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(Bild: rcx – stock.adobe.com)

  • Ein bisher weitgehend vernachlässigtes Potenzial, um in Chemiebetrieben Energie einzusparen, sind Stromverluste im Niederspannungsnetz.
  • Mit einer zentral installierten Energieeffizienz-Lösung in Form einer Mess-, Steuer- und Regelungseinheit (MSR) lassen sich diese um 40 bis 80 % reduzieren – und damit bis zu 6 % des gesamten Stromverbrauchs einsparen.
  • Mit einem neuen Verfahren lassen sich die tatsächlichen Energieeinsparungen nun auch konkret belegen.

Die seit Jahren steigenden Energiekosten in Deutschland üben Druck auf die Chemiebranche, ihre Prozesse und Verfahren energieeffizienter zu gestalten. Die im internationalen Vergleich deutlich höheren Strompreise in Deutschland bedeuten einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für energieintensive Betriebe. Viele Unternehmen haben bereits reagiert und investieren zum Teil enorme Summen in Energieeffizienz-Projekte und moderne Technologien wie Kraft-Wärme-Kopplung oder den Austausch älterer Beleuchtungssysteme durch moderne LED-Technik.

Energie sparen direkt am Einspeisepunkt

Die Kosten für solche Maßnahmen sind jedoch häufig vergleichsweise hoch, die Amortisationszeiten entsprechend lang. Es gibt jedoch eine Maßnahme, die schnell Erfolge zeigt und doch noch vergleichsweise selten genutzt wird: die Installation einer zentralen Energieeffizienz-Lösung in Form einer Mess-, Steuer- und Regelungseinheit (MSR), welche die Stromverluste im gesamten Niederspannungsnetz (400 V) eines Unternehmens verringert.

In jedem Gebäudenetz kommt es grundsätzlich immer zu elektrischen Verlusten. Wie groß diese sind, ist abhängig von dem Aufbau der gesamten elektrischen Installation – vom Trafo, der Hauptverteilung, den Unterverteilungen und Knotenpunkten über die Kabelführung bis hin zu der Art und Dimensionierung der eingesetzten Verbraucher. Mit einer zentralen Energieeffizienz-Lösung lässt sich die Netzqualität deutlich verbessern. Dies wiederum führt dazu, dass sich die elektrischen Energieverluste reduzieren. Die Energieverluste selbst bewegen sich in der Regel zwischen 3 und 8 % des gesamten elektrischen Energiebedarfs.

Durch eine zentrale Energieeffizienz-Lösung lassen sich diese Verluste jedoch auf ein Minimum beschränken. Dies geschieht durch intelligentes Zusammenwirken von integrierten Aktoren, Sensoren sowie Steuer- und Regelungskomponenten. Dazu wird die MSR nach dem Mittelspannungstransformator in Serie in das Niederspannungsnetz eingebunden. Wird sie eingeschaltet, entsteht ein Rückkopplungsstrom von etwa 4 bis 9 % des gesamten Nennstroms, der über einen fluktuierenden neuen Sternpunkt zurück auf den Kontenpunkt fließt. Der so erzielte Effekt entspricht dem eines Filters und verbessert den Wirkungsgrad des elektrischen Niederspannungsnetzes. Das Ergebnis: weniger Energieverluste und damit auch geringere Energiekosten.

Energie sparen über eine zentrale Energieeffizienz-Lösung bedeutet somit, dass – im Gegensatz zu herkömmlichen Energiesparmaßnahmen – nicht nur einzelne Verbraucher betrachtet und optimiert werden. Stattdessen wird der sogenannte Einspeisepunkt beziehungsweise die Niederspannungs-Hauptverteilung (NSHV) als zentrale Schaltanlage fokussiert. Und damit der Punkt, an dem der gesamte Energieverbrauch eines Unternehmens gemessen wird.

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Mit einer zentral installierten Energieeffizienz-Lösung lassen sich Stromverluste im gesamten Niederspannungsnetz reduzieren. Bild: Livarsa

Vergleichende Intervallmessung belegt Wirksamkeit

Viele Unternehmen zögerten jedoch bisher damit, eine solche Lösung zu implementieren. Der Grund dafür ist, dass lange Zeit der Nachweis fehlte, dass sich damit auch tatsächlich Energie einsparen lässt – und wenn ja, in welcher Höhe genau. Livarsa hat deshalb in den letzten Jahren an einer Lösung dieses Problems gearbeitet und ein verlässliches Messverfahren für den Nachweis von Energieeffizienz-Steigerungen im Niederspannungsnetz entwickelt. Das bestätigte nun auch eine Untersuchung des Fachbereichs Maschinenbau und Verfahrenstechnik der Hochschule Offenburg.

