September 2014
  • Deutsche Chemie-Unternehmen investieren in die Instandhaltung ihrer Anlagen durchschnittlich 10 bis 15 Prozent der Herstellungskosten. Betreiber können hier sparen, wenn sie vermeidbare Problemfelder konsequenter beachten. Dazu gehört es auch, nicht an der falschen Stelle zu sparen: Ersatzteil-Plagiate bergen nicht selten ein hohes Ausfallrisiko.
  • Auch eine Anlage korrekt anzufahren sowie die Anlagenparameter bei einem Produktwechsel zu beachten, sind reine Know-how-Kriterien, die eine Menge Geld sparen können.

Das gilt für den Profi auf Seiten des Betreibers ebenso wie für den externen Dienstleister – nur ist letzterer zumeist auf bestimmte Gewerke spezialisiert und Tag für Tag mit deren Abweichungen vom Soll-Zustand befasst, während der interne Instandhalter sich als Generalist um das Tagesgeschäft zu kümmern hat. Er weiß was zu tun ist, um die Anlage ‚unter Dampf‘ zu halten – denn nur bei hoher Auslastung verdient sein Unternehmen auch Geld. Für Komplikationen außerhalb dieses Tagesgeschäfts steht der externe Instandhalter bereit. Viele der im Folgenden aufgeführten Optimierungsvorschläge wurden im Erfahrungsaustausch mit Betreiber-Kollegen zusammengetragen. Das ist denn auch Ziel des Beitrags: Tipps rund um den Bereich druckführender Rohrsysteme und Rohrbündel weiterzureichen.

Nicht betriebsgemäßes Fahren
Das nicht betriebsgemäße Fahren von Anlagenteilen ist immer wieder die Ausgangsbasis für Instandhaltungs- oder auch Reparaturarbeiten. „Nicht betriebsgemäß“ verfahren Betreiber häufig nach der Umstellung auf andere Produkte: Der Anwender verändert die Parameter der Produktion, ohne dabei die zulässigen Anlagen-Parameter zu beachten. Beispielsweise kommen Zusatzstoffe wie Säuren oder Laugen zum Einsatz, für die die verbauten Werkstoffe nicht konzipiert sind. Denn bei Mehrproduktanlagen sind – aus Kostengründen – häufig nicht alle Werkstoffe und Komponenten für die jeweils höchste Anforderung ausgelegt: Nehmen wir als Beispiel einen großen Wärmeübertrager mit 500 dicht verbauten Rohren auf einer Länge von 6 m. Entscheidet sich der Betreiber für einfache C-Rohre, reduzieren sich die Kosten im Vergleich zur Ausführung in Edelstahl auf 1/3 des Anschaffungspreises. Mit Blick auf die Lebensdauer – also ob sich die Mehrkosten lohnen, wenn die Edelstahlausführung lediglich eine doppelte Standzeit aufweist – fällt dann häufig die Entscheidung, die einfache Ausführung so lange zu fahren, bis es zum Schaden kommt. Ist der Wärmeübertrager dann nur an wenigen Stellen undicht, kann beispielsweise der Dienstleister Bardenhagen mit Angeboten wie Pop-A-Plug-Rohrstopfen und dem Sleeving (das hydraulische Setzen von Rohrschutzhülsen) relativ kostengünstig eine Lösung anbieten. Auch das unsachgemäße Anfahren von Anlagen entpuppt sich häufig als Schadensverursacher – beispielsweise bei Pumpanlagen. Stichwort: Inbetriebnahme einer Kreiselpumpe, ohne das Pumpengehäuse vollständig mit dem Medium zu füllen (Trockenlauf zerstört jede Gleitringdichtung), ebenso das Anfahren gegen den geschlossenen Schieber. Solche Probleme entstehen unter anderem deshalb, weil Unternehmen das Betriebspersonal aus Kostengründen immer weiter ausdünnen. Sicherheitsüberlegungen spielen ebenfalls eine Rolle: Früher hatte das Personal beim Anfahren einer Anlage noch die Gelegenheit, direkt vor Ort nach Geräuschen und Unregelmäßigkeiten zu achten und dabei Kleinigkeiten wie eine tropfende Stopfbuchse nachzuziehen – das ist heute nicht mehr zulässig.

