- Die Abgasreinigungsanlage ist seit 2007 kontinuierlich in Betrieb und wird lediglich einmal im Jahr für eine Woche für eine regelmäßige Wartung abgefahren.
- Einzelne wichtige Betriebe entsorgen ihre kohlenwasserstoffhaltigen Abgase über eine redundante Brennkammer.
- Das Ziel, ein komplexes Abgas mit zahlreichen Variablen unter minimalem Energieeinsatz auf die vorgegebenen Emissionswerte sicher abzureinigen, wurde vollständig erreicht.
- Das Beispiel zeigt, wie durch sorgfältige Vorarbeit während der Ausschreibungsphase, Erfahrung mit komplexen Abgaströmen und spezifisch abgestimmten Verfahrensschritten komplexe Abgasreinigungsaufgaben sicher und betriebskostenoptimiert.
- bewältigt werden können. Vorraussetzung hierfür ist jedoch die intensive Zusammenarbeit von Abgasproduzent und Anlagenbauer.
Zu diesem Zweck erstellte Chemetall zusammen mit einem Ingenieurbüro die Grundlagen zur Auslegung einer zentralen Abgasbehandlungsanlage. Die Ausschreibung enthielt schließlich mehr als 70 Einzelstoffe aus sieben chemischen Klassen, die in einem zeitlich und im Heizwert stark schwankenden Volumenstrom von maximal 600 m³/h der neuen Abgasreinigungsanlage zugeführt werden sollten. Als Heizwert wurden Spitzen von bis zu 9,5 GJ/h für das Abgas angegeben. Darüber hinaus war das Abgas aufgrund seiner Zusammensetzung der Ex-Zone 2 zugeordnet.
Nur Minimum an zusätzlicher Energie
Eine maßgebliche Forderung des Anwenders war, ein Abgasbehandlungssystem zu installieren, das dieses Abgas mit einem Minimum an Zusatzenergie für die thermische Nachverbrennung zuverlässig behandelt. Ausgehend von diesen Randbedingungen, wurde eine zentrale Abgasbehandlung geplant und realisiert, die unter Beachtung aller SHE (Safety, Health and Environment)-Bestimmungen und unter geringstem Energieeinsatz die TA-Luft-Grenzwerte zuverlässig einhält.
Die Abgasreinigungsanlage besteht im Wesentlichen aus einer thermischen Nachverbrennung der organischen Bestandteile und einer anschließenden Rauchgaswäsche zum Abscheiden der anorganischen Schadstoffe. Die zentrale Reinigungsanlage übernimmt die Abgasströme aus den einzelnen Produktionsbereichen über zwei Sammelleitungen. Nach einer Kondensatabscheidung werden die Abgasströme über zwei getrennte Ventilatoren und jeweils ein System aus Flammenrückschlagsicherungen, Temperatur- und Sauerstoffüberwachungen in zwei Linien einem Spezialbrenner zum Verbrennen der organischen Bestandteile zugeführt. Anschließend erfolgt die Rauchgaskühlung in einem Düsenquench und das Abscheiden der anorganischen Schadstoffe in einer Füllkörperkolonne.
Explosionsschutzmaßnahmen nicht vergessen
Da in der Brennkammer durch die Brennerflamme eine ständige Zündquelle gegeben ist, sollte ein Rückzünden des Abgases entgegen der Strömungsrichtung bis zu den Produktionsanlagen auf jeden Fall vermieden werden. Es wurden daher entsprechende Schutzmaßnahmen vorgesehen. Ausgeführt wurden statische Explosionssicherungen – sogenannte Detonationssicherungen – in der Rohgasleitung, wobei insbesondere auf einen sicheren Betrieb auch mit einem gegebenenfalls feststoffhaltigen Abgas zu achten war. Zusätzlich wird das Abgas sauerstoffüberwacht, wobei bei Überschreiten eines Grenzwertes ein Alarm ausgelöst wird. Die Explosionsschutzmaßnahmen sind durch die Prozessleittechnik unterstützt, überwacht und abgesichert, wobei alle Sicherheitseinrichtungen fest verdrahtet ausgeführt sind.
Thermische Nachverbrennung
Die Oxidation der Organika findet in einer ausgemauerten Brennkammer statt, die in eine Misch- und eine Nachbrennzone aufgeteilt ist. Kernstück der Brennkammer ist die Kombination von Mischkammer und Brenner in einer einzigen Einheit.
Herkömmliche Anlagen nutzen zum Erzielen des gewünschten Ausbrandes meist sogenannte Hochturbulenzbrenner. Bei diesen Brennern wird durch eine starke induzierte Drallströmung das ausreichende Vermischen des Abgases mit der nötigen Oxidationsluft hergestellt. Zur ausreichenden Drallbildung werden jedoch immer relativ große Mindestluftmengen benötigt; dies hätte aufgrund der Abgascharakteristik im vorliegenden Fall – Batchbetrieb mit stark schwankenden Abgaszusammensetzungen – zu immensen Betriebskosten geführt.
