Young couple hiding faces behind emoticons against color background

(Bild: Pixel-Shot – stock.dadobe.com)

Ein Beispiel: Montagmorgen, der Führungskreis eines mittelständischen Unternehmens tagt. Debattiert wird, wie der Mittelständler auf die aktuelle Wirtschaftsflaute reagieren sollte. Ein Vorschlag lautet, den Verkäufern niedrigere Abschlussprämien zu bezahlen. Da ergreift Vertriebsleiter Huber das Wort und sagt erregt: „Das geht nicht. Sie können unseren Vertriebsleuten doch jetzt, wo sie ohnehin nur wenige Abschlüsse tätigen, nicht auch noch die Prämien kürzen. Das …“ Doch bevor der Vertriebsleiter sein Votum begründen kann, fällt ihm der Firmeninhaber ins Wort und sagt: „Herr Huber, nun kriegen Sie sich mal wieder ein. Wir müssen alle den Gürtel enger schnallen – auch Ihre Mitarbeiter.“ Damit ist das Thema für ihn abgehakt.

Gefühle werden nicht ernst genommen

Ähnliche Situationen erlebt man in Unternehmen oft. Immer wieder registriert man dann: Wenn Mitarbeiter Gefühle zeigen und sich für eine Sache auch emotional engagieren, wird dies von ihren Gesprächspartnern als unangemessen erachtet oder als Schwäche interpretiert. Die Mitarbeiter werden zudem oft mundtot gemacht mit Aussagen wie „Nun lassen Sie uns mal sachlich bleiben“. Die Tatsache, dass eine Person Gefühle zeigt, wird also als Legitimation genutzt, um sich mit ihrem Anliegen nicht ernsthaft zu befassen und zuweilen auch als taktisches Instrument, um sie ins Abseits zu manövrieren.

Und zeigt eine Person regelmäßig Gefühle? Dann wird sie schnell in eine Schublade gesteckt, aus der es nur schwer ein Entrinnen gibt: „Ach die Müller, die reagiert wie viele Frauen schnell hysterisch.“ Oder: „Ach der Mayer, der macht aus jeder Mücke einen Elefanten.“

Gefühle werden meist kaschiert

Das wissen die Mitarbeiter. Deshalb sind sie in der Regel bemüht, am Arbeitsplatz wenig emotionale Betroffenheit zu zeigen. Stattdessen verbergen sie ihre Empfindungen hinter scheinbar rationalen Argumenten. Als Folge davon wird in Unternehmen oft endlos über Nichtigkeiten diskutiert. Und erreichen die betreffenden Personen mit ihrer scheinbar rationalen Argumentation ihre Ziele nicht, dann versuchen sie diese meist über Umwege durchzusetzen – zum Beispiel, indem sie Aufgaben einfach „vergessen“ oder Beschlüsse bewusst fehlinterpretieren.

Dies ist eine häufige Ursache dafür, warum Unternehmen ihre Ziele nicht erreichen und Projekte scheitern. Denn letztlich besteht jedes Unternehmen aus einer Vielzahl von Menschen, die alle eigene Wünsche, Werte und Interessen sowie Erfahrungen und Meinungen haben. Deshalb sind, wenn Menschen miteinander kooperieren, stets auch Emotionen im Spiel. Für Führungskräfte bedeutet dies: Sie müssen über die erforderliche emotionale Intelligenz verfügen, um Emotionen zu erkennen, diese richtig zu bewerten und auf sie zu reagieren. Und zwar so, dass die betreffenden Personen sich ernst genommen fühlen.

Gespür für Situationen und Konstellationen

Das setzt neben Antennen für die Gefühle anderer Personen ein feines Gespür für Menschen, Situationen und Konstellationen voraus. Dies ist wichtig, um Fehleinschätzungen und -entscheidungen zu vermeiden. Emotionen im Unternehmenskontext werden selten offen artikuliert. Deshalb kann zum Beispiel die Aussage eines Mitarbeiters „Das geht nicht“ stets zweierlei bedeuten: „Das funktioniert aus fachlichen Gründen nicht“ und „Ich möchte dies aus persönlichen Gründen nicht“.

