Positionspapier zum Aufbau eines Batterieökosystems

Industrieverbände sehen Batteriestandort Europa in Gefahr

Die fünf deutschen Verbände Klib, VCI, VDA, VDMA und Zvei appellieren in einem offenen Brief an die Bundesregierung, weil sie den Batteriestandort Europa in Gefahr sehen. In einem Positionspapier haben sie Vorschläge für bessere Bedingungen festgehalten.

Automatic assembly line for lithium batteries. Robotic packaging with pneumatic grippers. 3d render
Die Wirtschaftsverbände wünschen sich von der Politik eine langfristige Strategie für die Batterieproduktion in Deutschland und Europa.

Die betroffenen Wirtschaftsverbände Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (Klib), der Verband der Chemischen Industrie (VCI), der Verband der Automobilindustrie (VDA), des Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA) sowie der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (Zvei) begrüßen zwar die neue Hightech-Agenda der Bundesregierung, die die Batterieforschung deutlich stärkt. Doch dem Konsortium fehlt eine gemeinsame, langfristig von Politik und Industrie getragene Strategie, um die Batterietechnologie zu industrialisieren und ein wettbewerbsfähiges Batterieökosystem aufzubauen.

Für die Verbände sind Batterien eine Schlüsseltechnologie für Elektromobilität, die Energiewende und die Elektrifizierung der Wirtschaft insgesamt sowie militärische Applikationen. Sie weisen im Positionspapier darauf hin, dass keine einzige Batteriechemie alle Anforderungen und Einsatzbereiche gleichermaßen abdecken kann. Da sich das Entwickeln von Batterien, ihrer Materialien und Komponenten nach wie vor global in einem hochdynamischen Prozess befindet und bei weitem nicht abgeschlossen ist, ist eine starke, verlässliche und langfristig finanzierte Batterieforschung eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit.

Warum ist ein wettbewerbsfähiges Batterieökosystem in Europa nötig?

Gerade auch aufgrund der jüngsten geopolitischen Verwerfungen ist eine starke Batterieindustrie notwendig, damit Deutschland und Europa strategisch unabhängiger und resilienter werden. Denn aktuell beziehen Deutschland und Europa ihre Importe von Batterien, deren Materialien und Komponenten sowie der Produktionstechnologie nahezu ausschließlich aus der asiatischen Region.

Das deutsche und europäische Batterieökosystem umfasst eine Vielzahl von Industriebranchen: Chemieindustrie, Elektro- und Digitalindustrie, Maschinen- und Anlagenbau, Komponentenhersteller, Zell- und Batteriefertiger, Automobilindustrie, Recycling-Industrie, bis hin zu Erstausrüstern in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen. Alle benötigen klare politische Rahmenbedingungen und langfristige Planungshorizonte – damit sich neue Märkte entwickeln können, die bestehende Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.

Was sieht der Acht-Punkte-Plan vor?

Das Konsortium hat im Rahmen seines Positionspapiers einen Acht-Punkte-Plan mit Vorschlägen für bessere Bedingungen am Standort Deutschland und Europa ausgearbeitet.