Das sogenannte Energy-Comparison-Value-Messverfahren (ECV) ermöglicht einen verlässlichen Nachweis von Einsparungen in kWh. Das Verfahren erfasst die gesamte elektrische Energie des angeschlossenen Stromnetzes – vom Mittelspannungstransformator über alle Verbraucher hinweg. Gemessen wird die Einsparung dabei durch den direkten Vergleich aufeinanderfolgender Messintervalle. Hierbei sind der Zeitraum und die Intervalldauer der Vergleichsmessungen der entscheidende Punkt, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Denn: Ständig werden elektrische Verbraucher ein- und ausgeschaltet, und somit schwankt der Energieverbrauch in einem Unternehmen stark. Hinzu kommen wechselnde Lasten sowie wochentag-, saisonal- oder jahreszeitbedingte Effekte. Daher war bisher eine verlässliche Effizienzmessung in einem geschlossenen Niederspannungsnetz nicht möglich.

„Bisherige Messverfahren zum Nachweis der Energieeffizienz einer Anlage konnten die Vielzahl der Schwankungen im Lastprofil meist nicht berücksichtigen. Diese können bei Langzeitmessungen, die das gesamte innerbetriebliche Stromnetz berücksichtigen, zu teilweise großen Abweichungen führen, die sich wiederum auf die Genauigkeit und damit auch auf die Aussagekraft der Einsparungswerte auswirken“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Jörg Bausch von der Hochschule Offenburg. „Mit dem ECV-Messverfahren ist es möglich, auch kleine Einsparungen nachzuweisen und zuverlässig zu quantifizieren“.

Bisher funktioniert das Verfahren nur im Zusammenspiel mit der zentralen Energiespar-Hardwarelösung EP-plus. Dazu wurde ein spezielles Bypass-System integriert, das entsprechend der gewählten – möglichst geringen – Intervalldauer von nur wenigen Minuten, automatisch gesteuert wird. Das Prinzip: Die zentral installierte Energieeffizienz-Lösung wird für jeweils ein Messintervall zu- und anschließend wieder abgeschaltet. Auf diese Weise entstehen zwei Messreihen, einmal mit und einmal ohne Zuschaltung der Energieeffizienz-Lösung. Die erzielte Energieeinsparung wird also über den Vergleich der Energiedichte aufeinanderfolgender Intervalle nachgewiesen.

Mögliche Einsparungen von 6 Prozent

Das Ergebnis der Methode: Bisher anfallende Energieverluste im Niederspannungsnetz lassen sich um 40 bis 80 % reduzieren – und damit bis zu 6 % des gesamten Stromverbrauchs einsparen. Das rechnet sich schnell, wie das folgende Beispiel einer Investitionsrechnung für ein Unternehmen mit einem Jahresstromverbrauch von 3,2 GWh zeigt: Bei einem Strompreis (inkl. Umlagen, Abgaben etc.) von 0,15 €/kWh liegen die Jahresstromkosten bei 480.000 Euro. Bei einer gemessenen Reduktion des Stromverbrauchs um 3,8 % (jährlich 121.600 kWh) liegen die Einsparungen bei 18.240 Euro/a. Die Projektkosten von 89.500 Euro haben sich damit nach knapp fünf Jahren amortisiert. Bei einer möglichen Förderung durch das Bundesamt für Wirtschaft
und Ausfuhrkontrolle von 30 % sogar schon nach 3,4 Jahren. Viele Chemieunternehmen haben noch einen weitaus höheren Strombedarf, als im Beispiel dargestellt. Entsprechend höher fällt dann natürlich auch die Einsparung durch eine zentral installierte Energiesparanlage aus.

Neben den messbaren Einsparungen bringt es noch weiteren technischen Nutzen, solche MSR-Komponenten zu implementieren: So erhöhen sich die Stabilität des Stromnetzes und die Versorgungssicherheit, indem Netzrückwirkungen reduziert werden. Außerdem steigen die Betriebssicherheit der angeschlossenen Geräte und Systeme durch die Verbesserung der THD-Werte sowie die Langlebigkeit der angeschlossenen Verbraucher und Technik. Darüber hinaus lassen sich durch das Energiemonitoring Lastspitzen aufdecken und damit weitere Einsparpotenziale identifizieren.

Zu Livarsa.

 

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