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1. Die Recyclingfähigkeit von Verpackungen hängt in hohem Maße von deren Restentleerbarkeit ab. (Bild: OBprod – AdobeStock)

  • Bis 2030 sollen in der EU alle Verpackungen recyclingfähig gestaltet sein.
  • Die Restentleerbarkeit ist auch ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Recyclingfähigkeit von Verpa­ckungen.
  • Zur Bestimmung der Restentleerbarkeit von Verpackungen oder Behältern wurde eine Prüfmethode mit Prüfkriterien entwickelt.

Der Begriff „Circular Economy“ ist in aller Munde. Viele werden sagen: Das ist doch lediglich die englische Übersetzung von „Kreislaufwirtschaft“, also vermehrtes Recycling. Doch „Circular Economy“ ist weit mehr als reines Recycling und fängt schon bei der Produktentwicklung an. Produkte müssen umgestaltet, teilweise neu entwickelt werden im Sinne des „Cradle-to-Cradle“-Prinzips, damit sie kreislauffähig sind. Der Dialog und die Zusammenarbeit aller Beteiligten innerhalb der Lieferkette ist wichtig.

Besonders bei Produkten wie Verpackungen, die meist nur kurzzeitig in Gebrauch sind und dann entsorgt werden, spielt die Produktgestaltung eine besonders wichtige Rolle. Die Kunststoffrecycling-Unternehmen, die im bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. sowie dem BDE-Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. organisiert sind, fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme eine konkrete Mitwirkung der Packmittelindustrie, des Handels und der Abfüller hinsichtlich einer weitreichenden Standardisierung bei Verpackungskunststoffen. Nur ein qualitätsgetriebenes Recycling werde wirklich nachhaltig funktionieren. Dies erfordere zusätzliche Anstrengungen nicht nur der Recyclingunternehmen, sondern auch aller dualen Systeme, der zentralen Stelle, der Abfüller, Verpackungsdesigner, Einzelhändler und der Markenartikelindustrie. Unter anderem fordert die Entsorgungswirtschaft die

  • Verbesserung der Qualität der Sammelmengen,
  • Reduzierung der Materialvielfalt und unnötige Einfärbungen und Bedruckungen,
  • verbesserte Verpackungsgestaltung und weitestgehende Füllgutentnahme (Restentleerbarkeit).

Was bedeutet „restentleert“?

Seit der 1998 novellierten Verpackungsverordnung (VerpackV) fallen auch Gefahrstoffverpackungen unter den Geltungsbereich der Verordnung. Definiert wurden in § 3 Abs. 7 sogenannte schadstoffhaltige Füllgüter. Die Definition orientiert sich an den einschlägigen chemikalienrechtlichen Bestimmungen wie z. B. der Chemikalienverbotsverordnung (Selbstbedienungsverbot) sowie der CLP-Verordnung. § 8 VerpackV formuliert Rücknahmepflichten für restentleerte Verpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter. Durch Entfernen des Füllgutes bis auf die unvermeidbaren Wand- und Bodenanhaftungen soll im Rahmen des Vorsorgeprinzips das Gefährdungspotenzial bei der Erfassung und Verwertung derartiger Verpackungen nach Gebrauch reduziert und damit der Arbeitsschutz beim Umgang verbessert werden.

Doch was bedeutet „restentleert“? Begriffe wie „tropffrei“ klingen auf den ersten Blick nachvollziehbar, sind aber letztendlich unpräzise. Wann ist eine Öldose tropffrei, nach fünf Minuten, fünf Stunden oder fünf Jahren? Wird sie jemals tropffrei restentleert werden können?

Der Verordnungsgeber hat es sich einfach gemacht. Er „definiert“ in § 3 Abs. 6 VerpackV „restentleert“ als „bestimmungsgemäß ausgeschöpft“ – ein unbestimmter Rechtsbegriff. Im Rahmen mehrerer Gutachten wurden insgesamt über 2.500 Druckgaspackungen für Polyurethanschaum (PU-Schaumdosen) aus dem Rücklauf der Sammellogistik der PDR Recycling GmbH für Restinhalts- und Restdruckmessungen untersucht. Die PDR betreibt im oberfränkischen Thurnau seit 1993 eine hochmoderne Anlage zum hochwertigen Recycling dieser Verpackungen.
Die Ergebnisse von ca. 1.500 Dosen für einkomponentige und zweikomponentige Bauschäume zeigen, dass etwa 15 % der Verpackungen mit Restinhalten von 200 g und mehr in die Entsorgung gelangen. Ursache für diese Restinhalte ist das Verkleben des Entnahmeventils (beispielsweise bei einer Arbeitsunterbrechung), sodass keine weitere Füllgutentnahme erfolgen kann. Da es sich bei Druckgaspackungen um nicht einsehbare oder gar zu öffnende Verpackungen handelt, hat der Endver-braucher keine Möglichkeit zur Kontrolle.

