Als überwachungsbedürftig gelten in Deutschland 1,6Mio. Anlagen – vom Dampfkessel über Kompressor bis zum Tank. Auf Basis dieser Bewertung werden die von den Anlagenbetreibern ermittelten Prüffristen den zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) zur Prüfung vorgelegt. Den Rahmen für die Definition von überwachungsbedürftigen Anlagen bilden das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Das GPSG regelt den Aufbau und den Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen, die einem gewerblichen Zweck dienen und deren Betrieb eine mögliche Gefahr für Mitarbeiter darstellt. Die Betriebssicherheitsverordnung beschreibt die Anforderungen an die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Nutzung bei der Arbeit. Außerdem beinhaltet sie Vorgaben für die Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen sowie für die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes. Bei Verstößen können Betreiber oder Arbeitgeber vom Gesetzgeber persönlich haftbar gemacht werden.

Mehr Verantwortung, höhererAufwand

Die Verordnung entstand mit der Zielsetzung, Anlagenbetreibern mehr Eigenverantwortung zu übertragen. Ihre wesentlichen Inhalte sind:

  • Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsmitteln (vom Arbeitgeber eingesetzt)
  • Erstellen eines Explosionsschutzdokumentes;
  • Festlegen der Prüffristen überwachungsbedürftiger Anlagen auf Basis einer sicherheitstechnischen Bewertung;
  • Beachten der Höchstfristen bei Anlagen mit hohem Gefährdungspotenzial nach BetrSichV;
  • keine Zulassung von Überziehungsfristen;
  • Prüfpflicht für Gesamtanlagen und Anlagenteile;
  • Mitteilung der festgesetzten Prüffristen für Neuanlagen innerhalb von sechs Monaten nach Inbetriebnahme an die Behörde;
  • Anwendung der Betriebsvorschriften der BetrSichV für bereits bestehende Anlagen ab dem 1. Januar 2008;
  • regelmäßige Prüfung von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen durch befähigte Personen oder ZÜS ohne Ausnahmeregelung;
  • Berücksichtigung des elektrischen und des mechanischen Explosionsschutzes bei Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen.

Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet die mit der neuen Betriebssicherheitsverordnung einhergehende Eigenverantwortung deutlich mehr Aufwand. Insbesondere die ordnungsgemäße Beurteilung der Gefährdungspotenziale und die Aufstellung des umfangreichen Explosionsschutzdokuments ist zumeist nur mit Unterstützung von Dienstleistern zu bewerkstelligen.

Gemäß Betriebssicherheitsverordnung ist der Arbeitgeber oder Anlagenbetreiber verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung und gegebenenfalls eine sicherheitstechnische Bewertung der vom Arbeitnehmer verwendeten betriebseigenen Arbeitsmittel zu erstellen. Das Explosionsschutzdokument fasst zudem die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung unter Einbeziehen der Schutzmaßnahmen und der Zoneneinteilung für explosionsgefährdete Bereiche zusammen.
Laut der Technischen Richtlinie Betriebssicherheit 1203 dürfen Anlagen mit einem geringen Gefährdungspotenzial von befähigten Personen überprüft werden, solche mit hohem Gefährdungspotenzial sind ausschließlich von zugelassenen Überwachungsstellen zu prüfen. Die Definition der befähigten Personen entspricht der Qualifikation eines Sachkundigen gemäß §32 Druckbehälterverordnung nach bisherigem Sprachgebrauch.
Anlagen, die seither der Verordnung über elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen unterlagen, mussten alle drei Jahre von Fachkräften überprüft werden. Sofern die entsprechende Anlage unter ständiger Aufsicht eines Ingenieurs stand, konnte das Prüfintervall verlängert werden. Nun schreibt die BetrSichV ein verbindliches Prüfintervall von drei Jahren vor. Dabei gilt es sowohl den mechanischen als auch den elektrischen Explosionsschutz zu beachten.

Liberalisierung des Prüfmarktes bald Realität

In Deutschland wird die Liberalisierung des Prüfmarktes in zwei Phasen umgesetzt. Bereits seit Anfang 2006 dürfen zugelassene Überwachungsstellen (ZÜS) alle neuen Anlagen prüfen, die gemäß Geräte- und Produktsicherheitsgesetz und dementsprechend mit CE-Kennzeichnung hergestellt und vertrieben werden. Von 1. Januar 2008 an fällt auch die letzte Einschränkung, und die Zugelassenen Überwachungsstellen können auch wiederkehrende Prüfungen an bestehenden Systemen vornehmen.

Nach gründlicher Überprüfung akkreditierte die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) eine Auswahl an Dienstleistern als Zugelassene Überwachungsstelle. In einem zweiten Verfahren wurden die ZÜS durch die Bundesländer anerkannt. Dekra hat in allen Bundesländern eine Anerkennung für sämtliche überwachungsbedürftige Anlagen erhalten. Deren Zahl liegt in Deutschland bei etwa 1,6Mio., das Umsatzvolumen für wiederkehrende technische Prüfungen an überwachungsbedürftigen Anlagen schätzen Experten auf 330Mio. Euro. Zu den überwachungsbedürftigen Anlagen gehören:

  • Abscheideanlagen für Leichtflüssigkeiten,
  • Acetylenanlagen und Calciumcarbidlager,
  • Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen,
  • Anlagen zum Abfüllen von verdichteten, verflüssigten oder unter Druck gelösten Gasen,
  • Anlagen zur Abwasserbehandlung,
  • Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Befördern von brennbaren Flüssigkeiten,
  • Aufzugsanlagen,
  • Dampfkessel- und Druckbehälteranlagen,
  • elektrotechnische Einrichtungen oder Einrichtungen zur Stromversorgung sowie
  • Leitungen unter innerem Überdruck für brennbare, ätzende oder giftige Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten.

Die Prüfintervalle für diese Anlagen betragen beispielsweise sechs Monate für Dampfkesselanlagen und bis zu zehn Jahre für Kompressoren je nach Art der Prüfung. Ausschlaggebend für die Häufigkeit der Prüfungen ist das Einschätzen des Gefahrenpotenzials durch den Betreiber anhand der gesetzlichen Vorgaben.

Schwachstellenanalyse kannAnlagenverfügbarkeit erhöhen

Um die neuen Freiheiten beim Festlegen der Prüffristen wirtschaftlich umzusetzen, haben die Prüfdienstleister intelligente Prüfverfahren entwickelt, wie beispielsweise die Risk-Based Inspection (RBI). Grundlage der Methode ist die Schwachstellenanalyse statischer Ausrüstungen, also beispielsweise von Tanks, Behältern oder Rohrleitungen.

Schon heute wird RBI zur Flexibilisierung der Prüffristen eingesetzt. Dabei werden interne Tests bei einem geplanten Anlagenstillstand durchgeführt und somit nur noch die absolut notwendigen Prüfungen realisiert. Das führt im Idealfall zur Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit. Darüber hinaus verbessert die Methode die Sicherheit der Anlage.

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