- Der Biochip hat sich als sehr anpassungsfähig erwiesen, was dessen Einsatz in unterschiedlichen Medien anbelangt.
- Dies gilt sowohl für die Elimination von organischen Verbindungen – gemessen als CSB – als auch für Stickstoffverbindungen.
- Allein die hier angesprochenen Eigenschaften und konkreten Betriebsergebnisse des Mutag Biochip lassen die Überlegenheit dieses Trägers im Vergleich zu seinen konventionellen Konkurrenten erkennen.
- Dies gilt gleichermaßen für die zugehörigen Systemkomponenten (Belüftung, Rückhaltevorrichtung), die die besonderen Vorteile des Biochip in optimaler Weise unterstützen.
Die besondere Wirkungsweise und die Leistungsfähigkeit des Biochip lassen sich recht gut erklären, wenn man sich an den charakteristischen Prozessbedingungen der Wirbelbettverfahren orientiert. Voraussetzung für die biologische Umsetzung von Abwasserinhaltsstoffen im Wirbelbett ist die Immobilisierung der Mikroorganismen auf der Oberfläche des Trägermaterials (carrier). Die Effektivität des biologischen Umsatzes wird dabei von der „aktiven“ Oberfläche des Trägers bestimmt. Dabei sind die folgenden Anforderungen an das Trägermaterial zu stellen: Zum einen muss ausreichend geschützte Oberfläche vorhanden sein, so dass sich die Mikroorganismen in diesen Bereichen halten und vermehren können, zum anderen ist ein maximaler Stoffaustausch – Substrat, Sauerstoff, Stoffwechselprodukte – zwischen den Mikroorganismen und dem Abwasser zu realisieren. Beide Forderungen simultan zu erfüllen, lässt zunächst einen verfahrenstechnischen Widerspruch vermuten, was jedoch im Folgenden widerlegt werden kann:
Viel Oberfläche für Mikroorganismen
Zunächst der Irrtum von der Maximierung der volumetrischen Oberfläche (in m²/m³ carrier): Natürlich lassen sich Trägermaterialien mit extrem hoher Porosität herstellen; es ist jedoch ebenso Fakt, dass diese Poren als potenzielle Besiedlungsfläche für die Mikroorganismen zugänglich sein müssen. Es ist nachvollziehbar, dass dies für Hohlräume im Inneren eines Trägers wohl kaum möglich ist. Wenn, wie oft üblich, die Umsatzleistung mit der Porosität korreliert wird, stellt dies eine fatale Verzerrung der tatsächlichen Verhältnisse dar.
Beim Biochip ist dies anders: Hier stellt ein relativ dünner und weitgehend offener Träger eine extrem hohe Oberfläche zur Verfügung, in der die Mikroorganismen in geschützten Poren siedeln können, dabei aber immer noch mit dem sie umgebenen Fluid, also dem Abwasser, in intensivem Kontakt stehen. In Folge kann eine optimale Versorgung der Mikroorganismen mit Nährstoffen und ein effizienter Abtransport der Stoffwechselprodukte erreicht werden, wodurch sich die Effektivität und die hohe Abbauleistung, zumindest zum Teil, erklärt. In Zahlen: Die aktive Oberfläche des Biochip beträgt mehr als 3000m²/m³.
Nächster Punkt: die Limitierung des biologischen Umsatzes durch „dicke“ Biofilme, durch Verschleimung und durch nicht biologische Verunreinigungen. Selbst unter der Voraussetzung, dass sich eine hohe mikrobielle Populationsdichte auf einem Träger etablieren kann, kommt es bei ungeeigneter Struktur bzw. Geometrie des Trägers zur Verminderung des Stofftransportes in die tieferen Schichten des Biofilms. Folglich nimmt die Abbauleistung des immobilisierten biologischen Systems mit laufender Betriebszeit kontinuierlich ab. Die Folgen der Trägerverblockung sind leicht vorstellbar. Die Gegenmaßnahme ist dabei recht einfach. Die besondere Geometrie des Biochip macht es möglich, die an der Oberfläche wirkenden hydraulischen Scherkräfte zu intensivieren und einen Selbstreinigungsprozess in Gang zu setzen, der somit ständig für die Erneuerung der aktiven Oberfläche des Trägers sorgt. Eine Limitierung der biologischen Leistungsfähigkeit durch Stofftransport-Widerstände wird auf diese Weise wirkungsvoll unterbunden.
Strömungstechnischer Vorteil durch die Form
Probleme beim Verteilen und Einmischen des Trägers werden durch die parabolische Form vermieden. Im Hinblick auf die bereits mehrfach angesprochene Optimierung des Stoffaustausches erhielt der Biochip die Form einer parabolischen Scheibe. Diese weist zwar in strömungsmechanischer Hinsicht ein unkontrollierbares Bewegungsbild auf; dies erweist sich im vorliegenden Fall jedoch als äußerst positiv. Neben dem erhöhten Turbulenzgrad, der sich unmittelbar steigernd auf die Stoffübertragung auswirkt, wird die Beweglichkeit des einzelnen Trägers im Schwarm effektiv erhöht. Dies führt schließlich zu einer homogenen Verteilung des Trägermaterials im gesamten Reaktionsraum, so dass die Bildung sogenannter Totzonen wirkungsvoll reduziert werden kann.
