
Wacker will seine Forschungstätigkeiten für Silicone in den USA ausbauen. (Bild: Franz Pfluegl – Fotolia)
Die Stoffe wurden im Human-biomonitoring-Projekt ausgewählt. Es handelt sich um Stoffe, die über Lebensmittel, Trinkwasser, Kosmetika oder Gebrauchsgegenstände vom menschlichen Organismus aufgenommen werden können. Seit 2010 arbeiten BMU und VCI gemeinsam daran, diese Stoffe verlässlich messen zu können. Für 26 dieser Stoffe wurden bereits neue Messmethoden entwickelt. Bis 2025 sollen weitere folgen. Die neuen Analyseverfahren werden anschließend vom Umweltbundesamt (UBA) genutzt, um die Belastung der Bevölkerung mit den jeweiligen Stoffen zu messen. Auf Basis der Ergebnisse entwickelt das UBA bei Bedarf Empfehlungen für die Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor unerwünschten Chemikalienbelastungen.
„Einzigartige Zusammenarbeit zwischen Umweltministerium und Chemieindustrie“
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Jede neue Nachweismethode für relevante Chemikalien ist ein wichtiger Schritt zu mehr Chemikaliensicherheit und zum Schutz der Bevölkerung vor problematischen Stoffen. Diese langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der chemischen Industrie ist weltweit einzigartig. Gleichzeitig leisten wir einen Beitrag zur Chemikaliensicherheit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Denn wir publizieren die neuen Methoden weltweit und bringen sie auf EU-Ebene ein.“
VCI-Präsident Christian Kullmann: „Die Produktverantwortung und das Ziel, dass Chemikalien noch sicherer anzuwenden sind, haben für unsere Branche höchste Priorität. Hierzu leistet die Entwicklung neuer Analysemethoden einen wichtigen Beitrag. Die Untersuchungen zum Human-Biomonitoring führen zu validen Daten und können damit als Entscheidungsgrundlage für mögliche Schutzmaßnahmen verwendet werden.“
Auswahl durch Expertenkreis aus Forschung, Industrie und Behörden
Im Rahmen des Human-Biomonitorings nehmen BMU und VCI Stoffe in den Fokus, für die es bisher keine geeignete Messmethode gibt. Die Auswahl beruht auf Empfehlungen eines hochrangigen Expertenkreises aus Forschung, Industrie und einschlägigen Fachbehörden. Auswahlkriterien sind, ob die Bevölkerung diesen Stoffen vermehrt ausgesetzt sein könnte oder ob die Stoffe toxikologisch oder gesundheitlich bedenkliche Eigenschaften besitzen. Unter den ausgewählten Stoffen sind zum Beispiel Weichmacher für Kunststoffe, wie DINCH und DPHP, oder das Flammschutzmittel HBCDD. Auch häufig verwendete Kosmetikinhaltsstoffe wie Geraniol, Lysmeral und Climbazol, Schädlingsbekämpfungsmittel wie Fipronil oder Konservierungsmittel wie CIT/MIT und Bronopol wurden ausgesucht.
Abschließend ausgewählt haben BMU und VCI jetzt die letzten drei Stoffe, die noch fehlten, um die Zielgröße von 50 Stoffen zu erreichen: (1) 2,4,7,9-Tetramethyl-5-decin-4,7-diol (TMDD), ein Schaumhemmer für Farben und Druckertinten sowie in Materialen mit Lebensmittelkontakt; (2) Benzisothiazolinon (BIT), ein Biozid-Wirkstoff der vorwiegend zur technischen Konservierung eingesetzt wird und (3) N‑Butylbenzolsulfonamid (NBBS), ein Weichmacher für Polyamid-Teile.
So könnte die Chemieindustrie 2040 aussehen:

Klimavorreiter oder weltweite Nebenrolle? Die folgenden vier Szenarien sind sehr unterschiedlich. (Bild: Kobes – Fotolia)

