März 2010
Die Roadmap als Wegweiser für Anwender und Hersteller von Sensoren und Analysetechnik. Bild: FrankU-Fotolia.com

Die Roadmap als Wegweiser für Anwender und Hersteller von Sensoren und Analysetechnik. Bild: FrankU-Fotolia.com

Die Erfahrung von Anwendern in mehr als 100 Betrieben der Chemischen Industrie flossen in die Roadmap Prozess-Sensoren 2015+ ein. Nicht nur höhere Anforderungen an vorhandene Messtechnik werden definiert, sondern auch neue Messaufgaben sind zu lösen – zum Beispiel in der inline sowie nicht-invasiven Messtechnik und der Überwachung von Bioprozessen.

Mit der Roadmap verfolgen Anwender und Hersteller das Ziel, Markt- und Technologiesicht auf Prozesse und Messmethoden wie -instrumente zusammenzubringen, den Informationsbedarf in verfahrenstechnischen Prozessen, heute und in den nächsten Jahren zu analysieren sowie Entwicklungsziele für neue Sensoren zu erarbeiten und Lösungen und deren Zeithorizonte aufzuzeigen. Die Roadmap erarbeitete der Lenkungskreis der GMA/Namur unter Mitwirkung der Unternehmen ABB, BASF, Bayer Technology Services, BIS Prozesstechnik, Endress+Hauser sowie Siemens und stellte die Ergebnisse auf der Namur Hauptsitzung im November 2009 vor.

Keine Illusionen, sondern Visionen

Wie wichtig Prozesssensoren für die Optimierung von verfahrenstechnischen Prozessen sind, wurde bereits 2005 deutlich, als die Namur gemeinsam mit dem VDI/VDE-GMA und einigen Unternehmen die erste Technologie-Roadmap veröffentlichte. Waren jedoch damals die Märkte noch im steilen Aufwärtstrend und konnten die Betreiber hohe Gewinne erzielen, so wird es angesichts der Aussichten für die kommenden Jahre immer wichtiger, Prozesse optimal zu steuern. Voraussetzung dafür sind Sensoren und eine Analysemesstechnik, die detaillierte Auskunft geben über den Prozessverlauf. Zwar meinte Dr. Gunter Kegel, Geschäftsführer von Pepperl+Fuchs, des diesjährigen Sponsors der Namur-Hauptsitzung, wer die Namur habe, brauche keine Visionen – dennoch formulieren die Autoren in den Roadmaps ihre Idealvorstellungen von Sensoren:

  • Sämtliche physikalischen und chemischen Daten aller Anlagenteile und Prozesse sind jederzeit verfügbar.
  • Die Messungen erfolgen ohne Eingriff in den Prozess.
  • Die Werte sind in Echtzeit verfügbar.
  • Idealerweise funktionieren die Sensorsysteme ohne Instandhaltung (Wartung, Kalibrierung und Justierung).
  • Die Sensorsysteme sind preiswert.
  • Die Sensoren verfügen über eine zuverlässige, einfache und nachhaltig unterstützte Schnittstelle.
  • Es erfolgt eine kontinuierliche Verbesserung der Sensoren (z. B. hinsichtlich Nachweisempfindlichkeit, Sicherheit) bei gleichzeitiger Abwärtskompatibilität.

Nutzen und Entwicklungszeit abschätzen

Für die Roadmap 2015+ wurden im Zeitraum von Dezember 2008 bis März 2009 die Mitarbeiter von mehr als 100 Betrieben befragt. Dabei wurde sowohl die Aktualität der Ergebnisse der Roadmap 2005-2015 überprüft als auch das aktuelle Verbesserungspotenzial in Bezug auf Sensortechnik abgefragt. Die Ergebnisse flossen in so genannte Roadmaps ein, die Nutzen und zeitlichen Horizont gegenüberstellen für spektroskopische Verfahren, für massenspektroskopische, chromatografische und biochemische Methoden, für physikalische und mechanische, sowie für optische und thermische Messmethoden und für Verfahren die auf Radar, Mikrowelle, Ultraschall basieren. Zudem wurden 30 Anforderungsblätter für konkrete Messaufgaben erarbeitet.