Die Lösung umgeht diese Problematik durch das Vermischen von Abgas und Oxidationsluft in einer speziellen Mischzone der Brennkammer. Unterstützt durch eine extrem schnelle Regelcharakteristik von Brenner sowie von Oxidations- und Kühlluft, wird eine punktgenaue Fahrweise der Brennkammer mit einem in allen Betriebszuständen minimalen Energiebedarf ermöglicht. Zudem können extreme Schwankungen der Abgase durch entsprechende Vorsteuersignale der an das Abgassystem angeschlossenen Betriebe ausgeregelt werden.
Quench und Gaswäsche
Das Abscheiden der nach der thermischen Reinigungsstufe noch im Abgas vorhandenen anorganischen Schadstoffe erfolgt in einer Wäscherstufe. Die erste Stufe bildet ein speziell auf die Inhaltsstoffe und die Temperatur des Rauchgases abgestimmter Düsenquench, in dem das heiße Gas sehr schnell abgekühlt und bereits ein Teil der Schadstoffe abgeschieden wird. Durch das schnelle Abkühlen wird außerdem der Neubildung von Dioxinen entgegengewirkt.
Die zweite Waschstufe besteht aus einer Füllkörperkolonne, in der durch den intensiven Kontakt des Gases mit der Waschflüssigkeit anorganische Schadstoffe, insbesondere Halogenverbindungen bzw. freie Halogene, gezielt ausgewaschen werden. Durch Zugabe von Natronlauge werden die sauren Bestandteile neutralisiert, bei Bedarf können außerdem Reduktions- oder Oxidationsmittel zugegeben werden. Die Regelung des gesamten Waschkreislaufes sowie die Chemikalienzugabe erfolgen vollständig automatisiert über die Steuerung der Anlage.
Nach Durchlaufen der Wäscherstufe wird das gereinigte Abgas über die Ausblasleitung in einer Höhe von 20 m über Grund entsprechend den Emissionsschutzanforderungen der TA Luft in die Atmosphäre entlassen.
Hohe Reinigungsleistung und niedriger Energieverbrauch
Aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen Produktionsanlagen, die an die Abgasreinigungsanlage angeschlossen sind, ergibt sich ein zu behandelndes Abgas, das hinsichtlich Volumenstrom, Zusammensetzung und Heizwert stark und sehr schnell schwankende Werte ausweist. Insbesondere die starken Heizwertschwankungen führten in der Planungsphase zu einem Zielkonflikt zwischen der geforderten Reinigungsleistung der thermischen Stufe und einem minimalen Zusatzenergiebedarf.
Die gängige Lösung, über einen groß dimensionierten Brenner eine permanent hohe thermische Grundlast zum Auffangen der Schwankungen vorzuhalten, wurde hier aufgrund des hohen Primärenergiebedarfs nicht verfolgt. Stattdessen wurde ein Brenner entwickelt, der durch seinen speziellen Aufbau eine sehr hohe Vermischungsgüte auch bei extremen Lastschwankungen erlaubt. Der Brennerkopf ist so gestaltet, dass das Vermischen der beiden Abgasströme über den gesamten Lastbereich mit einer genau definierten Verbrennungsluftmenge erfolgt. Dadurch wird nicht mehr Abgas und Luft aufgeheizt als unbedingt erforderlich und somit der Zusatzenergiebedarf auf ein absolutes Minimum reduziert.
Der Brenner wurde sowohl hinsichtlich der strömungstechnischen Eigenschaften als auch der Verbrennungsqualität rechnerisch simuliert und auf die speziellen Einsatzbedingungen optimiert. Das Ergebnis war ein Brenner, der nach den durchgeführten Optimierungen durch die Verbrennungsgüte und den minimalen Energiebedarf überzeugte.
Zwei-Zonen-Brennkammer mit definierter Misch- und Nachbrennkammer
Der Brenner wurde mit einer Brennkammer kombiniert, die in eine definierte Misch- und eine Nachbrennzone aufgeteilt ist, so dass in allen Lastzuständen eine optimale Mischung und Verweilzeit gegeben ist. Am Brennkammeraustritt wird der Sauerstoffgehalt des Rauchgases kontinuierlich überwacht und die Verbrennungsluftmenge geregelt.
Aufgrund der starken Schwankungen im Heizwert des Rohgases wurde dabei der Einsatz einer extrem schnellen Sauerstoffregelung realisiert, bestehend aus Sauerstoffmessung, pneumatischen Verbrennungsluftregelklappen, frequenzgeregeltem Verbrennungsluftventilator und Vorsteuersignal der Produktion.
Auch die Brennkammer wurde hinsichtlich der Vermischung und Verbrennung bei den unterschiedlichen Lastfällen rechnerisch simuliert. Dabei wurde insbesondere der Einfluss der Unterteilung in eine Misch- und eine Nachbrennzone detailliert untersucht. Aus den Ergebnissen wurden wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der geometrischen Ausführung sowie der thermischen Belastung der Brennkammer gewonnen.
Im praktischen Betrieb zeichnete sich die letztendlich gewählte Ausführung durch das sichere Zerstören der organischen Schadstoffe bei gleichzeitig niedriger CO- und Stickoxid-Bildung auch bei starken Schwankungen des Sauerstoffgehalts und Heizwertes im Rohgas aus. Die Simulationsergebnisse zeigten dabei in allen Bereichen eine sehr gute Übereinstimmung mit den Betriebsergebnissen.