Die Resonanzanregung mechanischer Strukturen durch Ultraschallenergie wird seit vielen Jahrzehnten beim Ultraschallschweißen, Reinigen und Sieben eingesetzt. Dabei erzeugt ein Generator die Ultraschallleistung und ermittelt den Resonanzpunkt mit Hilfe von Regelparametern wie z.B. dem Phasenwinkel. Die Phasenregelung funktioniert besonders gut bei Resonanzsystemen, die eine ausgeprägte Resonanz mit einem deutlichen Phasennulldurchgang besitzen. Das ist bei einfachen Schwingsystemen wie Sonotroden und Resonanzstäben oder Rohren der Fall. Bei diesem Resonanzverfahrens muss die Frequenz des schwingenden Körpers auf das Frequenzband des Generators abgestimmt werden. Die Generatoren arbeiten üblicherweise in einem Frequenzband von ±500Hz um ihre Nominalfrequenz herum. Der schwingende Körper muss also so „getuned“ werden, dass seine Eigenfrequenz in dieses Frequenzband fällt. Das erhöht den Herstellungsaufwand der Resonatoren zusätzlich.

Bei Schwingsystemen, die mehrere Resonanzen mit hoher Bandbreite besitzen und keinen oder nur einen sehr flachen Phasennulldurchgang haben, ist die Phasenregelung nicht geeignet. Sie können mit dem Resonanzverfahren nicht mehr verlässlich angeregt werden. Solche Eigenschaften findet man z.B. bei komplexen mechanischen Strukturen wie Siebrahmen, die mit einem oder mehreren inneren Ringen gekoppelt sind. Derartige Strukturen lassen sich nicht mehr mit vertretbarem Aufwand auf einen Frequenzbereich abstimmen. Handelt es sich um Behälter, Rohre oder Plattformen, die beschallt werden sollen, dann ist eine Resonanzabstimmung der Mechanik nahezu unmöglich.

Phasenregelung fürkomplexe Systeme ungeeignet

Für diese Anwendungen ist es sinnvoller, die Phasenregelung zu verlassen und nach einem robusteren Anregungsprinzip zu suchen, das kein „Tuning“ des zu beschallenden Körpers erfordert. Das „No Tune“ – Verfahren bietet hier eine einfache und effiziente Lösung: Es genügt, den Ultraschallkonverter an eine mechanische Struktur über eine M8-Verschraubung anzubringen. Der Generator wird dann die Struktur zu Ultraschallschwingungen anregen, ohne dass die Struktur selbst verändert oder angepasst werden muss. Das ist möglich, weil das Verfahren auf dem Prinzip der erzwungenen Schwingung beruht. Dadurch ergibt sich die resultierende Schwingungsamplitude aus der Reaktanz des Körpers, der beschallt werden soll, und der Amplitude des Konverters.

Da die Frequenz nicht nachgezogen wird, kann die Amplitude nicht durch temperaturabhängige Resonanzeffekte unkontrolliert anwachsen, wie das beim Resonanzverfahren der Fall ist. Damit lässt sich die Erwärmung der anzuregenden Struktur kontrollieren, weil die Schwingungsamplitude eingestellt werden kann. Das ist besonders wichtig bei Anwendungen im explosionsgeschützten Bereich oder beim Sieben von temperatursensitiven Pulvern.
Neben einer Resonanz lässt sich eine mechanische Struktur ebenso anregen wie in der Resonanz. Um bei gleicher Kontaktfläche die gleiche Leistung an das System abzugeben, muss die Anregungsamplitude entsprechend groß sein. Bei gekoppelten Systemen, z.B. beim Ultraschallsieben in Form von mehreren Schallleiterkreisen in einem Siebrahmen, kann ein Arbeitspunkt gefunden werden, der auf Grund der hohen Bandbreite solcher Systeme beide Ringe gleichzeitig anregt. Die an das System abgegebene Leistung wird dann durch die größere Anregungsfläche der gleichzeitig angeregten Ringe, die sich ergebende Schwingungsamplitude dieser Ringe und die Ausgangsamplitude und Kontaktfläche des Konverters bestimmt.

