Fallendes Kunststoffgranulat

Recyclass startet ein neues Zertifizierungssystem. (Bild: fotos4u – AdobeStock)

  • Oberflächeneigenschaften von Schüttgütern sind entscheidend für deren Fließfähigkeit und Staubanfälligkeit.
  • Mit geeigneten Hilfsmitteln lassen sich die relevanten Kohäsionskräfte so beeinflussen, dass freifließende und staubfreie Schüttgüter entstehen.
  • Das Aufbringen von Hilfsmitteln zur Modifikation der Schüttguteigenschaften erfordert geeignete Mischwerkzeuge. Horizontalmischer mit beheizter Ummantelung sind hier gut geeignet.

Diese werden wiederum in großem Maße von den Oberflächeneigenschaften des Produkts bestimmt. Daher ist es möglich, das Materialverhalten durch Oberflächenmodifikationen zu beeinflussen.

Alles fließt

Will man Schüttgüter aus einem Silo entleeren, klingt das erst einmal nach einer relativ simplen Angelegenheit. Hat man es jedoch mit einem Produkt zu tun, das schlecht fließt, wird das Ganze schnell zu einer schwierigen Aufgabe. Hier ist es sinnvoll, bereits im Vorfeld die Fließfähigkeit des Produkts zu verbessern. Da verschiedene Arten von Adhäsionskräften für das Verhalten von Schüttgütern relevant sind, gilt es zunächst, die dominierende Kraft zu untersuchen.

Es lässt sich in Kräfte mit und ohne Materialbrücke unterscheiden, welche in unterschiedlichen Kombinationen und Ausprägungen vorhanden sein können. Die Kräfte mit Materialbrücke sind dabei wesentlich stärker und stabiler als die Kräfte ohne Materialbrücke. Von daher empfiehlt sich besonders die Behandlung von Produkten, auf die vornehmlich Kräfte ohne Materialbrücke wie die Van-der-Waals-Kraft wirken.

Betrachtet man die Van-der-Waals-Kraft zwischen zwei starren, ebenen Flächen in Kontakt, ist die Kraft proportional zur Kontaktfläche und umgekehrt proportional zur dritten Potenz des Kontaktabstandes. Der Kontaktabstand liegt gewöhnlich im Bereich von einigen Angström, doch ein geringfügiger Anstieg des Abstandes verringert die Kohäsionskraft signifikant. Folglich ist die Erhöhung des Kontaktabstands eine geeignete Maßnahme zur Herstellung von Fließfähigkeit. Dazu wird eine gewisse Menge an Fließmittel in das Produkt eingebracht.

Abhängig von der Eigenschaft des Produkts kann die Wahl dieses Fließmittels variieren. Zwei Anwendungsfälle sollen dies verdeutlichen: Produkt A ist ein steifes, mineralisches Pulver mit einer mittleren Partikelgröße von etwa 50 μm. Der Feuchtigkeitsgehalt ist sehr gering, sodass die Kohäsionskräfte mit Materialbrücke nicht relevant sind. Als Fließmittel kommt hier Polyalkohol zum Einsatz. Die OH-Gruppen des Polyalkoholmoleküls weisen eine hohe Bindung zur Partikeloberfläche auf. Der hydrophobe Teil des Moleküls steht aus der Oberfläche heraus und verhindert, dass benachbarte Partikel in direkten Kontakt miteinander kommen. Die Polyalkoholmoleküle sind klein, gewöhnlich zwischen 100 und 200 Dalton, jedoch reduziert bei steifen Teilchen bereits ein geringfügig größerer Kontaktabstand die Kohäsionskräfte deutlich.

Eine Frage der Dosierung

Neben der Art des Fließmittels hat auch dessen Dosierung einen entscheidenden Anteil an der Herstellung von Fließfähigkeit. In diesem Fall reicht eine sehr geringe Menge des Fließmittels im Verhältnis von wenigen Prozent zur Partikeloberfläche aus. Eine Überdosierung würde hingegen zum Aufbau von Flüssigkeitsbrücken zwischen den Partikeln führen, welche die Kohäsionskraft drastisch erhöhen.