  1. Gemeinsames Wollen: Staat und Industrie müssen beide ein Interesse am Stärken des Batteriestandorts Europa haben. Daher gilt es verbindliche, planbare und langfristige Rahmenbedingungen zu diskutieren und industrielle und staatliche Maßnahmen in einer von Staat und Industrie gemeinsam getragenen, langfristigen (10 bis 15 Jahre) Strategie zu verankern und im Rahmen eines Batteriegipfels zu konkretisieren.
  2. Klarheit und Verbindlichkeit schaffen: Eine langfristige Strategie ist die Basis, damit die Industrie und ihre Kunden planen können, wodurch das Marktwachstum und das Investorenengagement stimuliert wird. Pläne wie den CO2-footprint von EV-Batterien auf Basis des nationalen Strommixes zu berechnen und das PFAS-Verbot führen zu Verunsicherungen von Unternehmen und Investoren und bremsen das Industrialisieren der Batterieindustrie.
  3. Gesamtheitliches Verständnis: Die global führenden Batterieindustrien haben ein enges Netzwerk aus Kooperationen, strategischen Partnerschaften und Joint Ventures gebildet, das alle Elemente des Batterieökosystems – von den Rohstoffen bis zum fertigen Produkt – umfasst. Für den Ausbau eines solchen deutschen oder europäischen Netzwerks gilt es, das System gesamtheitlich zu verstehen und die spezifischen Herausforderungen der daran beteiligten Industrien in die Überlegungen einzubeziehen.
  4. Standortbedingungen verbessern: Es sind Maßnahmen wie ein Senken der Strompreise, Abbau von Bürokratie, steuerliche Regelungen, effiziente Fördermaßnahmen – unter anderem Skalieren im industriellen Maßstab und Batterieforschung – nötig. Gerade im Bereich der kritischen Infrastruktur (Energienetze) und militärischen Applikationen können sich durch deutsche und europäische Beschaffungsansätze neue Märkte für die heimische Batterieindustrie eröffnen.
  1. Faire Wettbewerbsbedingungen schaffen: Europäische Initiativen haben bisher vor allem die Keimbildung von Elementen des Batterieökosystems unterstützt. Doch ungleiche Wettbewerbsbedingungen und hohe Wettbewerbsintensität wie Überkapazitäten und der damit einhergehende Preisverfall von Batteriezellen verhindern Investitionen in das Upscaling in verschiedenen Industriesparten und blockieren die notwendige rasche Industrialisierung am Standort Deutschland und in Europa.
  2. Risksharing im Ökosystem: Das Ökosystem setzt sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Industriebranchen und Unternehmen mit verschiedenen Ausgangs- und Wettbewerbssituationen zusammen. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen, verfügen häufig nicht über die notwendige Investitionskraft, um Pilotanlagen aufzubauen oder im Technologiefeld Batterien hochzuskalieren. Die notwendige enge Zusammenarbeit der Industrien bedarf entsprechender Anpassungen der aktuellen Anti-Trust-Regeln der EU für diesen speziellen Fall. Außerdem sind staatliche Maßnahmen wie Förderungen bei Investitionen und beim Produktionshochlauf und industrielle Maßnahmen wie Anlaufunterstützungen, Partnerschaften, Joint Ventures und Public-Private-Partnerships erforderlich.
  3. Rohstoffe sichern: Das europäische Batterieökosystem ist langfristig auf den Import von Rohstoffen wie Lithium, Kobalt, Mangan, Kupfer und Grafit angewiesen. Deutschland und Europa müssen den Critical Raw Materials Act schnell umsetzen und über Kooperationen mit Förderländern die resiliente, kosteneffiziente Versorgung mit Rohstoffen sichern. Es gilt die in die EU eingeführten Rohstoffe – auch in Produkten – in Europa zu recyceln, dafür die Recycling- und Raffinerie-Industrie aufzubauen, mit dem Ziel, Schwarzmasse innerhalb der EU weiterverarbeiten zu können und damit in den Kreislauf des Ökosystems zurückzuführen (closed loop). Die Technologieentwicklung zum Recycling muss ausgebaut werden. Darüber hinaus sind stabile Handelsbeziehungen und Rohstoffpartnerschaften auf- und auszubauen.
  4. Forschung fördern: Basis für ein nachhaltiges, wettbewerbsfähiges Batterieökosystem sind die Batterieforschung inklusive der grundlegenden material- und prozessspezifischen Fragen, die akademische und berufliche Ausbildung von Fachkräften und der Wissens- und Technologietransfer in die industrielle Umsetzung. Die öffentlich geförderte Batterieforschung muss in der ganzen Breite massiv ausgebaut und auf eine verlässliche, langfristige Basis gestellt werden.