tabellenwirksame Entgelterhöhungen erzeugen nach Berechnungen der Gewerkschaft in Summe für Chemie-Beschäftigte eine Nettoentlastung von durchschnittlich 12,94 %, in der Einstiegs-Entgeltgruppe liegt sie bei 15,64 %.

„In dieser historischen Ausnahmesituation mit ungekannten Inflationsraten und drohender Rezession haben die Tarifparteien Verantwortung für die Beschäftigten, den Industriestandort und die Binnennachfrage zugleich übernommen“, sagte der Vorsitzende der Chemiegewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis. „Dieser Abschluss hat Signalwirkung über die Branche hinaus. Beweist er doch, dass gut gemachte Tarifpolitik zentraler Baustein eines gesamtgesellschaftlichen Bollwerks gegen Inflation und Energiekrieg sein kann.“

Auch Kai Beckmann, Präsident des Arbeitgeberverbandes BAVC zeigte sich zufrieden mit dem Abschluss: „Mit diesem Ergebnis halten wir die Balance zwischen der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Interessen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir senden ein Signal für Standort und Beschäftigung: Arbeitgeber und Gewerkschaft ziehen in der Krise an einem Strang“. Selten seien die Sozialpartner so gefordert gewesen wie in dieser Tarifrunde, sagte Beckmann.

Die Einigung im Überblick

  • Entgelterhöhung: Zweimal 3,25 Prozent für 20 Monate

Die Beschäftigten der Chemie- und Pharmabranche erhalten ab 1.1.2023 in einem ersten Schritt zunächst 3,25 % mehr Entgelt. Ab 1.1.2024 steigen die Entgelte um weitere 3,25 %. Die Ausbildungsvergütungen steigen entsprechend. Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 20 Monate. Die Brückenregelung von April eingerechnet, beträgt die Laufzeit 27 Monate. Die bezirklichen Entgelttarifverträge laufen damit bis Ende Juni 2024.

  • Differenzierung: Flexibilität für die Betriebe

Beide Stufen der Entgelterhöhung sind flexibilisiert. Sie können aus wirtschaftlichen Gründen jeweils um bis zu drei Monate verschoben werden. Bei roten Zahlen wird die Entgelterhöhung um zwei Monate verschoben, bei einer Nettoumsatzrendite unter 3 % um einen Monat. Auf Basis einer Betriebsvereinbarung sind drei Monate Verschiebung möglich.

  • Einmaliges Inflationsgeld: 3.000 Euro brutto für netto

Die Chemie-Sozialpartner haben zudem ein einmaliges steuer- und beitragsfreies Inflationsgeld in Höhe von 3.000 Euro pro Tarifbeschäftigten vereinbart, das in zwei Tranchen von je 1.500 Euro spätestens zum 31.1.2023 bzw. 31.1.2024 ausgezahlt wird. Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Zahlung, mindestens aber je 500 Euro. Auszubildende erhalten je Tranche 500 Euro Inflationsgeld. Ziel ist, gestiegene Lebenshaltungskosten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Branche teilweise auszugleichen, aber dauerhafte Belastungen der Unternehmen zu begrenzen. IGBCE und BAVC nutzen damit den im Rahmen der konzertierten Aktion entwickelten Spielraum für die Tarifparteien.

  • Stärkung der Tarifbindung als gemeinsames Ziel

Darüber hinaus wollen IGBCE und BAVC gemeinsam an der Stärkung der Tarifbindung in Deutschland arbeiten. Sozialpartnerschaft, Tarifverträge und Tarifbindung sind Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft, die gerade auch in der Krise ihren Wert für Wirtschaft und Gesellschaft unter Beweis stellen. Die tiefgreifende Transformation unserer Branche erfordert ebenfalls handlungsfähige Sozialpartner mit dem Willen zur Veränderung. In einem strukturierten Prozess werden die Chemie-Sozialpartner im Rahmen der Laufzeit des Tarifvertrages Ideen für tarifliche Regelungen zur Stärkung der Tarifbindung auf beiden Seiten entwickeln.

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