Für viele Anwendungsfälle in der Chemie ist der Einsatz emissionsfreier Pumpen zwingend (Stichwort: TA Luft). Einfache Gleitringdichtungspumpen müssen dann ausgetauscht werden. Dies war auch in einer Anlage der Production Unit ‚Acetyls’ am Standort Burghausen der Wacker Chemie AG der Fall. Doch welche leckagefreie Alternative sollte gewählt werden? Zur Lösung solcher Fragen ist das 41-köpfige Team um Richard Losbichler, Leiter Service-Center Maschinen/Pumpenzentrale, bestens gerüstet. „In der Pumpenzentrale beraten fünf Mitarbeiter unsere Betriebskollegen bei der Beschaffung aller Arten von Strömungsmaschinen – also Pumpen, Verdichter und Ventilatoren. Im Service-Center Maschinen halten wir diese Aggregate instand.“ Die Mitarbeiter können Strömungsmaschinen jeder Art (in Burghausen sind etwa 16000 dieser Aggregate installiert) also bestens beurteilen, kennen die spezifischen Stärken und Schwächen der am Markt angebotenen Produkte.

Interner Auftraggeber war in diesem Fall die Engineering-Abteilung des Bereichs ‚Acetyls Supply Chain’. „Wir betreuen die Grundstoffanlagen des Geschäftsbereichs ‚Polymers’ in Burghausen, halten die Technik instand und übernehmen Optimierungsaufgaben, damit die Anlagen so lange und so gut wie möglich arbeiten. Und wir sorgen dafür, dass die Umweltschutzanforderungen eingehalten werden“, beschreibt Betriebsingenieur Gerhard Bauer die Aufgabenstellung für ihn und seine 15 Kollegen.
Die Production Unit ‚Acetyls’ ist mit ihren komplexen Verbundsystemen ein wichtiger Rohstofflieferant innerhalb des Wacker-Konzerns. Von Ethylen ausgehend erzeugt der Geschäftsbereich nach dem Wacker-Verfahren Acetaldehyd und in einem weiteren Oxidationsschritt Essigsäure, die dann zu Vinylacetat und Keten weiterverarbeitet wird. Die angesprochenen Pumpen fördern ein sehr korrosives Medium bestehend aus Essigsäure, Ameisensäure und Acetaldehyd in einem Temperaturbereich zwischen 50 und 80°C.

Emissionsfreiheit alleinist nicht ausreichend

Als emissionsfreie Technologien stehen grundsätzlich doppeltwirkende Gleitringdichtungs-Systeme (Back-to-back-Anordnung), Spaltrohrmotorpumpen und metallische bzw. kunststoffausgekleidete Magnetkupplungspumpen zur Verfügung. In diesem Einsatzfall ist die Auswahlmöglichkeit allerdings begrenzt, wie Richard Losbichler erläutert: „Metallische Pumpen haben beim Fördern von Essigsäure bei höheren Temperaturen Probleme mit Spaltkorrosion. Bei doppeltwirksamen Gleitringdichtungen treten die Probleme massiv an der Wellenschutzhülse auf, bei metallischen Magnetkupplungspumpen ist mit Spaltkorrosion am Spalttopf selbst und in anderen Bereichen der Pumpe zu rechnen.“ Als naheliegende Lösung wurde eine mit Fluorkunststoff ausgekleidete Magnetkupplungspumpe gesehen – doch in der geforderten Leistung über 300m³/h bei 1450min-1 war eine solche Pumpe bisher am Markt nicht verfügbar.

Also wurden trotz der bekannten Korrosionsgefahren metallische Magnetkupplungspumpen installiert – mit relativ hohen Betriebskosten sowie Wartungs- und Instandsetzungsaufwendungen im 6- bzw. 12-Monats-Abstand. Und so kam es für Richard Losbichler und sein Team gerade passend, dass Richter im vergangenen Jahr eine entsprechend leistungsfähige mit Fluorkunststoff ausgekleidete Magnetpumpe entwickelte. „Wir haben bei ähnlich aggressiven Medien gute Erfahrungen mit PFA- und PTFE-ausgekleideten MNK-Pumpen gesammelt. Deshalb gehen wir davon aus, dass eine solche Pumpe deutlich längere Standzeiten aufweisen wird als die bislang eingesetzten Pumpen. Wir versprechen uns damit eine erhebliche Reduktion der Lebenszykluskosten.“

