
Den Auftakt zum Zukunftsdialog Chemie und Pharma machte Wirtschaftsminister Altmaier bereits im November 2020. (Bild: BMWi/Andreas Mertens)
Das internationale Wettbewerbsumfeld der Unternehmen Chemieindustrie hat sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. „Um die Leistungskraft unserer Branche zu erhalten und zu fördern, müssen wir den Standort an diese Veränderungen anpassen“, betonte Christian Kullmann, Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI). Das Ergebnis des Zukunftsdialoges mit dem Bundeswirtschaftsministerium benenne daher in aller Klarheit die dafür wichtigsten Elemente. „Mehr Rückenwind für Innovationen, schnellere Genehmigungsverfahren und günstige Strompreise sind zentrale Bausteine des Maßnahmenkonzeptes.“

Die EU hat ihre bis 2050 geplanten Klimaziele verschärft. Der im April 2021 verabschiedete neue Beschluss sieht vor, bis 2030 die emittierten Treibhausgase um 55% im Vergleich zu 1990 zu senken. (Bild: Thierry Roge - Europäische Union)

Bereits Ende 2019 hat Bayer ein Paket an Maßnahmen und neuen Nachhaltigkeitszielen ab 2020 bekanntgegeben. Das Unternehmen strebt an, bis 2050 unter Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral zu werden. Das bedeutet, dass der Pharma- und Chemiekonzern bis 2030 an seinen eigenen Standorten klimaneutral sein will und bis 2029 den CO2-Ausstoß bei Abnehmern sowie der Lieferkette um 12,3 % verringern will. Bis 2030 plant Bayer außerdem, 100 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. (Bild: Bayer)

Fast gleichzeitig zur ehemaligen Mutter hat sich der Spezialchemie-Konzern Lanxess ein Klimaschutzziel gesetzt: Bis 2040 will der Konzern klimaneutral werden und seine Treibhausgas-Emissionen von derzeit rund 3,2 Mio. Tonnen CO2-Äquvivalent abbauen. (Bild: Lanxess)

Das Chemieunternehmen Dow hat sich dasselbe Jahr der Klimaneutralität gesetzt wie die EU – 2050. Bis zum Etappenziel 2030 will der Konzern seine Netto-Kohlenstoffemissionen um 5 Mio. t/a verringern, im Vergleich zu 2020. Außerdem plant er bis 2030 insgesamt 1 Mio. t Kunststoff zu sammeln, wiederzuverwenden oder zu recyceln. (Bild: Dow)

Auch der Chemie-Riese BASF hat sich als Netto Null Jahr 2050 gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seine weltweit emittierten Treibhausgase im Vergleich zu 2018 um 25 % senken. Außerdem will der Konzern fossile Energieträger gegen Strom aus erneuerbaren Quellen austauschen. (Bild: BASF)

Ein anderer Chemie- und Pharmakonzern nimmt sich nur bis 2040 Zeit: Merck hat im November 2020 seine neue Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Das Unternehmen hat sich 2030 als Etappenziel gesetzt bis zu dem es seine Treibhausgas-Emissionen um 50 % reduzieren (Vergleich 2020) und 80 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen will. Um Emissionen einzusparen plant Merck, bis 2023 90 % seiner Healthcare Produkte mit dem Schiff, anstelle des Flugzeugs zu transportieren. (Bild: Merck)

Der Kunststoffhersteller Lyondellbasell gibt kein konkretes Jahr an, bis zu dem er klimaneutral handeln will. Jedoch plant das Unternehmen, bis 2030 2 Mio. t/a recycelte Polymere zu produzieren. Dafür will es sowohl das mechanische, als auch das molekulare Recycling vorantreiben. Weiterhin will der Konzern bis 2030 die CO2-Äquivalente pro Tonne Produkt im Vergleich zu 2015 um 15 % reduzieren. (Bild: Lyondellbasell)

Der Konsumgüter-Hersteller Henkel will bis 2040 nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv sein. Also neben dem Ausgleich der eigenen Emissionen, zusätzlich einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Dafür plant das Unternehmen, bis 2030 den CO2-Fußabdruck seiner Produktion um 75 % im Vergleich zu 2010 zu senken. Außerdem möchte der Konzern, für denselben Zeitraum seinen Energieverbrauch pro Tonne Produkt um 50 % senken und 100 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen. (Bild: Henkel)

Und auch im Anlagenbau führt kein Weg an Klimaschutz vorbei: Thyssenkrupp will ab 2050 klimaneutral sein. Bereits 2030 möchte der Konzern rund 30 % bei den Emissionen aus eigener Produktion und bezogener Energie einsparen. Dabei orientiert sich Thyssenkrupp mit seiner im Sommer 2019 vorgestellten Klimastrategie am Pariser Klimaabkommen von 2015. (Bild: Thyssenkrupp)
Sechs Handlungsfelder ausgemacht
Chemie und Pharma sind ein starker Motor für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland. 2020 setzte die Branche über 186 Mrd. Euro um und beschäftigte rund 464.000 Mitarbeiter. Ein Bündel von Maßnahmen zu sechs Themenfeldern, die starken Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen haben, soll die Zukunft des drittgrößten Industriezweiges in Deutschland durch nachhaltige Rahmenbedingungen sichern.
Die gemeinsamen Handlungsempfehlungen erstrecken sich auf die Politikfelder Standortqualität, Green Deal und Transformation, Klimaschutz, Chemikalienstrategie, industrielle Gesundheitswirtschaft und Governance. Ein besonderes Anliegen ist es den Partnern, die Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie in Deutschland zu optimieren und Schwachstellen zu beseitigen, die im Zuge der Corona-Pandemie zutage getreten sind. Hierfür müssen, so der Bericht, die Wertschöpfungsketten durch Diversifizierung der Standorte gestärkt, Innovationen durch passgenaue Regulatorik und ein höheres finanzielles Engagement befördert und Produktionsstandorte in Deutschland und Europa ausgebaut, neu angesiedelt und erhalten werden.
Qualifizierte Mitarbeiter sind elementar
Für den Präsidenten des Arbeitgeberverbandes BAVC, Dr. Kai Beckmann, ist es elementar, dass es in Deutschland auch weiterhin gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ausreichender Anzahl gibt. „Die Vermittlung digitaler Kompetenzen, auch zur Analyse von Big Data und Künstlicher Intelligenz, gehört endlich auf die Stundenpläne! Zur Bewältigung des digitalen Wandels müssen die Schulen und Hochschulen dafür auch mit den erforderlichen Personal- und Sachmitteln ausgestattet werden. Für die duale Ausbildung heißt das ganz klar, dass die beruflichen Schulen auch gleichberechtigt im ‚Digitalpakt Schule‘ berücksichtigt werden sollten. Die Unternehmen in unserer Branche leisten bereits überdurchschnittlich viel Weiterbildung. Unsere branchenweite ‚Qualifizierungsoffensive Chemie‘, die die Chemie-Sozialpartner im Tarifabschluss 2019 verabredet haben, trägt mit dazu bei.“
„Vor unserer Branche und ihren Beschäftigten liegen herausfordernde Jahre“, glaubt auch der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis. „Es gilt, die klimagerechte Transformation zu stemmen, Regulatorik und Standortsicherheit im Gleichgewicht zu halten und die heimische Pharmaproduktion zu stärken. Deshalb kommt es darauf an, dass in diesen Fragen die Chemie stimmt zwischen Politik, Industrie und Sozialpartnern. Unser gemeinsames Handlungskonzept bietet eine gute Grundlage dafür.“
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