Nicht an der Produktqualität sparen
Eine hohe Standzeit hat natürlich auch etwas mit der grundlegenden Qualität des technischen Equipments und den verwendeten Ersatzteilen zu tun. Während das beim Produkteinkauf noch vergleichsweise gut funktioniert (die meisten Anlagenbetreiber setzen hier auf deutsche Premium-Hersteller), ist die Situation bei den Ersatzteilen manchmal anders: Mit billigen Nachbauten von Kurbelwellen, Lagern, Gleitringdichtungen oder O-Ringen sparen Betreiber Kosten. Allerdings am falschen Platz, da bei solchen Plagiaten häufig nur das äußere Maß stimmt – nicht aber die Qualität des Originals. Ist beispielsweise eine Kurbelwelle aus einem minderwertig vergüteten Stahl gefertigt, kann sie bereits nach wenigen Tagen ausfallen. Der resultierende Stillstand frisst die Ersparnisse durch die Nachahmer-Ware mehr als auf.

Planung weicht von Realität ab
Selbst versierten Anlagenplanern passiert es – da soll der Instandhalter eine defekte Apparatur austauschen, doch es fehlen die notwendigen Armaturen, um diesen Austausch während des Anlagenbetriebs vornehmen zu können. Denn nicht selten zeigt eine Anlagendokumentation beispielsweise acht Armaturen, wenn real nur zwei installiert wurden. Und im Worst-case ist eine dieser beiden Armaturen zudem defekt. Was tun in solchen Fällen? Eine Lösung ist Rohrfrosten oder der Rohrverschluss mittels Line Stop (hierfür setzt der Instandhalter einen Propfen in das zu verschließende Rohr), um den Produktfluss dennoch zu stoppen. Auch die zunehmende Light-Bauweise im Stahlbau hinterlässt Spuren – beim Anfahren der Anlage kommt ein auf das Minimum reduzierter Stahlbau derart in Bewegung und Vibration, dass die begrenzte Standzeit regelrecht zu spüren ist.

Flanschen statt schweißen
Anlagenbauer verschweißen Rohrsysteme, beispielsweise in Kraftwerken oder in Anlagen mit kritischen Produkten, häufig komplett. Mit entscheidend für diese Entwicklung war auch das Verbot von Asbestdichtungen in den 1990er Jahren. Die Folgen: Mit den neuen Dichtungen und den nicht passenden Verschraubungen sowie der fehlenden Vorbereitung der Flanschflächen hatten die Betreiber über lange Zeit Probleme. Deshalb setzen Betreiber Schweißverbindungen bis heute vielfach an Stellen ein, die dem kritischen Rohrsystem nicht zugeordnet sind. Der Instandhalter muss diese Schweißverbindungen bei Reparaturen oder zum Austausch von Komponenten dann auftrennen und wieder verschweißen – das ist regelmäßig zeitaufwändiger und damit teurer als das Lösen einer Flanschverbindung. Darum sollten Betreiber die Vor- und Nachteile einer Schweißverbindung häufiger hinterfragen. Wenn es das Produkt zulässt und/oder die Temperaturen auf einem nicht zu hohen Niveau sind, reicht eine Flanschverbindung in aller Regel aus. Wie dabei vorzugehen ist, das beschreibt der VCI-Leitfaden „Montage von Flanschverbindungen in verfahrenstechnischen Anlagen“.

Zur Info: Der Störfall-Blog
Die Kommission für Anlagensicherheit (KAS) hat einen Ausschuss Ereignisauswertung (AS-ER) eingerichtet und ihn mit der Auswertung von nach Störfallverordnung nicht meldepflichtigen Ereignissen mit Gefahrstoffen beauftragt [www.infosis.uba.de]. Die aufgeführten Fälle geben gute Hinweise darauf, was schief gehen kann – und wie Betreiber dem vorbeugen können.

Einen Link zum Unternehmen finden Sie hier.

Wie das Sleeving von Wärmeübertragern und Line Stop funktionieren, lesen Sie hier.

Den VCI-Leitfaden zur Montage von Flanschverbindungen finden Sie hier.

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