" Der Forschungsstandort Deutschland steht nicht erst seit der Corona-Pandemie unter starkem Druck.", berichtet VCI-Experte Thomas Wessel.

" Der Forschungsstandort Deutschland steht nicht erst seit der Corona-Pandemie unter starkem Druck.", berichtet VCI-Experte Thomas Wessel. (Bild: Gerald Fuest)

Der Umfrage zufolge planen 60 % der Unternehmen, ihre Forschungsprojekte wie vorgesehen durchzuführen. Etwa 30 % verschieben einzelne Projekte in Forschung und Entwicklung (FuE) zumindest um einige Monate, wenige Projekte werden ganz gestrichen (2 %). Bei externen Forschungsaufträgen hält sich die Branche in der Krise allerdings vermehrt zurück. Thomas Wessel, VCI-Vorsitzender des Ausschusses Forschung, Wissenschaft und Bildung, sagte: „Wir müssen zurück in die Zukunft! Der Forschungsstandort Deutschland steht nicht erst seit der Corona-Pandemie unter starkem Druck. Die daraus resultierende Krise hat seine Schwächen schonungslos offengelegt.“

Rekordetat aus 2019 wird nicht mehr erreicht

Wegen der Unsicherheiten über die weitere wirtschaftliche Entwicklung geht der VCI davon aus, dass die Branche in diesem Jahr ihren Rekord-Forschungsetat von 2019 in Höhe von rund 13 Mrd. Euro nicht erreichen wird. Wessel ist aber überzeugt, dass die Branche langfristig ihre Innovationskraft durch hohe Investitionen in FuE weiter stärken wird. Das setze jedoch voraus, die Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation am heimischen Standort bestmöglich zu gestalten. „Deutschland muss eine Metamorphose durchlaufen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen“, betonte der Ausschuss-Vorsitzende.

Förderung für Forschung und Start-ups gefordert

Unabhängig von ihrer Größe benötigten die Unternehmen Liquidität für ihre Forschungsprojekte. Deshalb forderte Wessel eine zügige und unbürokratische Umsetzung der steuerlichen Forschungsförderung, „damit FuE nicht an mangelnden Personalkapazitäten in mittelständischen Unternehmen scheitert, nur weil die Antragsunterlagen zu kompliziert oder zu umfangreich sind.“ Außerdem müsse dieses Förderinstrument internationales Niveau erreichen, um neue FuE-Investitionen aus dem Ausland anzuziehen. Die Krise erschwere die Wachstumsfinanzierung von Start-ups zusätzlich, unterstrich Wessel weiter. Daher sollte die Bundesregierung ihren geplanten Zukunftsfonds zeitnah etablieren, um die notwendige Finanzierung innovativer junger Unternehmen in der Wachstumsphase sicherzustellen.

Förderverfahren flexibler und agiler gestalten

Zur notwendigen Metamorphose Deutschlands gehören aus Sicht des VCI auch unbürokratischere Förderverfahren: Auf die Genehmigung von Förderprojekten müssten Unternehmen manchmal bis zu zwei Jahre warten. Konkret forderte Wessel, dass Firmen einen leichteren Zugang zu Forschungsprogrammen brauchen und die Abrechnungsmodalitäten einfacher werden müssen. Der VCI-Ausschussvorsitzende verwies außerdem auf die entscheidende Rolle der Biotechnologie in der Medizin während der Corona-Pandemie. In Rekordzeit konnten Wissenschaftler und Unternehmen das Genom des neuen Corona-Virus entschlüsseln. Diesen Schwung müsse Deutschland nutzen und die Biotechnologie stärken.

Mehr Bildung und Technologieoffenheit

Zwingend notwendig seien auch neue Technologien, wie zum Beispiel CRISPR-Cas. „Darüber darf man aber nicht nur reden, sondern muss sie auch nutzen dürfen“, mahnte Wessel und weiter: „und zwar nicht nur in der Medizin, sondern auch in der industriellen Biotechnologie und in der Landwirtschaft. Dies ist wichtig für Forschung, Entwicklung und Produktion – und zwar hier in Deutschland.“ Die Zukunft des Industrielands Deutschland steht und fällt aber mit der Bildung. Wessel warb deshalb dafür, die Digitalisierung an den Schulen zu forcieren, den Unterricht  in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT)auszubauen und die Bildungsausgaben zu erhöhen. Noch immer liege der Anteil der MINT-Fächer unter dem OECD-Durchschnitt. Das gelte auch für die Bildungsausgaben. (jg)

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