Baureihe für hochkorrosive Medien

Richter Chemie-Technik ist hier Pionier und stellte bereits 1983 mit dem Typ MCK die erste mit Fluorkunststoff ausgekleidete Magnetkreiselpumpe vor. Daraus wurde die Baureihe MNK entwickelt: Alle mit dem Fördermedium in Berührung kommenden Bauteile sind entweder dick mit PFA-Fluorkunststoff ummantelt (Gehäuse, Gleitlagerträger, Laufrad, Welle und innerer Magnetrotor), sind massiv aus PTFE-Fluorkunststoff gefertigt (Spalttopfeinsatz) oder bestehen aus gesintertem Siliciumcarbid SSiC (Gleitlagerung). Das doppelte Spalttopfsystem zwischen innerem und äußerem Magnetrotor sorgt für Leckagefreiheit: Der Spalttopfeinsatz aus Fluorkunststoff ist hoch korrosionsbeständig, der äußere Spalttopf aus Kohlefaserverbundwerkstoff trägt die Druckbelastung.

Weil das Konzept aufgrund seiner hohen Zuverlässigkeit und Trockenlauffähigkeit und dem im Vergleich zu Gleitringdichtungspumpen geringen Wartungsaufwand überzeugte, und auch die Lebenszykluskosten vergleichsweise niedrig sind, kam es nach Einführung der MNK zu einer raschen Akzeptanz im Markt. Dies trifft auch auf Wacker in Burghausen zu, denn dort arbeiten mittlerweile 750 Richter-Pumpen. Neben den Aspekten Robustheit und Zuverlässigkeit ist auch die Austauschbarkeit von Bauteilen unter den verschiedenen Baugrößen ein für die Praxis wichtiger Vorteil dieser Baureihe. Die MNK ist heute eine anerkannte Alternative zu Magnetkupplungspumpen aus speziellen Metallen wie Hastelloy, Alloy20, Tantal, Nickel usw. Die Gründe liegen auf der Hand: Sie ist preiswerter in der Anschaffung, verursacht keine Wirbelstromverluste und die Lieferzeit für Pumpe und Ersatzteile ist mit nur 4 bis 8 statt mit 10 bis über 20 Wochen zu veranschlagen.
Im Dezember 2007 wurde in Burghausen dann die PFA/PTFE-ausgekleidete MNK 200–150–315 installiert: Sie ist als einstufige dichtungslose Chemiekreiselpumpe in Heavy-duty-Horizontalbauweise nach EN 22858/ISO 2858/ISO 5199 konzipiert und damit für eine Reihe von Verfahren qualifiziert, zum Beispsiel für die Chlorelektrolyse und die Schwefelsäureherstellung und -aufbereitung. Und selbstverständlich zum Fördern von heißem Essigsäure/Ameisensäure/Acetaldehyd-Gemisch.

Magnetkupplungspumpe bis 600m3/h

Zehn weitere Pumpen dieser Baugröße werden innerhalb der nächsten Monate bei verschiedenen internationalen Chemieunternehmen in Betrieb genommen werden – mit Leistungen bis 400 m³/h, unter anderem zur Förderung von Salzsäure und Schwefelsäure bei Temperaturen bis über 150°C.

Fazit: Die MNK 200–150–315 erweitert das Leistungsspektrum im Marktsegment ‚Pumpen zum Fördern hochkorrosiver Medien’ deutlich. Die Pumpe wird bei der Wacker Chemie in einem Bereich eingesetzt, der als besonders schwierig gilt. „Seit der Installation Anfang Dezember arbeitet die Pumpe erwartungsgemäß ohne Probleme. Sie läuft sehr ruhig, das ist immer ein gutes Zeichen“, so Betriebsingenieur Bauer. „Wenn die Pumpe sich hier bewährt, beherrscht sie mit Sicherheit auch die anderen Aufgaben in diesem Kreislauf, und wir können mit deutlichen Kosteneinsparungen rechnen“, sind sich Richard Losbichler und Gerhard Bauer völlig einig. Die Erwartungen reichen bis zu LCC-Kosteneinsparungen von 70%.

„Seit der Installation Anfang Dezember arbeitet die Pumpe erwartungsgemäß ohne Probleme. Sie läuft sehr ruhig, das ist immer ein gutes Zeichen.“
Gerhard Bauer, Betriebsingenieur, Bereich ‚Acetyls Supply Chain

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