Natürlicherweise erfordern theoretische Betrachtungen die Verifikation der prognostizierten Vorteile, und zwar innerhalb eines vertrauensbildenden Zeitrahmens. Bislang kann man auf dreijährige Betriebserfahrungen mit dem Biochip zurückgreifen, wobei zum Teil Anlagen im Parallelbetrieb Biochips versus konventionelle Träger gefahren werden konnten. Leider können an dieser Stelle nicht alle Betriebsergebnisse angeführt werden; das würde verständlicherweise den Rahmen sprengen. Anhand der ausgewählten Fallbeispiele ist jedoch die Leistungsfähigkeit des Biochips gut dokumentierbar. Wichtig ist, dass die hier beschriebenen Ergebnisse von grundlegender Natur sind, was deren Übertragbarkeit auf andere Abwässer bzw. Anwendungsfälle ermöglicht.
In Bezug auf den direkten Leistungsvergleich lieferte die Erweiterung einer Hochlaststufe für die Behandlung des Abwassers einer Papierfabrik wertvolle Ergebnisse. Zentrale Aufgabenstellung ist in diesem Fall das Erhöhen der Anlagenkapazität von 25000kg CSB/d auf 50000kg CSB/d und dies unter der Maßgabe, die Papierproduktion während der gesamten Baumaßnahme aufrecht zu erhalten. Aus diesem Grunde wurde folgende Vorgehensweise gewählt: Der vorhandene und mit konventionellem Trägermaterial gefüllte Hochlastreaktor wurde zunächst weiterbetrieben und parallel ein zweites baugleiches Becken errichtet. Nach Fertigstellung der maschinentechnischen Ausrüstung wurden zur ersten Orientierung rund 7% des im alten Reaktor befindlichen Trägervolumens in Form von Biochips in den neuen Hochlastreaktor eingebracht und anschließend beide Hochlaststufen mit der gleichen Abwassermenge beaufschlagt. Aufgrund der hierbei gewonnenen positiven Erkenntnisse wurde in einem zweiten Schritt die Biochip-Menge auf 11Vol-% des sonst erforderlichen Trägermaterials aufgestockt.
Wie unschwer zu erkennen ist, erreichte der Biochip-Reaktor im Anschluss die gleiche Abbauleistung wie der alte Reaktor, von einem weiteren Aufstocken der Biochip-Menge konnte daher abgesehen werden. Die nahezu 10-fach höhere Abbauleistung des Mutag-Biochip im direkten Vergleich mit konventionellem Trägermaterial wurde eindeutig und eindrucksvoll nachgewiesen. Aus dieser Kenntnis heraus und aufgrund der stabilen Betriebsergebnisse der neuen Biochip-Hochlaststufe wurde die Außerbetriebnahme und die Umrüstung des alten Reaktors vorgenommen. Mittlerweile sind beide Stufen mit der Mutag-Biochip-Technik ausgestattet und liefern sicher die geforderten Ablaufwerte. Im Hinblick auf die Dimension der gesamten Maßnahme sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass hier künftig immerhin 1000m³/h Abwasser behandelt werden und dass die Leistungssteigerung der schwachbelasteten Belebtschlamm-Biologie ebenfalls fest eingeplant ist.
Anlagen kostengünstig aufrüsten
Als zweites Beispiel und weiterer Beweis für die Leistungsfähigkeit des Verfahrens – auch für die Stickstoffelimination – sei hier dessen Einsatz in der Nitrifikationsstufe bei der Behandlung von Kokereiabwässern beschrieben. Diese gelten nicht nur als schwer behandelbar, sondern können erfahrungsgemäß nur mehrstufig biologisch abgereinigt werden. Insbesondere an die Umsatzraten werden hier besondere Anforderungen gestellt, was gerade im Hinblick auf die zu installierenden und beherrschbaren Reaktorgrößen gilt. Seit mehr als zwei Jahren befinden sich derartige Anlagen mit Biochips im Dauerbetrieb. Die größten Anlagen besitzen eine Nitrifikationsleistung von rund 100000 Einwohnergleichwerten (EWG) und 55000 EWG. Auch hier zeigt sich die Überlegenheit des Chip. Es werden konstant Abbauraten von 4 bis 5kg NH4-N je m³ Trägervolumen erreicht. Und dies sogar, obwohl die Reaktoren um den Faktor 5 kleiner als die sonst erforderlichen Belebtschlamm-Becken sind.
Selbstverständlich stand für die hier vorgestellten Projekte bereits im Planungsstadium das zukunftsorientiere Vorhalten von Kapazitätsreserven bei der Abwasserbehandlung fest, und es war zentrale Aufgabenstellung, dass dies eben ohne bauliche Veränderung und nur durch das bedarfsweise Aufstocken des Trägermaterials erfolgen sollte. Verfahrenstechnisch sind hier Grenzen gesetzt, die sich in erster Näherung auf den maximal möglichen Träger-Füllgrad reduzieren lassen. Damit ist leicht nachzuvollziehen, dass durch das Biochip-System eine annähernd 10-fach höhere Ausbaureserve im Vergleich zu konventionellen Anlagen erzielt werden kann.
Besitzer von bestehenden Anlagen mag dies in besonderer Art und Weise erfreuen: Nicht selten stehen sie vor dem Problem, dass betriebliche Erweiterungen nur bei unveränderter Schadstofffracht genehmigt werden. Durch den Einsatz des Biochip-Systems können diese Anlagen relativ einfach, schnell und kostengünstig aufgerüstet werden. Selbst wenn sie weit entfernt sind, denn auch die Transportkosten für das Trägermaterial fallen um den Faktor 10 geringer als gewöhnlich an.
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