Szenario 1, Speerspitze in eine grüne Zukunft: Im ersten Szenario übernimmt die Chemieindustrie eine tragende Rolle in einer nachhaltigen, kollaborativen Welt. Die Märkte sind offen und die Kunden verlangen immer mehr Produkte, die dem Umweltgedanken gerecht werden. Deshalb wird auch die Chemieindustrie Teil eines großen, orchestrierten und branchenübergreifenden Verbunds. Die europäischen Player schaffen es, Wertschöpfung in einer Kreislaufwirtschaft zu erzielen, und investieren massiv in Innovationen. Zudem entsteht sukzessive ein Netzwerk von Partnerschaften aller Branchenplayer entlang der Wertschöpfungskette. Auch werden Start-ups gegründet, die vermehrt auf digitale Potenziale setzen. Allerdings agieren die Unternehmen unter vergleichsweise strengen Umweltauflagen – die sich aber weltweit angleichen. (Bild: lassedesignen – AdobeStock)

Szenario 2, Anpassung an repressive Rahmenbedingungen: Im zweiten Szenario steht die europäische Chemiebranche kollektiv unter Regulierungsdruck und öffentlicher Beobachtung – anders als in China und den USA. Die Unternehmen müssen sich verändern und Kosten sparen. Die Produktion regionalisiert sich, größere Investitionen rentieren sich kaum. Intelligente neue Ansätze sorgen dennoch für ein Überleben der Firmen. Da es kaum noch Produktinnovationen gibt, spielen die einzelnen Unternehmen international keine große Rolle mehr. Es besteht die Gefahr einer ungewollten und radikalen Konsolidierung, die durch eine entsprechende EU-Stelle kaum aufgehalten werden kann. (Bild: bilderbox – Fotolia)

Szenario 3, Flucht in den Protektionismus: Die dritte mögliche Entwicklung führt zu einem Szenario mit starkem Euro-Protektionismus, wenig Innovationskraft und einem gesellschaftlichen Rückschritt hinsichtlich Nachhaltigkeit. Die realisierbaren Margen sind inzwischen teilweise auch von der Politik abhängig. Die Bedeutung des Exports und die Wettbewerbsfähigkeit schrumpfen und es kommt ebenfalls zu einer Konsolidierung. Die verbleibenden Akteure können jedoch – zumindest für eine gewisse Zeit – ein recht geruhsames Leben führen und die Branche auf niedrigem Niveau „verwalten“. (Bild: Martina Berg – Fotolia)

Szenario 4, Wertschöpfung in der Kreislaufwirtschaft: Im vierten und letzten Szenario gelingt die profitable Wertschöpfung in der Kreislaufwirtschaft. Die Öffentlichkeit ist in Umweltfragen hoch sensibilisiert, was zu gezielten Innovationen und Kollaborationen in der Branche führt. Es herrschen ein Klima des Verbrauchervertrauens und die Bereitschaft, auch höhere Preise zu bezahlen. Jedoch bleiben Strukturen und Assets der Unternehmen weitgehend unverändert, was eine allgemeine Innovationswelle eher ausbremst als befeuert. Insgesamt sind Umwelt und Industrie eine enge Verbindung eingegangen, die Unternehmen zunehmend dazu bringt, ihre Profitabilität im Rahmen einer umfassenden Kreislaufwirtschaft zu sichern und managen. (Bild: RFsole – Fotolia)
Während die Stoffauswahl für das Human-Biomonitoring-Projekt damit abgeschlossen ist, läuft die Entwicklung der Messmethoden im Auftrag des VCI noch fünf Jahre weiter. Die Methoden sollen sehr empfindlich und dafür geeignet sein, die im Allgemeinen niedrige Hintergrundbelastung bei Menschen zu bestimmen, die beruflich nicht mit den gemessenen Stoffen in Berührung kommen.
Alle Analysemethoden werden nach ihrer Fertigstellung und Validierung in anerkannten, internationalen Fachzeitschriften mit Begutachtungsverfahren veröffentlicht, damit ihre hohe Qualität extern bestätigt wird und sie weltweit verfügbar und nutzbar sind.
Für die Anwendung der Methoden in geeigneten Studien liegt die Verantwortung beim BMU, das hier eng mit dem Umweltbundesamt zusammenarbeitet. Geeignete Untersuchungen finden zum Beispiel im Rahmen der Deutschen Umweltstudien zur Gesundheit und in der Umweltprobenbank des Bundes statt.
(as)
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