Martin Braunersreuther

Martin Braunersreuther, AWS-Vertriebsleiter und Geschäftsführer des Unternehmens GW7B: "Als neutraler Dritter können wir als Vermittler zwischen Nutzern und deren sehr unterschiedlichen Interessen auftreten."

Herr Braunersreuther, Ihr Unternehmen GW7B hat die zentrale Kläranlage im Chemiepark Schkopau erworben und die Betriebsführung an AWS übertragen. Wofür steht das Kürzel GW7B, und was macht Ihr Unternehmen in Schkopau?
Braunersreuther: GW7B steht für „Gelsenwasser 7. Beteiligungsgesellschaft“ und ist wie AWS ein Unternehmen der Gelsenwasser AG. Seit dem 1. Januar gehört uns die zentrale Kläranlage des Chemiestandortes Schkopau, und seit Juni hat AWS die vollumfängliche Verantwortung für die Betriebsführung übernommen.

Schkopau hat eine lange Tradition als Chemiestandort. Ist das von Vorteil bei der Übernahme eines großen Chemieparks?
Braunersreuther: Nicht nur Schkopau, ganz Sachsen-Anhalt hat eine große Tradition in der Produktion von Kunststoffen und Chemikalien. Bereits 1936 eröffnete die damalige I.G. Farben hier das erste Wer k. 1994 übernahm dann der amerikanische Konzern Dow Chemical den Standort und gründete die Dow Olefinverbund GmbH. So viel zur Geschichte, aber nun zu Ihrer Frage: Wenn wir eine bestehende Kläranlagen-Infrastruktur übernehmen, kommen natürlich andere Herausforderungen auf uns zu als beim Neuaufbau einer Anlage. In Schkopau zum Beispiel ging es für uns erst einmal darum, Prozesse, Technik und alle Anlagenkomponenten kennenzulernen und zu verstehen. Deshalb hat AWS die Betriebsführung für die Kläranlage, die Dow Olefinverbund in den Vorjahren betrieben hat, sukzessive übernommen. Dieser fünfmonatige Schulterblick von Januar bis Mai 2019 war enorm wichtig fürs Einarbeiten und für den reibungslosen Übergang in der Betriebsführung.

Welche generellen Trends sehen Sie in Chemieparks?
Braunersreuther: Chemieparks haben sich in den letzten Jahrzehnten sehr stark verändert. Sie können sich keine Schwerfälligkeiten mehr erlauben, sondern können und müssen sich heute schnell an die individuellen Bedürfnisse der produzierenden Firmen anpassen. Während es früher oftmals nur ein großes produzierendes Unternehmen gab, sind heute aufgrund von Umstrukturierungen und Verkäufen ganzer Produktionslinien nicht selten bis zu 50 Firmen an einem Standort. Damit verändert sich die Rolle der Infrastrukturbetreiber, weg von der Standortverwaltung hin zum modernen Servicedienstleister.

Wie ist das am Standort Schkopau?
Braunersreuther: In Schkopau haben wir 46 Kunden, zehn davon sind produzierend, die Mehrheit aber reine Serviceunternehmen. Während bei den Chemiefirmen große und komplexe Abwasserfrachten anfallen, ist es bei den anderen meist nur sanitäres Abwasser.

Warum entscheiden sich Industrie- und Chemiepark-Betreiber für eine Zusammenarbeit mit externen Unternehmen?
Braunersreuther: Da gibt es mehrere Gründe. Zum einen wissen die Betreiber, dass wir Spezialisten für netzgebundene Infrastrukturen und Abwasseraufbereitung sind. Sie schätzen unser Know-how, das wir in mehr als 100 Jahren erworben haben. Ein weiterer Grund: Als neutraler Dritter können wir als Vermittler zwischen Nutzern und deren sehr unterschiedlichen Interessen auftreten. Aber der wichtigste Grund ist wirtschaftlicher Art. Als langfristiger Partner können wir Infrastrukturen und Kläranlagen in Industrie- und Chemieparks zu deutlich attraktiveren Kosten und Konditionen betreiben als die Unternehmen selbst.

Welche Aufgaben stehen in Schkopau an?
Braunersreuther: Zum einen planen wir gemeinsam mit dem Abwasserzweckverband Merseburg, dessen kommunale Abwässer auch in Schkopau behandelt werden, die Verlängerung des Vertrags. Dann arbeiten wir aktuell am Aufbau eines eigenen Prozessleit- und Kontrollsystems. Und zu guter Letzt bauen wir das ehemalige Dow-Betriebsgebäude um. Es wird zukünftig Zentrale, Büros und Sozialräume für die AWS-Mitarbeiter beherbergen. Die Fertigstellung ist fürs erste Quartal 2020 geplant.

Kläranlage im Chemiepark Schkopau

Die IG Farben hatte schon bei der Gründung des Standortes Schkopau ein Abwassertrennsystem geplant. Zu Zeiten der DDR wurde in den 70er Jahren eine zweistufige biologische Kläranlage gebaut. Die Kapazität der Anlage lag bei 4,3 Mio. Einwohnergleichwerten – gigantisch. Was folgte, war jedoch der Niedergang des Standortes. Nach der Wende wurde er radikal zurückgefahren, Tausende Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. Dann übernahm Dow Chemical den Standort und investierte in die Sanierung und den Neubau von Abwasser- und Kanalsystemen. Die Anlage wurde auf eine Kapazität von 400.000 EGW zurückgefahren. Ab Oktober 2000 wurden auch die kommunalen Abwässer des Abwasserzweckverbands Merseburg behandelt. Dow verkaufte schließlich Produktionslinien an andere Unternehmen, außerdem 2017 die Sonderabfallverbrennungsanlagen an Suez und 2019 die Kläranlage an GW7B.

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