Was zutrifft, müssen Führungskräfte oft erst ermitteln. Auch deshalb benötigen sie ein feines Gespür für Menschen, Situationen und Konstellationen, damit sie gewisse Aussagen richtig einschätzen können. Deshalb sollten Führungskräfte Mitarbeitern eigentlich dankbar sein, wenn diese ihre Emotionen zeigen oder ihnen so signalisieren: Achtung, hier sind Gefühle im Spiel. Und: Vorsicht, hier müssen bei der Problemlösung Dinge beachtet werden, die ich nicht auf der Rechnung hatte. Dies erleichtert es ihnen, tragfähige Lösungen zu erarbeiten.

Emotionen anerkennen und würdigen

Deshalb sollten Führungskräfte die Tatsache, dass zum Beispiel ein Mitarbeiter eine emotionale Betroffenheit zeigt, zunächst würdigen und anerkennen – beispielsweise mit den Worten: „Es freut mich, dass Sie sich so stark dafür engagieren.“ Keinesfalls sollten sie auf emotionale Äußerungen mit Killerphrasen reagieren wie „Regen Sie sich nicht so auf“ oder „Lassen Sie die Kirche im Dorf“. Denn solche Aussagen verursachen beim Gegenüber schnell emotionale Verletzungen, die nur schwer verheilen. Sie zerstören letztlich das, was sich Führungskräfte von ihren Mitarbeitern wünschen – nämlich Identifikation mit ihrer Aufgabe sowie dem Unternehmen und die Bereitschaft, sich hierfür zu engagieren. Denn diese Tugenden setzen stets auch emotionales Engagement voraus.

Entsprechend sensibel sollten Führungskräfte reagieren, wenn Mitarbeiter Emotionen zeigen oder artikulieren. Denn dies kann verschiedene Ursachen haben. Emotionen können daraus resultieren, dass sich eine Person sehr stark mit ihrer Aufgabe identifiziert, weshalb sie für bestimmte Lösungen kämpft. Sie können aber auch daraus resultieren, dass sich ein Mitarbeiter zu wenig mit seinem Job identifiziert und zum Beispiel bei neuen Aufgaben stets denkt „Verdammt, nun muss ich den Mist auch noch machen“. Dann ist eine andere Reaktion angesagt, als wenn die Emotion aus einer hohen Identifikation mit der Aufgabe und dem Unternehmen resultiert.

Emotionale Killerphrasen lösen kein Problem

Doch auch in einer solchen Situation sollten Führungskräfte auf die emotionale Äußerung nicht mit einer Killerphrase reagieren. Denn dies trägt nicht zur Problemlösung bei. Sinnvoller ist es in einer solchen Situation, dem Mitarbeiter zunächst zu signalisieren, dass man die Emotionalität bemerkt hat – zum Beispiel mit den Worten „Herr Huber, ich merke, dass meine Aussage bei Ihnen auf wenig Begeisterung stößt. Trifft das zu?“ Antwortet der Gesprächspartner „ja“, kann die Nachfrage folgen: „Würden Sie mir bitte erläutern, was aus Ihrer Warte dagegenspricht, dass …“ Die Führungskraft sollte sich also zunächst ein Bild davon verschaffen, warum der Mitarbeiter so reagiert, um vorschnelle Schlüsse zu vermeiden.

Zeigt sich dann, dass der Mitarbeiter sich zu Recht überfordert fühlt, dann kann mit ihm eine tragfähige Lösung erarbeitet werden. Zeigt sich hingegen, dass sich der Mitarbeiter nicht ausreichend mit seinem Job identifiziert, dann sollte ihm klar vermittelt werden: „Herr Huber, Ihre Grundeinstellung zu Ihrer Arbeit stimmt nicht. Als Ihre Führungskraft erwarte ich von Ihnen, dass … Und wenn Sie diese Erwartungen nicht erfüllen, dann sollten Sie mit folgenden Konsequenzen rechnen: …“ Auch dies ist manchmal eine angemessene Reaktion.

 

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