- Chemie- und Pharmaindustrie tragen sowohl zum Vermeiden von CO2-Emissionen als auch zu deren Verursachen bei.
- Digitale Technologien unterstützen beim Umsetzen von Klimazielen.
- ERP-Systeme helfen Unternehmen dabei, ihren Ressourcen- und Energieverbrauch zu senken.
Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat zwei Gesichter: Einerseits stellt sie Produkte her, die Treibhausgase reduzieren und Energie einsparen. Andererseits macht der CO2-Ausstoß der Branche immer noch einen großen Anteil an den Gesamtindustrie-Emissionen in Deutschland aus.
Kein Wunder also, dass das Thema Nachhaltigkeit bei Chemie und Pharma seit Jahren ganz oben auf der Agenda steht. Ein Schlüssel, um Unternehmensprozesse nachhaltig zu verändern, sind digitale Technologien. Vor allem ERP-Systeme können hier einen erheblichen Beitrag leisten.
Ein zweischneidiges Image
„Zwischen Teufelswerk und Lösungsindustrie“ – so lautete 2021 der Titel einer Studie des Rheingold-Instituts im Auftrag des Chemie-Industrieverbandes VCI und der Industriegewerkschaft IG BCE. Tenor der Ergebnisse: Bei der chemisch-pharmazeutischen Industrie sind die Menschen gespalten. Einerseits wird die Branche als Lösungsbringer für dringende Probleme wie die Corona-Pandemie oder den Klimawandel gesehen. Auf der anderen Seite ist die Chemie für viele aber auch gleichbedeutend mit Umweltverschmutzung. Das kommt nicht von ungefähr: Immerhin betrugen die CO2-Emissionen der Branche allein im Jahr 2020 rund 38,9 Mio. t.
Dieses zweischneidige Image ist nicht neu und sicherlich auch ein Grund dafür, dass die Industrie mit gemeinsamen Initiativen wie Chemie3 schon seit vielen Jahren daran arbeitet, Nachhaltigkeit als Leitbild der Branche zu verankern. Mit Erfolg: Viele Unternehmen konnten ihre Treibhausgas-Emissionen pro Produkteinheit in den letzten Jahren deutlich senken – trotz Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg. Luft nach oben gibt es dennoch. Denn das EU-weite Klimaziel, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu verringern, ist vor allem für eine energieintensive Branche wie die Chemie äußerst ambitioniert.
ERP als zentrale Drehscheibe
Beim Umsetzen dieser Ziele sind fast immer digitale Technologien im Spiel: vernetzte Anlagensteuerungen, eine lückenlose Chargenrückverfolgung, digitale Assistenten in der Forschung oder klassische Enterprise-Resource-Planning-Systeme (ERP). Letztere sind die zentrale Drehscheibe sämtlicher Unternehmensprozesse:
- Intelligent planen, nachhaltig produzieren
ERP-Systeme bieten in der Regel spezielle Planungs- und Forecast-Anwendungen, die sicherstellen sollen, dass nur die tatsächlich benötigten Mengen eines Produktes hergestellt werden. Überproduktionen, die wertvolle Ressourcen binden und dann möglicherweise am Ende vernichtet oder teuer gelagert werden müssen, lassen sich so weitgehend vermeiden. Auch die Produktionsprozesse selbst lassen sich mit Unterstützung von maschinellem Lernen so steuern, dass nur wenig Ausschuss entsteht. - Störungen erkennen, bevor sie auftreten
Predictive Maintenance also die vorausschauende Wartung von Maschinen ermöglicht es, mittels Algorithmen und Sensoren Mess- und Produktionsdaten von Maschinen und Anlagen kontinuierlich zu überwachen und zu analysieren, um so mögliche Störungen vorherzusagen und Wartungszeiten proaktiv zu planen. Maschinen werden so optimal ausgelastet und sind langlebiger. - Vorprodukte lückenlos zurückverfolgen
Mit ERP-Systemen lassen sich sämtliche Warenflüsse transparent verfolgen und steuern. Fossile Rohstoffe, wie Erdöl oder Erdgas, aber auch nachwachsende Rohstoffe, wie Stärke, Zucker, Cellulose oder Fette lassen sich von der Gewinnung bis zur Verarbeitung zurückverfolgen. Informationen über alle an der Lieferkette beteiligten Akteure versetzen das Chemieunternehmen auch in die Lage, bestimmte Ressourcen gezielt von Lieferanten mit besonders kleinem CO2-Fußabdruck zu beziehen.
