Mit dem Internet of Things (IoT), Industrie 4.0 und 5G werden derzeit zahlreiche neue Technologien diskutiert. Bei all den Vorteilen, die sie in Zukunft bringen, bleibt ein dann für die Anlagenbetreiber auftretendes Problem fast unbeachtet: In Deutschland wird als erstes die 3G-Mobilfunktechnologie abgeschaltet. Warum aber 3G, wo mit 2G eine viel ältere Funktechnologie noch immer im Einsatz ist? Der Großbuchstabe G steht übrigens für „Generation“ und wird als Oberbegriff für die technischen Evolutionsstufen des Mobilfunks verwendet. Die analogen Vorläufer der ersten Generation – auch bekannt als A-, B- und C-Netz – waren durch teure, kofferraumgroße Endgeräte, inkompatible Netze und fehlende Massentauglichkeit gekennzeichnet. Die zweite Generation stellt das erste digitale Mobilfunknetz im heutigen Sinn dar. 2G wurde durch eine Arbeitsgruppe – die Groupe Spécial Mobile (GSM) – einheitlich spezifiziert. Es setzt sich aus dem D1-Netz der Telekom (ehemals Deutsche Bundespost), dem D2-Netz von Vodafone (seinerzeit Mannesmann) sowie dem späteren E1- und E2-Netz von Telefónica (früher E-Plus und o2) zusammen. 2G umfasst die Technologien GSM (Global System for Mobile Communication), GPRS (General Packet Radio Service) und EDGE (Enhanced Data Rates for GSM Evolution).
Mit der zunehmenden Nutzung des Internets kam der Datenkommunikation eine stetig größere Bedeutung zu, sodass die Telefonie und der SMS-Versand nicht mehr die treibenden Kräfte der Weiterentwicklung waren. Zur Umsetzung der neuen Herausforderungen wurde mit der 3GPP (Third Generation Partnership Project) ein weiteres Gremium ins Leben gerufen, das den 3G-Standard mit den Technologien UMTS (Universal Mobile Telecommunications System), HSPA (High Speed Packet Access) und HSPA+ entwickelte. LTE (Long Term Evolution), besser bekannt als 4G, markierte schließlich den letzten großen Technologieschritt mit einer weiter gestiegenen Datenrate. Anfangs musste streng genommen von 3.9G gesprochen werden, da noch nicht alle Spezifikationen erfüllt wurden, was dann mit LTE Advanced und LTE Advanced Pro der Fall war. Zur vierten Generation gehören darüber hinaus aktuelle Technologien wie LTE-Cat-NB1 (NB-IoT) und LTE-Cat-M1 für das Internet of Things, die sich erstmals auf die datenarme Übertragung im Mobilfunknetz fokussieren (Bild 1).
Geringerer Netzausbau
Um zu verstehen, warum 3G als erster Standard vom Netz geht, gilt es zwei maßgebliche Aspekte zu betrachten. Dies ist zum einen die Abdeckung der Netze. In Deutschland erweist sich das 2G-Netz als am besten ausgebaut und bildet daher ohne Investitionsbedarf das Rückgrat der Mobilfunkkommunikation. In der Funktion eines Fallback-Netzes bietet 2G die beste Lösung für die Telefonie (Notrufe und SMS) sowie bereits bestehende M2M-Applikationen. Als zweiter Aspekt kommt die Datenrate ins Spiel. Das 4G-Netz bedient den Consumer-Markt hier mit der notwendigen Bandbreite, während 3G mit HSPA+ lediglich 42 MBit/s zur Verfügung stellt. 2014 gab die Bundesregierung das Ziel aus, jedem Haushalt einen Internetzugang mit 50 MBit/s zugänglich zu machen. Weil diese Vorgaben 2015 bei der Frequenzversteigerung durch die Bundesnetzagentur mit 3G nicht zu erreichen waren, vernachlässigten die Provider den entsprechenden Netzausbau.
Doch auch vor 2014 kam die Erweiterung des 3G-Netzes nur schleppend voran. Der Grund hierfür lag in den Lizenzkosten bei der Versteigerung der UMTS-Frequenzen. Die damals gezahlten 100 Milliarden DM fehlten beim späteren Netzausbau. So erklärt sich, weshalb lediglich in 4G-Netze investiert wird und die LTE-Abdeckung schon heute das 3G-Netz aussticht. Schlussendlich hat das 3G-Netz seine Bedeutung verloren und die dafür verwendeten Frequenzräume können von den Netzbetreibern effektiver im 4G-Netz eingesetzt werden (Bild 2).
Sukzessiver Rückbau
In diesem Kontext passt der Begriff „Abschaltung“ eigentlich nicht. Mit Blick auf das Freiräumen von Frequenzbereichen muss eher von einem Rückbau gesprochen werden. Selbst nach dem offiziellen Abschalttermin der Netzbetreiber wird kein Schalter umgelegt und nichts funktioniert mehr. Der Kunde verliert hingegen ab diesem Zeitpunkt den Anspruch auf die Verfügbarkeit des 3G-Netzes. Die Provider werden die Mobilfunkzellen sukzessive auf die neueren Technologien umrüsten. Ein Anlagenbetreiber kann also bereits kurz nach dem offiziellen Abschalttermin das Pech haben, dass sich seine 3G-Geräte nicht mehr in das Netz einwählen können. Die genauen Zeitangaben muss er direkt vom jeweiligen Netzbetreiber einholen, denn die Abschalttermine variieren von Anbieter zu Anbieter.