Die Verteilung des Fließmittels auf die Partikeloberfläche lässt sich in einem Dreiphasendiagramm (Abbildung 2) darstellen, in dem die Fließmittelmoleküle in der flüssigen Phase, in der Gasphase oder adsorbiert an den Partikeln (der Adsorbatphase) vorliegen. Dabei tragen ausschließlich die Moleküle in der Adsorbatphase zur Verringerung der Kohäsionskraft bei. Wird das Fließmittel wie üblich als Flüssigkeit zugegeben, muss es in die Adsorbatphase transportiert werden: durch Scherung zwischen den Partikeln sowie durch Verdampfen und anschließende Adsorption aus der Gasphase. Aufgrund der starken Wechselwirkung mit der Teilchen­oberfläche sind dünne Flüssigkeitsschichten in der Größenordnung von wenigen Angström auf der Teilchen­oberfläche immer sehr viskos, allein durch Scherung ist es schwierig, das Fließmittel von der flüssigen Phase in die Adsorbatphase zu transportieren. Der Weg durch die Gasphase ist also am wichtigsten.

Allgemein sind große Moleküle für diesen Zweck gut geeignet, da sie einen großen Abstand zwischen den Partikeln herstellen können. Das bedeutet aber auch, dass Fließmittel wie Polyalkohol mit hohem Molekulargewicht einen geringeren Dampfdruck als Stoffe mit niedrigem Molekulargewicht bei einem bestimmten Temperaturniveau besitzen. Sie erfordern eine höhere Behandlungstemperatur und intensiveres Mischen, um ihre Wirkung entfalten zu können. Horizontalmischer mit beheizter Ummantelung wie die Serien HTC (Batch) und HTK (kontinuierlich) von AVA haben sich in der Praxis als sehr gut geeignet für diese Aufgabenstellung erwiesen.

Das zweite Beispiel zeigt die Behandlung von Polymerpartikeln. Diese neigen aufgrund ihres viskoelastischen Verhaltens dazu, aneinander zu haften. Unter dem Druck ihres Gewichts und der Adhäsionskraft zwischen zwei Partikeln verformen sich die Partikel, was die Kontaktfläche stetig vergrößert. Die Van-der-Waals-Kraft nimmt proportional zur Kontaktfläche zu und wird schließlich makroskopisch messbar.

Das Produkt in diesem Beispiel ist ein Elastomer in Millimetergröße. Wird es in einen Sack gefüllt, klebt das Produkt zusammen und bildet Klumpen. Daher ist ein Trennmittel erforderlich. Der Polyalkohol aus dem vorangegangenen Beispiel würde hier keine Abhilfe schaffen, da die Partikelverformung den damit erreichbaren Abstand ausgleichen würde. Der in diesem Fall nötige weitaus größere Abstand zwischen den Partikeln lässt sich beispielsweise durch den Einsatz von Siliziumdioxidteilchen im Mikrometer- oder Submikrometer-Bereich erreichen. Wie im ersten Fall ist für den gewünschten Effekt eine niedrige Dosierung bei homogener Verteilung notwendig. Die Dispersion der Nanopartikel auf der Polymeroberfläche erfolgt hier in einem mechanischen Prozess. Die hierfür geforderte hohe Mischgenauigkeit lässt sich mit dem Horizontalmischer sehr gut erreichen.

CT-Trendbericht Mischer und Mischtechnik

Öl gegen Staub

Stäube bestehen aus kleinen Partikeln <10 µm, welche über einen längeren Zeitraum in der Luft verbleiben können. Diese können beim Einatmen gesundheitsschädlich sein und außerdem ein Brand- und Explosionsrisiko darstellen. Ein Weg, Staub im Produktionsprozess zu vermeiden, besteht in der Vergrößerung der Partikel, damit diese sich zügig absetzen. Häufig wird dies durch die Zugabe einer viskosen, nicht flüchtigen Flüssigkeit wie Öl erreicht. Auf diese Weise entsteht eine hochviskose Flüssigkeitsbrücke zwischen den Partikeln. Insbesondere bei kleinen Partikeln dominiert die Bindungskraft, sodass diese an den Oberflächen großer Partikel haften bleiben. Sind die Agglomerate groß genug, um schnell in der Luft zu sedimentieren, wird das Produkt staubfrei oder zumindest staubarm.

Die Menge der Flüssigkeit, die zugegeben werden muss, um ein staubfreies Endprodukt zu erhalten, lässt sich anhand der Eigenschaften des Feststoffs berechnen. Für einen signifikanten Effekt muss die Porosität in einer Packung um rund 10 % gesättigt sein. Aufgrund der relativ geringen Ölmengen, ist eine homogene Verteilung des Öls für ein gleichmäßig staubfreies Ergebnis wichtig. Dazu müssen ausreichende Scherkräfte erzeugt werden, ohne durch zu hohe mechanische Belastungen des Produkts neuen Abrieb zu erzeugen. Die Wahl der Mischintensität sowie die Auslegung der Mischwerkzeuge, die Mischgeschwindigkeit und die Mischdauer sind daher die Grundlage für eine erfolgreiche Entstaubungsaufgabe.

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