Januar/Februar 2016

  • Der Weltmarkt wird auch in diesem Jahr mit Rohöl überversorgt bleiben.
  • Die meisten Marktforscher haben ihre Prognosen für 2016 nach unten korrigiert. Analysten schätzen, dass der Preis pro Fass zeitweise auf 20 Dollar fallen kann.
  • Da russische, saudische und iranische Förderer bereits ab 10 bis 15 Dollar pro Fass Geld verdienen, gibt es wenig Indizien für eine schnelle Erholung des Ölpreises.

Was amerikanische Fracker und kanadische Ölsand-Verarbeiter derzeit zurückfahren (die IEA rechnet mit einem Rückgang von 600.000 Barrel pro Tag bei Nicht-Opec-Staaten) legen Russland, die Opec und neu der Iran noch an Produktionsvolumen oben drauf. Per Saldo wird 2016 eine Überproduktion von 600.000 Fässern pro Tag bleiben. Die Analysten der Investment-Bank Goldman Sachs rechnen auch deshalb damit, dass der Preis zeitweise sogar auf 20 Dollar sinken wird. Im Januar machte die Meldung Furore, dass die nordamerikanische Raffinerie Flint Hills bereits 50 Cent pro Fass verlangt, um das schwefelhaltige North Dakota Sour-Rohöl überhaupt zur Verarbeitung anzunehmen. Die Meldung war zwar falsch – der Preis lag in Wirklichkeit bei 1,50 Dollar pro Fass – doch der Schock saß bei Produzenten und ihren Investoren trotzdem: Könnte der Preis sogar negativ werden?

Prognosen sind immer dann schwer, wenn sie die Zukunft betreffen. Wie sehr das Bonmot auch in Sachen Ölpreis zutrifft, wird klar, wenn man die Vorhersagen von vor einem Jahr mit der Wirklichkeit vergleicht:  Einen Durchschnittspreis unter 50 Dollar hatten lediglich die Marktforscher von Goldman Sachs gesehen.

Für 2016 haben die Auguren ihre Prognosen weiter nach unten geschraubt. Doch warum fördern Russland, Saudi-Arabien und andere weiter, was das Zeug hält? Und warum will Iran beim derzeitigen Ölpreis trotzdem nach Aufhebung der Sanktionen im Januar sofort wieder massiv in den Markt einsteigen?

Die einfache Antwort: „Weil Sie´s können.“ Denn: in allen drei genannten Förderländern sind die Förderkosten so niedrig, dass auch auf dem derzeitigen Niveau noch Geld verdient wird: Die Förderkosten werden im Iran auf unter 15 Dollar/Fass geschätzt, Iran hat agekündigt, die tägliche Förderung innerhalb eines halben Jahres um 1 Mio. Fass pro Tag steigern zu wollen. In Saudi-Arabien und Russland kann Rohöl bereits für 10 bis 12 Dollar pro Fass gefördert werden. Dem gegenüber werden für eine wirtschaftliche Exploration von Ölsand aus dem kanadischen Alberta Preise jenseits von 80 Dollar pro Fass benötigt, in der Nordsee liegt der Förderaufwand bei 40 bis 60 Dollar pro Fass. Kein Wunder, dass sich die Situation bereits massiv in den Bilanzen und Plänen der Ölgesellschaften wieder findet: BP will 4.000 Stellen streichen, Petrobras kündigte im Januar an, seine Investitionen bis 2019 um ein Viertel kürzen zu wollen, und Shell gab ebenfalls im Januar bekannt, dass sich der Gewinn im Schlussquartal 2015 gegenüber dem Vorjahr halbiert hat.

Besonders heftig leiden die Fracker in den USA: So haben im zweiten Halbjahr 2015 bereits 20 Öl- und Gasunternehmen Insolvenz gemeldet. Obwohl die Explorateure zuletzt ihre Kosten stark senken konnten, wird geschätzt, dass sie für einen wirtschaftlichen Förderbetrieb Ölpreise über 50 US-Dollar pro Fass benötigen.

Aber auch die Staatskonzerne in Russland und Saudi-Arabien leiden. Wie lange sie trotz leicht erreichbarer Ölvorkommen ihre Produktion zu den derzeitigen Konditionen aufrechterhalten werden, steht in den Sternen. Denn auch wenn die Förderkosten noch unter dem aktuellen Marktpreis liegen, haben die Länder allesamt ihre Staatsfinanzen mit höheren Preisen kalkuliert. Wie nervös der Markt ist, wurde Ende Januar deutlich, als der russische Energieminister Alexander Nowak bekannt gab, dass er mit Saudi-Arabien über eine Drosselung der Produktion um fünf Prozent diskutieren will: Der Ölpreis kletterte sofort um acht Prozent – und stürzte gleich wieder ab, als die Saudis dementierten. Top30316

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