Anlage

Die neue Anlage steht direkt gegenüber der Petersaue innerhalb der umzäunten Industrieparkgrenze am Rheinufer der Festlandseite. (Bild: Infraserv Wiesbaden)

Seit 1972 betreib Infraserv Wiesbaden (ISW) auf der Rheininsel Petersaue eine Biologische Abwasserreinigungsanlage (BARA) als wesentlichen Teil der Infrastruktur des Industrieparks. Im Reinigungsprozess fallen durchschnittlich etwa 15 m³/h Überschussschlamm an, der wegen seines geringen Trockensubstanz-Anteils von unter 5 % als „Dünnschlamm“ bezeichnet wird.

Dieser Dünnschlamm wurde in den vergangenen Jahren über eine rund 4 km lange Rohrleitung zum Wiesbadener Klärwerk gepumpt, das von den Entsorgungsbetrieben der Landeshauptstadt Wiesbaden (ELW) betrieben wird. Dort wurde der Dünnschlamm gemeinsam mit städtischen Schlammfrachten im Faulturm verwertet, entwässert und abgepresst. Der übrigbleibende Filterkuchen wurde für die thermische Verwertung zur Klärschlammverbrennungsanlage im Industriepark Frankfurt-Höchst transportiert.

Über 4 Millionen Euro investiert

ISW hat Anfang April nun ein alternatives Verfahren in Betrieb genommen, das dem Industriepark Kosteneinsparungen von jährlich etwa 0,9 Mio. Euro ermöglichen soll. Mit Blick auf die Effizienz des Gesamtverfahrens schlägt zudem positiv zu Buche, dass die energieintensive Pumpstrecke von zuvor 4 km bis zur kommunalen Anlage auf weniger als 500 m verkürzt worden ist. Der Standort der neuen Dünnschlammentwässerungsanlage und das dazugehörige Feststoffsilo befinden sich direkt gegenüber der Petersaue und der BARA innerhalb der umzäunten Industrieparkgrenze am Rheinufer der Festlandseite.

ISW hat nach eigenen Angaben etwa 4,4 Mio. Euro in die neue Anlage investiert. Der Industriepark-Betreiber konnte auch bei diesem Infrastrukturprojekt den veranschlagten Budget- und Zeitrahmen einhalten. Diese Leistung nach Plan wurde auch schon bei den letzten großen Infrastrukturprojekten an den Tag gelegt: Im Juli 2021 wurde zuletzt das neue Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD) in Vollbetrieb genommen, im April 2020 das neue Gefahrstofflager. Die Errichtung der Gesamtanlage für die neue Schlammentwässerung wurde in nur neun Monaten Bauzeit realisiert. Sämtliche behördlichen und sicherheitstechnischen Auflagen wurden erfüllt, die finale Brandschutzabnahme erfolgte Anfang März 2022.

Im Zuge der Planungs- und Umsetzungsarbeiten haben die Entsorgungsbetriebe ELW und der Industrieparkbetreiber ISW in beiderseitigem Einvernehmen vereinbart, das für den früheren Entsorgungsprozess zugrundeliegende Vertragsverhältnis mit Wirkung 1. April 2022 aufzulösen.

15.000 Tonnen Filterkuchen pro Jahr

Mehr als 20 Firmen aus unterschiedlichen Fachgewerken waren an der komplexen Projektarbeit beteiligt. Während die Gesamtprojektleitung in den Händen von ISW lag, kümmerte sich die Tochtergesellschaft ISW-Technik um die Planung und Umsetzung der Rohrleistungs- und Elektroarbeiten wie auch der Regelungs- und Verfahrenstechnik und koordinierte die Montage der Gesamtanlage.

Herzstück der neuen ISW-betriebseigenen Dünnschlammentwässerungsanlage sind zwei Dekanter mit einem Durchsatz von jeweils 10 bis 25 m³/h Dünnschlamm. Werden Fest-Flüssig-Gemische mit einem hohen Anteil an Feststoff getrennt, kommen Dekantierzentrifugen zum Einsatz. Die hohen Zentrifugalkräfte trennen aufgrund unterschiedlicher Dichten die feinen Feststoffe aus der Suspension ab. Einer der Dekanter befindet sich im Regelbetrieb, der zweite dient als Redundanzgerät für Wartungen oder bei Ausfällen des Erstgeräts.

Bei normalem Industrieparkbetrieb und durchschnittlicher Auslastung der BARA fallen mit der neuen ISW-Dünnschlammentwässerungsanlage pro Jahr etwa 15.000 t Filterkuchen an, der zunächst in einem neu errichteten Silo zwischengelagert wird. Regelmäßig werden diese Stoffe wie früher zur Klärschlamm-Verbrennungsanlage im Industriepark Höchst abtransportiert und dort thermisch entsorgt. Erst nach dieser Entwässerungsstufe per Dekanter wird der Klärschlamm als entwässerter Schlamm mit seinem deutlich höheren Feststoffanteil offiziell als „Abfall“ bezeichnet. Es handelt sich dabei gemäß offiziellen Deklarationen um „nicht gefährliches“ Material.

Das per Dekanter abgezogene Dekantat wird erneut dem Klärprozess zugeführt. Die Verfahrensänderung hat unterm Strich wenig Einfluss auf die Qualität des nach der Reinigung in den Rhein eingeleiteten Abwassers aus dem Industriepark. Die hohen Gewässer- und Umweltschutzstandards bleiben unverändert bestehen.

Rückkehr zum Eigenbetrieb nach 2006

Im Jahre 1982 war auf der Petersaue schon einmal eine erste Dünnschlammentwässerungsanlage als integraler Teil der BARA eingeweiht worden und anschließend rund 24 Jahre in Betrieb. Ab 2006 und der Realisierung einer Entsorgungsleitung zum städtischen ELW-Klärwerk wurde sie nicht mehr genutzt und in den Folgemonaten weitgehend demontiert. Nun bewerkstelligt ISW die Dünnschlammentwässerung mit einer neuen Anlage nun wieder in Eigenregie.

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