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Die 75 Unternehmen im Industriepark Kalle-Albert brauchen viel Druckluft. (Bild: Infraserv Wiesbaden)

  • Die in Turboverdichtern hergestellte Druckluft ist wesentlich für zahlreiche Produktionsbetriebe im Industriepark, da sie beispielsweise für die mechanische Steuerung großer Produktionsanlagen eingesetzt wird.
  • Um die Kühlwasserversorgung der Verdichter jederzeit sicherzustellen, setzt der Industriepark-Betreiber Infraserv Wiesbaden auf die vorausschauende Wartung der Kühlwasser-Pumpen.
  • Durch das eingesetzte Sensorik-Tool und die Zusammenarbeit mit dem Hersteller KSB ließ sich Ende 2019 bereits ein ungeplanter Ausfall einer solchen Pumpe verhindern.

Im Industriepark Kalle-Albert gehen rund 6.000 Menschen in 75 unterschiedlichen Unternehmen ihrer Arbeit nach. Für deren Versorgung mit dem unverzichtbaren Energieträger Druckluft ist die Betreibergesellschaft Infraserv Wiesbaden (ISW) zuständig. Die Druckluftversorgung ist so wesentlich, da sie beispielsweise für die mechanische Steuerung großer Produktionsanlagen zum Einsatz kommt – insbesondere auch in sensiblen Bereichen, wo aus Sicherheitsgründen eine elektrische Anlagensteuerung ausgeschlossen ist. Darüber hinaus benötigt auch die Betreibergesellschaft selbst für den Standortbetrieb große Mengen Druckluft, etwa für die Stickstofferzeugung oder die Werkstätten der Tochtergesellschaft ISW-Technik.

Vier Turboverdichter sorgen für viel Abwärme

Die Druckluftversorgung im Industriepark wird in einem speziellen Technikgebäude über insgesamt vier Turboverdichter gesteuert. Diese liefern rund um die Uhr im Durchschnitt 22.000 m³/h Druckluft mit 5 bar Überdruck – pro Jahr summiert sich dies auf etwa 200 Mio. m³. Die vier Maschinen erzeugen im Betrieb erhebliche Abwärme und sind zur Begrenzung ihrer Betriebstemperatur mit einem Kühlsystem verbunden.

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Für die Kühlwasser-Versorgung der Turboverdichter kommen zwei Pumpen mit aufmontierter Überwachung zum Einsatz.

Für die Kühlwasserversorgung hat der Betreiber 2015 zwei Pumpen der Produktklasse Etanorm des Herstellers KSB installiert. Diese arbeiten im Redundanzbetrieb, das heißt, sie sind parallel geschaltet, um beim Ausfall einer Pumpe die Versorgung durch das Zweitgerät sicherzustellen. Beide Maschinen sind mit dem KSB Guard ausgestattet – einem etwa handygroßen Sensorik-Tool zur Pumpenüberwachung, die Predictive Maintenance ermöglicht. Vernetzte Sensoren überwachen Schwingung und Temperatur direkt an der Pumpe und sammeln diese Zustandsdaten. Das Tool erkennt heraufziehende Veränderungen der gesammelten Daten und meldet diese digital.

Ein praktisches Beispiel für Predictive Maintenance

Über das Tool haben sowohl die Produktionsleitung vor Ort als auch Techniker des Herstellers die Leistungs- und Zustandsdaten der Pumpen wie Temperatur, Schwingungen und Lastzustand jederzeit im Blick. Das zeigte sich auch in einem praktischen Beispiel im Oktober 2019: Dort wurde an einer der Pumpen eine Abweichung zum Normalbetrieb gemeldet. Die Spezialisten der ISW-Technik identifizierten einen sich anbahnenden Lagerschaden – eine Verschleißerscheinung, die je nach Beanspruchung der Pumpe in unterschiedlichen Zyklen einen Lageraustausch erforderlich macht.

Die Techniker waren aufgrund der Meldung in der Lage, zu unkritischen Zeiten eine gezielte Instandhaltungsmaßnahme einzuleiten. So konnte ein spontaner Ausfall der Anlage mit ungeplanten Stillstandzeiten und möglicherweise sogar weiterreichenden Betriebsschäden verhindert werden.

Vorbeugende Instandhaltung ist sicherer als Redundanz

Referenz Wasserwerk Stadtlohn

Das Sensorik-Tool misst Zustandsdaten der Pumpe und meldet Anomalien digital.