Zu den Messaufgaben wurden auch die entsprechenden Lösungen diskutiert. Die bereits 2005 am häufigsten genannten Lösungen sind folgende:

  • Inline-(NIR-)Spektroskopie
  • Echtzeit-Prozess-Gas- und Flüssigchromatografie
  • Prozess-Bio-Chromatografie
  • Prozess-Immunoassay-Analytik
  • Biochip
  • Faser-Bragg-Gitter-Anordnung sowie Nutzung des Raman-Effektes für räumlich verteilte Temperaturmessung
  • Tomografie mit Ultraschall und/oder Mikrowellen
  • Energieautonomes und drahtlos kommunizierendes Sensorelement
  • wurden ergänzt um:
  • UV/VIS-, Fluoreszenz-, NMR-, MIR-, Raman-Spektroskopie
  • Imaging: Pushbroom-Imager,
  • TModule
  • THz-Spektroskopie, Quantenkaskaden-Laser, Laserinduzierte Plasma- spektroskopie (LIBS)
  • Schnittstellen für Spektraldaten, Kalibriertransfer.

Robust und diagnosefähig sollen Sensoren sein

Zusätzlich zu den in 2005 formulierten Anforderungen rücken Robustheit und Langzeitstabilität von Sensoren in den Wunschkatalog der Anwender. Dazu gehört auch, dass Messgeräte ihren Funktionszustand selbstständig überprüfen können. So heißt es in der Roadmap: „Wesentliches Element einer optimalen Instandhaltung ist die eigene Diagnosefähigkeit des Prozess-Sensors. Die Diagnose muss den Sensorzustand vollständig erfassen und die Informationen müssen verlässlich sein, um aufwendige Inspektionen zu vermeiden. Diese Diagnoseinformation ist aber nur dann hilfreich, wenn sie auch Handlungsempfehlungen gibt oder sich klare Handlungsempfehlungen daraus ableiten lassen. Sehr hilfreich für eine optimale Wartung ist eine möglichst inhärente Diagnose, welche in die Zukunft gerichtet den Instandhaltungsbedarf meldet.“

Mangel an Bioprozess-Sensorik

Bereits 2005 wurde in der Roadmap ein Trend hin zu biotechnologischen Prozessen und ein Bedarf an entsprechender Messtechnik festgestellt. Und bislang sind die Entwicklungen für die messtechnische Überwachung von Bioprozessen noch recht dürftig. Es fehlt an ausgereifter inline und online Bio-Analytik. In der Roadmap 2015+ formulieren die Autoren zudem einen Bedarf an Einweg-Sensoren, der sich auf den Trend hin zu Einweg-Reaktoren (Disposables) gründet. Daneben stellt die Roadmap Forderungen nach geringeren Erfassungsgrenzen bei Gasmessungen und nach nicht-invasiver Sensorik für Warenlogistik auf.

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Kernthesen der Roadmap 2015+

  • Für die Sensorik wird eine höhere Robustheit und Langzeitstabilität erwartet.
  • Neue Prozess-Sensorik wird nicht nur beim Bau von Neuanlagen, sondern zunehmend auch zur Optimierung bestehender Anlagen eingesetzt.
  • Die neuen Anforderungen an die Prozess-Sensorik gehen über die Erfassung von Prozessinformationen hinaus. Auch Zwischen-und Trendinformationen zu Produkteigenschaften werden zu Regelzwecken genutzt.
  • Für spezifische Applikationen wird von der Sensorik eine höhere Genauigkeit gefordert.
  • Informationen über die räumliche Verteilung von Prozessgrößen sind nötig.
  • Grenzflächen bzw. -phasen sollen ermittelt und detektiert werden können.
  • Es gibt einen Trend zu Bioprozessen, auch für bisher konventionell chemisch hergestellte Produkte.
  • Eine prozesstaugliche Zielproteinanalyse für Bioprozesse wäre revolutionär.
  • Der Bedarf nach Prozessanalytik mit Einweg-Sensoren wächst.
  • Die zunehmende Verwendung nachwachsender oder recycelter Einsatzstoffe stellt neue Anforderungen an die Prozessmesstechnik.
  • Gaskomponenten sind mit niedrigeren Erfassungsgrenzen zu detektieren.
  • Es besteht Bedarf an nichtinvasiver Sensorik für die Warenlogistik.
  • Ein Trend zu Inline-Messungen ist deutlich erkennbar.

 

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