Prinzip der erzwungenen Schwingung

Ein Vorteil der erzwungenen Schwingung ist die Möglichkeit, den Konverter außerhalb der anzuregenden Struktur zu platzieren. Man führt die Ultraschallenergie dann mit Hilfe eines Stabes oder Rohres zu einem Punkt in der Struktur, an dem die Energie benötigt wird. Die Länge der Zuführung zum Verbindungspunkt muss nicht auf eine Resonanzlänge abgestimmt werden und wird nur durch die Schwächungseigenschaften des verwendeten Materials begrenzt.

Dieser Vorteil kommt unter anderem beim Sieben zum Tragen. Wird der Konverter außerhalb des Pulverflusses untergebracht, sind keine elektrischen Teile mehr in der Zone 20 zu finden. Das vereinfacht den technischen Aufwand für die Atex-Zertifizierung. Bei einem Sieb, dessen Rahmen mit einem ringförmigen Gewebeschallleiter durch vier Koppelelemente verbunden ist, wird der Schall z.B. mit einem schnabelförmig gekrümmten Schallleiter durch ein Loch im Rahmen hindurch zum Gewebeschallleiter geführt. Der Ultraschall wird vom Gewebeschallleiter auf das Siebgewebe übertragen, wodurch bei vielen Pulvern und Schüttgütern der Durchsatz gesteigert werden kann. Der Gewebeschallleiter wird in diesem Fall vertikal angeregt, eine horizontale Anregung ist aber ebenfalls möglich. Zudem kann der Schallleiter statt durch den Rahmen, auch unterhalb des Rahmens geführt werden.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit ist die Trockenreinigung von Behältern durch Ultraschall. Die Beschallung des Behälters bewirkt, dass bei glatten bzw. polierten Innenwänden anhaftendes Pulver abfließt. Bei beständiger Beschallung haften Pulverreste erst gar nicht an der inneren Behälterwand an. Dadurch lässt sich der Reinigungsaufwand beim Transport von Schüttgütern in Röhren und Behältern erheblich reduzieren. Durch die Variation der Erregerfrequenz über einen weiten Bereich wird verhindert, dass sich Schwingungsknoten ausbilden, die zu einer Agglomeration des Pulvers an diesen Stellen führen. Unabhängig davon, wofür das neue Ultraschallverfahren genutzt wird, kann ein Generator mehrere nicht miteinander gekoppelte Strukturen anregen („multipler Einsatz“). Beim Ultraschallsieben bedeutet dies, dass mit einem Generator mehrere getrennte Siebe angeregt werden können. Das intelligente Anregungsprinzip sucht den optimalen Arbeitspunkt aus dem Frequenzspektrum aller angeschlossenen Strukturen und klinkt sich an dieser Stelle ein. Sind die Strukturen unterschiedlich und haben deshalb unterschiedliche optimale Arbeitspunkte, dann kann der Generator die Anregungsfrequenz variieren und diese Arbeitspunkte überstreichen. Dadurch reduziert sich der Investitionsaufwand zum Teil erheblich. Begrenzende Größe ist hier die maximale Leistungsabgabe des Generators und Konverters.
Auch Pulverbeschichtungsanlagen eignen sich für den „multiplen Einsatz“ des Ultraschallverfahrens. So kann bei der Wiedergewinnung des Oversprays am Zyklonausgang und bei der Zudosierung von Frischpulver im Bereich des Pulverzentrums gleichzeitig mit einem Generator gesiebt werden, was den Investitionsaufwand stark reduziert.
Fazit: Ultraschall wird bei zahlreichen Verfahren wie Sieben oder Reinigen eingesetzt. Dabei müssen die schwingenden Strukturen, beispielsweise ein Sieb, bisher auf das Frequenzband des Generators abgestimmt werden. Bei komplexen Strukturen wie Siebrahmen, die mit einem oder mehreren inneren Ringen gekoppelt sind, wird das praktisch unmöglich. Ein robusteres Anregungsprinzip als die übliche Phasenregelung macht das „Tuning“ der Strukturen überflüssig.

Das „No Tune“-Verfahren beruht auf dem Prinzip der erzwungenen Schwingungen. Zu seinen Vorteilen gehört unter anderem, dass mit einem Generator mehrere Strukturen angeregt werden können. Der Ultraschallkonverter kann außerhalb der anzuregenden Struktur untergebracht werden, was für explosionsgefährdete Bereiche wichtig ist.

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