Gemäß Definition in der Verpackungsverordnung wurde der Inhalt der Verpackung durch den Endverbraucher zwar „bestimmungsgemäß ausgeschöpft“, derartig entleerte Verpackungen können wohl kaum als restentleert bezeichnet werden, spiegeln aber das Verbraucherverhalten in der Praxis wider. Anders stellt sich die Situation dar bei offen zugänglichen und einsehbaren Verpackungen. Hier hat der Endverbraucher sehr wohl die Möglichkeit, sich über den Entleerungsgrad Klarheit zu verschaffen, vorausgesetzt die Verpackung ist auch aufgrund ihrer Gestaltung restentleerbar.

Restentleerbarkeit ist wichtiges Kriterium für die Recyclingfähigkeit

Neben der Reduzierung des Gefährdungspotenzials bei der Erfassung und Verwertung der Verpackungen ist die Restentleerbarkeit auch ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen.Füllgutreste stören oder behindern eine stoffliche Ver-wertung oder machen sie unwirtschaftlich. Welcher Verwerter hat schon Interesse am Recycling einer Verpackung, wenn er ein Vielfaches des Leergewichtes der Verpackung an Restinhalt auf seine Kosten entsorgen muss? So wundert es nicht, dass viele Verkaufsverpackungen energetisch verwertet werden. Dies ist zum einen Vernichtung wertvoller Ressourcen. Andererseits trägt die Verbrennung von Verpackungen zu den Treibhausgas-Emissionen bei.

Zur Bestimmung der Restentleerbarkeit von Verpackungen (oder auch Behältern) wurde eine Prüfmethode mit Prüfkriterien entwickelt. Zur Festlegung dieser Kriterien wurden im Vorfeld umfangreiche Versuchsserien mit verschiedenen Verpackungstypen und mit Füllgütern unterschiedlicher rheologischer Eigenschaften und unterschiedlichem Haftvermögen durchgeführt. Für die Untersuchung von Kanistern und ähnlichen Verpackungen wurde ein Prüfgerät geschaffen. Mit dieser Vorrichtung kann die Verpackung in eine definierte Entleerposition gebracht werden, sodass die Versuche unter repräsentativen Bedingungen erfolgen.

Leider ist eine Vielzahl von Verpackungen nicht entleerungsfreundlich gestaltet. Hier besteht Handlungsdruck, der sich aufgrund der Vorgaben der EU-Kommission zum Verpackungsrecycling verschärfen wird. Bei Verbundkartonverpackungen bilden die Verschlüsse eine Barriere, sodass vermeidbare Füllgutreste in der Verpackung verbleiben. Im Innenbereich positionierte Passer oder Profilierungen an Wandungen oder Böden verhindern eine weitestgehende Füllgutentnahme.

Dass die Herstellung derartiger Verpackungen möglich ist, zeigen die folgenden Beispiele. Durch Optimierung des Schulterbereiches und der Mündung bei Kanistern konnte der aufgrund von Wand und Bodenanhaftungen verbleibende Füllgutrest um 70 % verringert werden (Bild 3). Positive Beispiele für restentleerbare Verpackungen sind auch Standbeutel. Auch Verpackungen für Zahnpasta können so konzipiert werden, dass das Füllgut weitestgehend entnommen werden kann.

Im Rahmen des Projektes „Empty Pack“ hat das Fraunhofer Institut IVV die Verringerung der Hafteigenschaften von Füllgütern durch Plasmabeschichtung der Innenwände von Verpackungen untersucht. Dies ist sicherlich ein wichtiger Beitrag zur Entleerung von Verpackungen. Aber das abgetrennte Füllgut muss auch aus der Verpackung entfernt werden können. Dies erfordert die entleerungsfreundliche Gestaltung der Verpackung.

Bis 2030 sollen alle Verpackungen recyclingfähig sein

Die EU-Kommission hat mit ihrer am 16.01.2018 veröffentlichten Strategie zur Verwertung von Kunststoffen anspruchsvolle Verwertungsquoten festgeschrieben. Bis zum Jahre 2030 sollen alle Verpackungen recyclingfähig gestaltet sein. Neben der Reduzierung der Materialvielfalt und der Vermeidung von nicht trennbaren Material-verbunden ist die Restentleerbarkeit ein wichtiges Kriterien für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen. Die weitestgehende Entnahme des Füllgutes durch den Endverbraucher ist auch aus Gründen des Ressourcenschutzes geboten. Füllgutreste erschweren die stoffliche Verwertung bzw. machen sie unwirtschaftlich.

Viele Verpackungen sind aufgrund ihrer derzeitigen Gestaltung nicht restentleerbar. Hier sind nicht nur die Verpackungshersteller gefordert. Restentleerbarkeit als Beitrag zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen ist eine Querschnittsaufgabe aller Beteiligten innerhalb der Lieferkette (z. B. auch Marketing oder Abfüller). Die Herstellung restentleerbarer Verpackungen ist grundsätzlich möglich, wie die Beispiele gezeigt haben. Zur Prüfung und Bewertung der Restentleerbarkeit von Verpackungen wurde eine Prüfmethode mit entsprechenden Prüfkriterien entwickelt. Mit Hilfe des vorgestellten Prüfgerätes können bestimmte Verpackungen (z. B. Kanister) unter definierten Bedingungen geprüft werden. Außerdem liefert das Gerät bei der Verpackungsentwicklung wertvolle Hinweise auf Änderungs- bzw. Optimierungsmöglichkeiten.

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