Beim plötzlichen Ausfall der Pumpe wäre zwar die Zweitpumpe angesprungen, um die Druckluftproduktion störungsfrei aufrechtzuerhalten. Eine gezielte Maßnahme der vorausschauenden Wartung birgt dennoch enorme Vorteile gegenüber einem spontanen, nicht vorgeplanten Schadensmanagement. Insgesamt erhöht sich nicht zuletzt die Sicherheit und Verfügbarkeit der Energieversorgung im Industriepark.

Geplant ist jetzt, diese Technologie der vorausschauenden Wartung im Laufe der nächsten Monate auf die nächste Stufe der Digitalisierung zu heben: die Zustandsüberwachung soll zukünftig über die IoT-Plattform KI Konzept automatisiert erfolgen. Bereits heute ist die Verbindung zu KSB Guard technisch realisiert, und die Pumpendaten werden – neben weiteren Anlagen- und Prozessdaten – auf der IoT-Plattform permanent auf Unregelmäßigkeiten hin analysiert und der aktuelle Zustand in Echtzeit visualisiert.

Vorausschauende Wartung für Standort­unternehmen und andere Anwender

Die Betreibergesellschaft ISW hat das Tool mittlerweile auch bei anderen Unternehmen im Industriepark installiert. Die Unternehmensgruppe verfolgt das Ziel, fortlaufend neue digitale Angebote für den modernen Maschinen- und Anlagenbetrieb zu entwickeln, um den Anwendern den größtmöglichen Mehrwert zu liefern. Bevorzugt geschieht diese Entwicklungsarbeit in Kollaboration mit externen Partnern, wobei die IoT-Plattform KI Konzept auch in dieser Hinsicht ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Vom Komponentenhersteller bis hin zum Datenanalysten können darauf alle Prozessbeteiligten zusammenarbeiten.

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Darstellung der Schwingungsmessung an der betroffenen Pumpe: Die grüne Kurve steht für eine Schwingung in radialer Richtung – ab Anfang November wurden hier grenzwertige Anomalien digital gemeldet.

Auch insgesamt verfolgt der Konzern unter dem Produktnamen KI Konzept seit einigen Jahren das Ziel, sich für Standort- und Mittelstandsunternehmen in der Region Rhein-Main als Pioniere der digitalen Transformation in der Instandhaltung und Prozesssteuerung zu etablieren. Auf diesem Strategiepfad in Richtung Industrie 4.0 wurden im Leistungsportfolio des Technikdienstleisters bereits erste innovative Technologien für die digitale Zustandsüberwachung (Condition Monitoring) von Maschinen und Anlagen und darauf aufsetzende, intelligente Wartungs- und Instandhaltungsprozesse – also „Smart Maintenance“ – etabliert.

 

Digitalisierungskonzept im Industriepark

Die vernetzte und computergesteuerte Wartung und Instandhaltung von Maschinen und Anlagen ist nur ein Beispiel für die „Digitalisierung“ im Industriepark Kalle-Albert. Die ISW-Technik will darüber hinaus auch eine beschleunigte und bessere Kommunikation mit den Standortunternehmen und anderen Anwendern erreichen. Diesen können standardisierte, grafisch aufbereitete Anlagenzustandsberichte per Mausklick übermittelt werden.

Perspektivisch geht es dann auch um die digital gestützte Optimierung von hoch-komplexen Produktionsabläufen, bei denen unterschiedlichste Komponenten und Anlagen ineinandergreifen. Durch deren digitale Vernetzung und zusätzliche smarte Algorithmen lassen sich diese Prozesse auf sogenannten IoT-Computerplattformen nachbilden und mit selbstlernender Software verbessern – „Internet of Things“ (IoT), „Künstliche Intelligenz“ (KI), „Maschine Learning“ und „Digitaler Zwilling“ sind Stichworte hierfür.

Ein erstes Pilotprojekt wird derzeit mit dem Ventilhersteller Samson im Rahmen einer strategischen Entwicklungskooperation betrieben. Dabei geht es darum, die Prozesse der biologischen Wasseraufbereitungsanlage im Industriepark Kalle-Albert hinsichtlich Effizienz und Kosten weiter zu optimieren. Ein anderes Beispiel für die Umsetzung der Digitalstrategie ist eine F&E-Kooperation des Technikdienstleisters im Industriepark mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Darmstadt (Fraunhofer LBF) zur Analyse und vorausschauenden Erkennung von Rissbildungen in Maschinengehäusen.

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