- Lieferungen zusammenfassen
Auch in der Disposition, der Lagerverwaltung und beim Einkauf sorgt ein ERP-System für Effizienz und schont damit Umwelt und Klima. Je nach Auftragslage und Lagerbestand lassen sich mit der Unternehmenssoftware automatisch optimale Bestellzeitpunkte und Bestellmengen ermitteln, sodass beispielsweise keine klimaschädlichen Einzellieferungen mehr stattfinden müssen. - IT in der Cloud betreiben
Der zentrale Betrieb und die Klimatisierung von Servern und Speichern in großen Rechenzentren ist in der Regel effizienter, als wenn jedes Unternehmen seine Infrastruktur selbst betreibt. Über die Cloud lassen sich Prozesse zudem leichter unternehmensübergreifend verknüpfen, etwa entlang der Lieferkette. Hinzu kommt, dass Mitarbeitende durch die Cloud ortsunabhängig arbeiten können. Das spart lange Wege, wertvolle Zeit und am Ende auch wieder CO2. - Rechnerkapazitäten effizient nutzen
Wer Rechen- und Speicherleistung effizient nutzt und auf energieeffiziente Rechnerarchitekturen wie ARM setzt, spart Strom. Geteilte Infrastrukturen sorgen etwa dafür, dass nicht benötigte Rechenleistung von anderen genutzt werden kann. Integrierte, modulare ERP-Systeme beugen zudem einer redundanten Datenhaltung in verteilten Anwendungen vor und leisten so einen weiteren Beitrag zum Energiesparen.
- Papier sparen
Für das Herstellen von Papier werden enorme Mengen an Wasser, Energie und Chemikalien benötigt. ERP-Systeme bieten Dokumentenmanagement-Module, mit denen sich ein großer Teil der Unternehmensprozesse digital abwickeln lässt. Ob Bestellungen, Angebote oder Rechnungen – sämtliche Dokumente werden zentral erfasst, zugeordnet und verbucht. Selbst der Rechnungsversand erfolgt digital, sodass der teure und klimabelastende Versand per Briefpost entfällt. - Nachhaltigkeit nachweisen
Ab 2024 will die EU alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden dazu verpflichten, regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Auch hier erweist sich ein ERP-System als Unterstützung: Denn wer seine CO2-Bilanz ermitteln möchte, benötigt korrekte und vollständige Daten über nahezu alle Bereiche seines Unternehmens. Für diesen Zweck bietet der Markt CO2-Managementsoftware, die es in Verbindung mit einem ERP-System als Backbone ermöglicht, die Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verfolgen und zu dokumentieren. Das Start-up Allocnow bietet seit einiger Zeit auch eine Software-as-a-Service-Lösung speziell für die Chemie.
Klimaschutz und Imagepflege
ERP-Systeme können das Klimaproblem sicher nicht lösen. Aber sie können Chemie- und Pharmaunternehmen dabei unterstützen, ihren Ressourcen- und Energieverbrauch zu senken und damit die ambitionierten Ziele des EU-weiten Green Deals zu erreichen. Das hilft nicht nur der Umwelt, sondern erhöht auch die Rentabilität des Unternehmens. Und ganz nebenbei stärkt nachhaltiges Wirtschaften das Image der gesamten Branche. In jeder Hinsicht also eine Win-win-Situation.
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