Oktober 2014
  • Der Mülheimer Zentrifugenhersteller Siebtechnik setzt den Fokus auf anwendungsspezifische Konstruktionen.
  • In den vergangenen Jahren ging der Trend zu Großzentrifugen.
  • In einem aktuellen Auftrag fertigt der Hersteller 20 Großzentrifugen für die Entwässerung von Pottasche.
  • rbeiten, hat der Hersteller jüngst in Mülheim ein neues Technologiezentrum eingeweiht und im vergangenen Jahr eine Produktionsstätte in China eröffnet.  

Nun hat der Kunde aus dem Fernen Osten nachgelegt: Noch einmal 20 der Großzentrifugen sollen die Mülheimer liefern. „Demnächst werden dort 80 Großzentrifugen zur Pottasche-Abtrennung in einer Halle laufen. Das sind überwältigende Dimensionen“, verdeutlicht Horst Dietschreit, technischer Geschäftsführer bei Siebtechnik. Zwei der neuen Maschinen sind bereits in China, die restlichen 18 waren Ende September im neu eröffneten Technologiezentrum im Fertigungswerk am Mülheimer Hafen zu besichtigen. Und im laufenden Jahr wird noch ein weiterer Auftrag über fünf Großmaschinen erwartet. „Die Skalenefekte sind natürlich enorm“, freut sich Mit-Geschäftsführer Karl Bongartz – und für den Trenntechnik-Spezialisten eher ungewohnt. Denn eigentlich lebt das Unternehmen von Speziallösungen, die für jeden Anwendungsfall maßgeschneidert ausgelegt und gefertigt werden –  eine Strategie, die sich das Unternehmen Anfang der 90er Jahre verordnet hat. „Damals ging der Trend im Zentrifugenbau zu modularen und standardisierten Baureihen, vielerorts wurden teure Entwicklungsabteilungen verkleinert oder gar abgeschafft. Wir als Mittelständler hatten keine Chance, diesen Weg mitzugehen“, erklärt Dietschreit. Der Beschluss lautete: „Wir verkaufen Zentrifugen da, wo Zentrifugen Geld verdienen – das ist die Chemie, Lebensmittelindustrie – und wir vernachlässigen Zentrifugen dort, wo diese reine Dienstleistungsaufgaben verrichten“, begründet Dietschreit den Verzicht auf Produkte für den Massenmarkt der Klärschlammeindicker.
Eine Fokussierung, die sich bezahlt gemacht hat. In der Chemieindustrie mit ihren immer spezielleren Einsatzfällen und dem Wunsch, durch eine weitgehende mechanische Entfeuchtung beim Trocknen teure thermische Energie zu sparen, werden die maßgeschneiderten Maschinen weltweit eingesetzt. Und weil dem Service der rotierenden Trennmaschinen große Bedeutung zukommt, nutzt der Hersteller im weltweiten Auftritt Synergien, die in der Unternehmensgruppe durch die verschiedenen Niederlassungen der Gruppenmitglieder – darunter Steinhaus und Tema – entstehen. „Solche Maschinen in Betrieb zu halten, ist eine besondere Herausforderungen“, bestätigt Dietschreit. Für das Kaliumchlorid-Projekt in China hat der Hersteller deshalb eigens einen Mitarbeiter  zur Wartung und vorausschauenden Instandhaltung vor Ort und betreibt dort auch ein Konsignationslager für Ersatzteile.
Um dem wachsenden Bedarf Herr zu werden, hat das seit 1985 mit einer Vertriebsniederlassung in China tätige Unternehmen in Tianjin bei Peking ein eigenes Fertigungswerk errichtet und 2013 eingeweiht. „Ursprünglich wollten wir dort nur Ersatzteile für China fertigen“, bestätigt Bongartz mit Blick auf rund 400 in China installierte Zentrifugen des Herstellers, „aber schließlich haben wir doch in Fertigungstechnik investiert, und können heute jede Maschine auch in China bauen.“  

Investitionsprogramm an weltweiten Standorten
Auch in Mülheim hat der 1922 gegründete Mittelständler kräftig investiert: Rund 8 Mio. Euro flossen in den Neu- und Umbau von 6.000 Quadratmetern Büro- und Hallenfläche, die nun Teil des neuen Technologiezentrums ist. Von der räumlichen Nähe zwischen Entwicklung und Produktion sowie dem offenen Raumkonzept der Büros verspricht sich der Hersteller kreative Impulse und eine enge Verknüpfung der Wertschöpfungskette. Der Ausbau ist nicht zuletzt auch dem weiter wachsenden Chinageschäft geschuldet: 30 bis 40 Prozent der in Mülheim gefertigten Zentrifugen gehen nach Fernost.
Auch in den USA verzeichnet der Hersteller einen steigenden Auftragseingang. In Cincinatti, Ohio, fertigt das Gruppenmitglied Tema Zentrifugen für die Klassierung von Kohle und exportiert diese weltweit. „Siebtechnik hat in den USA einige Marktnischen sehr erfolgreich besetzt – dazu gehören beispielsweise Milchzuckeranwendungen“, erklärt Bongartz. Daneben hat der Hersteller automatisierte Probenahmesysteme entwickelt, mit denen beispielsweise Kohle bei der Schiffsverladung beprobt werden kann.
Zu den aktuellen technischen Entwicklungen gehören einfach zu wechselnde Spaltsiebsegmente für Zentrifugen sowie ein integriertes Vorentwässerungssystem für die Abtrennung von Kunststoffgranulat. Und schließlich geht der Trend weiterhin zu immer größeren Maschinen. Für die Entfeuchtung von Kunststoffgranulaten wurde eine neue Hochleistungszentrifuge entwickelt. Und mit der HSG 1650 hat der Hersteller eine der leistungsstärksten Zentrifuge der Welt im Programm. Ein Salzhersteller auf der tunesischen Insel Djerba hat eine ursprünglich für die Kohleindustrie entwickelte Schwingzentrifuge im Einsatz, mit der stündlich 500 t Salz entwässert werden – dem Gegenwert von 20 LKW-Ladungen. Horst Dietschreit kommentiert: „In den von uns bearbeiteten Industrien geht der Trend nach wie vor zu immer spezielleren Trennaufgaben. Indem wir solche Aufträge annehmen, bauen wir unser Know-how weiter aus.“

Zum Unternehmen
Unter dem Dach der Stafag Holding

Die Siebtechnik GmbH ist Teil der Schweizer Stafag Holding AG, zu der auch die Steinhaus GmbH, die Hein Lehmann Trenn- und Fördertechnik GmbH, die Multotec Pty Ltd. und die Tema Systems Inc. gehören. Das Unternehmen aus Mülheim an der Ruhr beschäftigt 235 Mitarbeiter, von denen knapp 45 in den Bereichen Konstruktion und Verfahrensentwicklung tätig sind.

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