Die Telekom (D1-Netz) geht auf den erwähnten Anspruch schon in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen ein. In der Leistungsbeschreibung Mobilfunk heißt es: „Die dort aufgeführte Netztechnologie 3G […] im Mobilfunknetz der Telekom ist – vorbehaltlich einer Verlängerung – nur bis zum 31.12.2020 verfügbar.“ Die zeitliche Verschiebung erfolgte später auf den 30.06.2021, den auch Vodafone als Abschalttermin angibt. Am längsten wird die Technologie vom Telefónica-Netz unterstützt; das Unternehmen sieht die 3G-Abschaltung erst für Ende 2021 vor.
Vorteilhafter 4G-Umstieg
Wie sollte ein Anlagenbetreiber vorgehen, damit die Kommunikationsverbindung zu seinen Außenstationen nicht unterbrochen wird? Zunächst ist zu überprüfen, ob 3G-Geräte für den Datenaustausch genutzt werden und die hier verfügbare Datenrate tatsächlich erforderlich ist. Bei einfachen Maschinendaten mit einem geringen Kommunikationsvolumen kann nämlich eine 2G-Verbindung noch ausreichend sein. Bietet das Mobilfunkgerät die Option, die Einwahl in das 3G-Netz zu verhindern, lässt sich durch einen einfachen Feldtest herausfinden, ob die Anlage weiterhin über das 2G-Netz erreichbar bleibt.
Selbst wenn die Kommunikation der Applikation mit der Leitzentrale per 2G möglich ist, lohnt sich eine Betrachtung der neueren Technologien. Denn die aktuellen IoT-Netze – wie beispielsweise LTE-Cat-NB1 – können die Investition in neue Hardware unter Umständen durch geringere Verbindungskosten rechtfertigen. Möglicherweise lässt sich die Kombination aus Sensor, Steuerung, Netzteil und Router für eine einfache Pumpenanwendung sogar durch ein einziges batteriebetriebenes IoT-Gerät ersetzen. Ein klassischer 4G-Router eröffnet hingegen zusätzliche Optionen, etwa die Übertragung von Bildern einer Überwachungskamera. Neben der Hardware darf der Mobilfunkvertrag ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden. Es ist davon auszugehen, dass Drittanbieter wie congstar oder Aldi Talk ihre Verträge um den LTE-Zugang erweitern, was die Anwender jedoch im Vorfeld klären müssen.
Umfassendes 4G-Portfolio
Das 4G-Mobilfunkportfolio von Phoenix Contact stellt von einfachen Alarmierungs- und Schaltaufgaben über klassische Fernwirkapplikationen bis zur weltweiten Fernwartung von Maschinen und Anlagen für jede Aufgabenstellung eine passende Lösung zur Verfügung. Da eine Störungsbenachrichtigung der Ausnahmefall sein sollte, bietet sich hier eine eventorientierte Kommunikation über die Produktfamilie TC Mobile I/O an. Die Geräte informieren die Leitwarte oder den Mitarbeiter im Feld per SMS, Email oder App. Die SMS-Technologie erweist sich bei einem niedrigen Datenvolumen noch immer als kostengünstigste Alternative und stellt daher auch weiterhin einen festen Bestandteil im LTE-Netz dar (Bild 3).
Für den kontinuierlichen, wirtschaftlichen Datenaustausch mit den Außenstationen via VPN und Fernwirkprotokoll eignen sich die Geräte der Baureihe TC Router am besten. Die Produktfamilien TC Cloud Client und TC mGuard fokussieren sich schließlich auf die Fernwartung der stetig höher automatisierten Produktionsanlagen. Neben einem zunehmenden Service durch die Spezialisten des Maschinen-/Anlagenbauers benötigen derartige Applikationen aufgrund der steigenden Security-Anforderungen (IEC 62443 oder ISO/IEC 27001) turnusmäßige Software-Updates. Dazu müssen die IT-Netze des Anlagenbetreibers und -bauers sicher verbunden sowie die zahlreichen weltumspannenden VPN-Verbindungen gemanagt werden.
Zukünftige 5G-Verfügbarkeit
Auch wenn momentan hauptsächlich über 5G gesprochen wird, betrifft dieser Standard die heutigen Anlagenbetreiber noch nicht. 5G startet mit dem Fokus auf hohe Datenraten (Release 15). Um diese zu erreichen, verkleinern sich die Funkzellen und der Ausbau beschränkt sich daher zunächst auf den Bereich von Großstädten. Die spezifizierten Anforderungen an mMTC (Massive Machine Type Communications) oder uRLLC (Ultra Reliable Low Latency Communications) werden erst 2020 mit dem nächsten Evolutionsschritt (Release 16) umgesetzt oder sind schon durch die bestehenden IoT-Netzwerke abgedeckt. Derzeit lässt sich nicht abschätzen, wann industrietaugliche Seriengeräte kostengünstig erhältlich sind und die ländliche 5G-Abdeckung komplett vollzogen ist. Aktuelle Bestandsapplikationen, welche die neuen 5G-Funktionen nicht benötigen, brauchen sich im Rahmen der Abschaltung des 3G-Netzes also nicht mit dem Thema 5G zu beschäftigen.
Fazit
Auf eine sofortige Unterbrechung der Prozesskommunikation müssen sich die Anwender somit nicht einstellen. Nach den offiziellen Terminen ab Mitte 2021 schalten die Provider die 3G-Funkzellen nicht landesweit ab, sondern bauen sie kontinuierlich zurück. Eine genaue Aussage, wann welche Station auf neuere Technologien umgerüstet werden muss, lässt sich folglich nicht treffen. Jeder Anlagenbetreiber sollte allerdings einen entsprechenden Zeitplan erarbeiten und dabei berücksichtigen, welche Priorität die jeweiligen Daten haben und ob sich für seine Applikation am besten ein IoT-Ansatz oder eine klassische LTE-Verbindung eignet.