
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat das finale Kohleausstiegsgesetz kritisiert, in dem auch neue Regelungen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) getroffen werden. Der VCI befürchtet dadurch negative Folgen für die Investitionskultur in Deutschland. Hauptkritikpunkt der Branche an dem Gesetzespaket sind die schlechteren Förderbedingungen für KWK-Anlagen. Diese sollen in Zukunft nur noch geringe Fördersätze erhalten, wenn sie modernisiert werden oder schon modernisiert sind, aber noch nicht im Dauerbetrieb laufen.
KWK-Anlagen im Bau drohen unwirtschaftlich zu werden

Wolfgang Große Entrup ist seit Anfang Oktober Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI). (Bild: VCI)
VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup sagte: „Ausgerechnet mit dem Kohleausstiegsgesetz, das die Energiewende voranbringen soll, stiftet die Politik nun Chaos bei der Kraft-Wärme-Kopplung. Unternehmen, die im Vertrauen auf Förderzusagen in ihre Anlagen massiv investiert haben, stehen nun fast mit leeren Händen da. Dadurch wird der Vertrauensschutz am Standort schwer beschädigt, was sich auch auf weitere Investitionen auswirken dürfte.“ KWK‑Anlagen, die sich schon in einem fortgeschrittenen Realisierungsstadium befinden, drohten durch die geänderten Förderbedingungen unwirtschaftlich zu werden. Zudem seien zukünftige Modernisierungsprojekte unter dem neuen Förderregime kaum noch zu realisieren. Laut VCI befinden sich derzeit mehrere große KWK-Projekte in der Chemie in Planung oder stehen vor dem Dauerbetrieb.
So könnte die Chemieindustrie 2040 aussehen:

Klimavorreiter oder weltweite Nebenrolle? Die folgenden vier Szenarien sind sehr unterschiedlich. (Bild: Kobes – Fotolia)

Szenario 1, Speerspitze in eine grüne Zukunft: Im ersten Szenario übernimmt die Chemieindustrie eine tragende Rolle in einer nachhaltigen, kollaborativen Welt. Die Märkte sind offen und die Kunden verlangen immer mehr Produkte, die dem Umweltgedanken gerecht werden. Deshalb wird auch die Chemieindustrie Teil eines großen, orchestrierten und branchenübergreifenden Verbunds. Die europäischen Player schaffen es, Wertschöpfung in einer Kreislaufwirtschaft zu erzielen, und investieren massiv in Innovationen. Zudem entsteht sukzessive ein Netzwerk von Partnerschaften aller Branchenplayer entlang der Wertschöpfungskette. Auch werden Start-ups gegründet, die vermehrt auf digitale Potenziale setzen. Allerdings agieren die Unternehmen unter vergleichsweise strengen Umweltauflagen – die sich aber weltweit angleichen. (Bild: lassedesignen – AdobeStock)

Szenario 2, Anpassung an repressive Rahmenbedingungen: Im zweiten Szenario steht die europäische Chemiebranche kollektiv unter Regulierungsdruck und öffentlicher Beobachtung – anders als in China und den USA. Die Unternehmen müssen sich verändern und Kosten sparen. Die Produktion regionalisiert sich, größere Investitionen rentieren sich kaum. Intelligente neue Ansätze sorgen dennoch für ein Überleben der Firmen. Da es kaum noch Produktinnovationen gibt, spielen die einzelnen Unternehmen international keine große Rolle mehr. Es besteht die Gefahr einer ungewollten und radikalen Konsolidierung, die durch eine entsprechende EU-Stelle kaum aufgehalten werden kann. (Bild: bilderbox – Fotolia)

Szenario 3, Flucht in den Protektionismus: Die dritte mögliche Entwicklung führt zu einem Szenario mit starkem Euro-Protektionismus, wenig Innovationskraft und einem gesellschaftlichen Rückschritt hinsichtlich Nachhaltigkeit. Die realisierbaren Margen sind inzwischen teilweise auch von der Politik abhängig. Die Bedeutung des Exports und die Wettbewerbsfähigkeit schrumpfen und es kommt ebenfalls zu einer Konsolidierung. Die verbleibenden Akteure können jedoch – zumindest für eine gewisse Zeit – ein recht geruhsames Leben führen und die Branche auf niedrigem Niveau „verwalten“. (Bild: Martina Berg – Fotolia)

Szenario 4, Wertschöpfung in der Kreislaufwirtschaft: Im vierten und letzten Szenario gelingt die profitable Wertschöpfung in der Kreislaufwirtschaft. Die Öffentlichkeit ist in Umweltfragen hoch sensibilisiert, was zu gezielten Innovationen und Kollaborationen in der Branche führt. Es herrschen ein Klima des Verbrauchervertrauens und die Bereitschaft, auch höhere Preise zu bezahlen. Jedoch bleiben Strukturen und Assets der Unternehmen weitgehend unverändert, was eine allgemeine Innovationswelle eher ausbremst als befeuert. Insgesamt sind Umwelt und Industrie eine enge Verbindung eingegangen, die Unternehmen zunehmend dazu bringt, ihre Profitabilität im Rahmen einer umfassenden Kreislaufwirtschaft zu sichern und managen. (Bild: RFsole – Fotolia)
Wie Große Entrup erläuterte, haben KWK-Anlagen in der chemischen Industrie hohe Bedeutung, da sie sehr effizient neben der für die Chemieproduktion nötigen Wärme auch Strom produzieren. Für die Grundlast sei KWK auch künftig unentbehrlich, so der VCI-Hauptgeschäftsführer: „Da wir in Deutschland aus Kernkraft und Kohle aussteigen, ist KWK mittelfristig die einzige Form der Energieerzeugung mit gesicherter Leistung, damit wir rund um die Uhr produzieren können.“
Nicht zufriedenstellend sieht Große Entrup auch die Kompensation für höhere Strompreise im Kohleausstiegsgesetz geregelt. Er sagte: „Die Kompensation gehört zum Kohleausstieg dazu, sie wurde von der Kohlekommission auch empfohlen. Eine entsprechende Garantie fehlt aber nun im Gesetz. Hier muss die Politik nachbessern.“ Die Industrie müsse an der Entwicklung der Förderrichtlinie zu einer Kompensation beteiligt werden, forderte der VCI.
(as)
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