Erst kein Glück, dann auch noch Pech: Jochen Ungeduld, Hilfsarbeiter in der Schwefelsäureproduktion der Säuren & Basen AG, ist bei der Fassabfüllung mit konzentrierter Schwefelsäure in Kontakt gekommen. Entsprechend den Sicherheitsvorschriften suchte er unverzüglich die nächste Notdusche auf. Von dem kalten Wasserstrahl voll getroffen, sprang er sofort wieder zurück. Angesichts seiner starken Verätzungen zogen ihn vier Kollegen wieder unter die Dusche und hielten ihn dort für die vorgeschriebenen 15 Minuten lang fest. Danach war der betroffene Mitarbeiter bereits bewusstlos und völlig unterkühlt.

Der Fall zeigt, wie entscheidend die Wassertemperatur für die Rettung eines mit Chemikalien kontaminierten Mitarbeiters sein kann. Schlimmstenfalls können Unterkühlungen zu einem Atem- und Kreislaufstillstand führen. Eine Unterkühlung tritt nicht erst ein, wenn der Körper eiskaltem Wasser ausgesetzt ist. Jede Wassertemperatur unter 37°C lässt die Körpertemperatur stetig absinken. Fatal ist die Eigenschaft von Wasser, dem Körper im Vergleich zu Luft die Temperatur 25 Mal schneller zu entziehen, sodass der Körper bereits nach wenigen Minuten unterkühlen kann. Kritisch wird es, wenn die Körpertemperatur unter 32°C sinkt – unter 27°C endet die Unterkühlung fast immer tödlich.

Gefahr der Unterkühlung

Der Verletzte steht gewöhnlich unter großem Stress und wird beim Kontakt mit zu kaltem Wasser von der gesundheitserhaltenden Behandlung mit der Notdusche abgeschreckt. Wird von außen nicht sofort eingegriffen, besteht die Gefahr einer unzureichenden Verdünnung der Chemikalien und der Rettungsversuch kann scheitern. Die Dauer und der Volumenstrom von Notduschen sind in der DIN EN 15154-1 bzw. 15154-2 definiert und Chemikalienspritzer sollten generell mindestens 15 Minuten lang abgespült werden, um die Schadstoffe möglichst rückstandslos zu beseitigen. Bei sehr aggressiven Ätzmitteln, die tief in die Haut eindringen, kann sogar eine Behandlungszeit bis zu 60 Minuten erforderlich werden.

Diese Zusammenhänge machen deutlich, wie wichtig es ist, die Wassertemperatur zu regeln. Letztendlich hängt der Erfolg einer Behandlung mit der Notdusche davon ab. Bei Außeninstallationen verschärft sich das Problem an kalten Tagen zusätzlich. Um die Mitarbeiter sicher vor vermeidbaren Gesundheitsstörungen zu schützen und sie in einer Notsituation nicht auch noch größeren Gefährdungen auszusetzen, reichen technisch überholte Konzepte nicht aus. Auch wenn Notduschen einen Fortschritt gegenüber den in den 30er Jahren üblichen Badewannen oder Pferdetränken darstellen, besteht oftmals noch erhebliches Optimierungspotenzial, um Schlimmeres zu verhindern. Die von schädlichen Temperaturen ausgehenden Gefährdungen können im Einzelfall sogar als Verstoß gegen Arbeitsschutz und Betriebssicherheit interpretiert werden, wie Beispiele aus den USA zeigen.

Arbeitsschutz mit thermoneutralen Duschsystemen

Eine Wassertemperatur, bei der dem Körper weder Wärme entzogen, noch zugefügt wird, wird als thermoneutral bezeichnet. Dieser Bereich ist sehr eng definiert und reicht von etwa 32°C bis 35°C. Bei über 38°C liegenden Temperaturen könnten sich die Hautporen öffnen und zusätzlich unerwünschte chemische Reaktionen eintreten. Temperiertes Wasser lindert nicht nur die durch Verbrennungen oder Verätzungen verursachten Schmerzen an Augen oder Haut, sondern trägt auch wesentlich zur emotionalen Beruhigung bei.

Bei konventionellen Warmwassersystemen ist eine bakterielle Infektion mit Legionellen sehr risikoreich, da diese sich unter 54°C ideal vermehren können. Selbst geringste Wassermengen reichen bereits aus, um die Erreger der Legionärskrankheit zu übertragen. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (www.osha.europa.eu) stuft eine Infektion durch Legionella pneumophila-Bakterien in Risikogruppe 2 ein, da sie hochansteckend ist und somit leicht verbreitet wird. Das führt zu der Forderung, das in Notduschen verwendete Wasser erst im Augenblick der Abgabe zu erwärmen.

Intelligente Notduschsysteme

Dank fortschrittlicher Technologien werden heute unterschiedliche Systeme eingesetzt, die allesamt helfen, Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Tankduschen erwärmen beispielsweise das Wasser auf die korrekte Temperatur durch eine interne Tankheizung. Aber auch hier besteht die Gefahr, dass der Tankinhalt verkeimt, wenn er nicht regelmäßig und in kurzen Abständen erneuert wird. Moderne Zirkulationssysteme verwenden deshalb eine Umwälzpumpe und heizen elektrisch oder mit Dampf. Andere Systeme wiederum kommen ganz ohne Wasserbehälter aus und arbeiten wie Durchlauferhitzer, da sie Wasser unmittelbar an der Notdusche temperieren. Auch hier kann das Wasser entweder elektrisch oder mit Dampf erwärmt werden. Welches System letztendlich geeignet ist, hängt von den örtlichen Begebenheiten ab und sollte vor allem bei Neuanlagen sorgsam ausgewählt werden. Aber auch Altanlagen, die modulare Komponenten verwenden, können auf den neuesten Sicherheitsstand nachgerüstet werden.

Fazit: Notduschen, die warmes Wasser spenden, verhindern, dass sich kontaminierte Mitarbeiter unterkühlen und tragen zur emotionalen Beruhigung der verletzten Personen bei. Es sind verschiedene Verfahren für die Warmwasserversorgung verfügbar, die auch Gesundheitsrisiken durch Legionellen oder andere Keime verhindern.

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