Oktober 2014
  • Die Korrosionsfestigkeit des Werkstoffs ist ein wichtiges Auswahlkriterium für Wärmeübertrager.
  • Jeder Werkstoff hat seine spezifischen Stärken und Schwächen.
  • Neben den Werkstoffeigenschaften spielen für die Auswahl auch die Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO) eine wichtige Rolle. Sie schließen Investitionen, Abschreibungen, Energie- und Wartungskosten, Lagerhaltung, Produktionsausfälle sowie viele weitere Faktoren mit ein.
  • Blockwärmeübertrager aus SiC können sich gegenüber Grafit bereits nach wenigen Jahren rechnen.

Die Auswahl des richtigen Werkstoffs für Rohrbündel- und zum Teil auch für Blockwärmeübertrager für die jeweiligen Einsatzbedingungen korrosiver Prozessmedien ist deshalb entscheidend.
Rohrbündel- und Blockwärmeübertrager in einer Produktionsanlage können Drücken in Bereichen vom Vakuum bis über 100 bar und extremen Temperaturen zwischen -150 bis über 1.450 °C, z. B. in Verbrennungsprozessen, ausgesetzt sein. Auch thermische Schocks sind nicht selten. Die Apparate sollen bei vorgegebenen Volumenströmen möglichst klein und dadurch kostengünstig ausgelegt werden, was hohe Strömungsgeschwindigkeiten der Prozessmedien nach sich zieht. Wenn diese, wie Schwefel- oder Flusssäure, noch extrem korrosiv sind und zusätzlich abrasive Partikel enthalten, wirkt der enthaltene Feststoff wie Schmirgelpapier, schleift Passivschichten oder Beschichtungen vom Werkstoff ab und kann dadurch zur Zerstörung des Apparats führen.
Für diese Bedingungen müssen Werkstoffe und verfahrenstechnische Komponenten entwickelt werden, die zuverlässig und dauerhaft die schwierigen thermischen Belastungen sowie Verschleiß und Korrosion der Apparate durch die Prozesschemikalien überstehen. Jede Art von Leckage, nach außen oder innerhalb des Apparates zwischen den Prozessmedien, führt zu Kontamination, Stillstandzeiten und damit zu Produktionsausfällen. Zusätzlich gefährden Undichtigkeiten nicht nur den Wirkungsgrad, die Qualität der Produkte und die Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch die Gesundheit der Mitarbeiter und die Umwelt.
Grafit, SiC und andere Keramikwerkstoffe, Tantal, Stahl, Zirkonium, Titan sowie nickelbasierte Legierungen, Beschichtungen, Fluorpolymere und Auskleidungen mit reaktiven Metallen stehen theoretisch zur Wahl, um diese Apparate zu entwickeln. Alle Stähle und die meisten Legierungen lösen sich allerdings in Salzsäure und Flusssäure auf. Eine Reihe von Keramiken und Polymeren scheidet aufgrund ihrer schlechten Wärmeleitfähigkeit, geringer Temperaturbeständigkeit oder der hohen Kosten ebenfalls aus, sodass nur noch wenige Werkstoffe für korrosive Medien in die engere Wahl kommen.

Grafit: korrosionsfest aber verschleißanfällig
Grafit ist ein häufig verwendeter Werkstoff für Wärmeübertrager in der chemischen Industrie. Er ist zwar nicht sehr hart und hat keinen hohen Verschleißwiderstand, zeichnet sich aber durch eine sehr gute Korrosionsbeständigkeit aus. Seine Festigkeit und andere Eigenschaften hängen sehr stark vom verwendeten Rohmaterial und dem Herstellungsprozess ab. So hat zum Beispiel isostatisch verdichteter und imprägnierter Grafit wesentlich bessere mechanische Eigenschaften sowie eine geringere Porosität als Standard-Grafit, aber eine geringere Wärmeleitfähigkeit.
Grafit wird auch bei hohen Temperaturen nicht plastisch. Er hält den meisten Säuren, Lösungsmitteln, Chloriden und anderen Halogenverbindungen sowie entsprechenden Gemischen stand, oxidiert allerdings an freier Luft. Je nach Grafittyp beginnt die Reaktion mit Luftsauerstoff zu CO? bereits bei Temperaturen von 450 bis 500 °C. Wenn kein freier Sauerstoff zur Verfügung steht, ist unimprägnierter Grafit aber bis ca. 3.000 ° C stabil. Grafit hat bei Raumtemperatur eine Wärmeleitfähigkeit zwischen 80 und 160 W/mK und liegt damit eher im oberen Bereich der zur Auswahl stehenden Materialien. Er ist leicht zu bearbeiten, relativ preiswert und in großen Dimensionen verfügbar.

Siliziumkarbid: abrasionsfest und
korrosionsbeständig

Siliziumkarbid (SiC) ist wegen seiner Härte, Abrasionsfestigkeit, der thermischen Eigenschaften und universellen Chemikalienbeständigkeit ein hervorragend geeigneter Werkstoff für den Bau von Wärmeübertragern. Die Wärmeleitfähigkeit von SiC ist mit 180 W/mK bei Raumtemperatur mehr als doppelt so hoch wie die von Grafit und besser als bei den genannten Metallen. Sie nimmt allerdings mit steigenden Temperaturen stark ab. Das Material hat eine hohe Zugfestigkeit und kann somit einem wesentlich höheren Druck standhalten als Grafit.
SiC besitzt eine ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit gegen Schwefelsäure, Phosphorsäure, Flusssäure, Salzsäure, Natronlauge, organische Chlorverbindungen, andere organische Lösungsmittel und Brom, sogar bei hohen Temperaturen. Die Tabelle zeigt eine Übersicht der Korrosionsbeständigkeit des SiC-Werkstoffs Boostec von Mersen. Erst bei einer Verlängerung der Versuchsdauer auf ein Jahr bei 220° C lässt sich eine Korrosion der Oberfläche in 40-prozentiger Flusssäure nachweisen; sie liegt je nach SiC-Qualität und Hersteller zwischen 1,5 µm (Boostec) und 17 µm.
SiC oxidiert auch bei sehr hohen Temperaturen nur an der Oberfläche, wobei das dabei entstehende SiO? eine stabile und schützende, fest auf der Oberfläche haftende Quarzschicht bildet. Somit findet keine Kontamination der Prozessmedien statt, und SiC ist erste Wahl für Anwendungen in der Pharmaindustrie und Feinchemie.
Durch entsprechend aufwendige Bearbeitung sind Oberflächengüten von Ra < 0,8 µm erreichbar, wodurch sowohl der Strömungswiderstand als auch die Tendenz zum Fouling im Wärmeübertrager minimiert wird. Die glatten und harten Oberflächen erleichtern die Reinigung und Pflege.
Es gibt keinen messbaren Einfluss der Temperatur auf die Biegefestigkeit und Zugfestigkeit von SiC bis etwa 1.500 °C. Dadurch und in Verbindung mit der geringen Korrosionsneigung ist SiC sehr gut geeignet für Anwendungen bei hohen Temperaturen. Der thermische Ausdehnungskoeffizient ist gering, daher entstehen im Betrieb nur wenige Spannungen und fast keine Mikrorisse. Somit ist SiC auch sehr widerstandsfähig gegen thermischen Schock. Außerdem sind aufgrund der Härte und des Verschleißwiderstands von SiC höhere Strömungsgeschwindigkeiten und Feststoffbelastungen als z. B. bei Wärmeübertragern aus Grafit möglich, ohne dass Material abgetragen wird.
SiC und Grafit werden für die Konstruktion von Rohrbündel- und  Blockwärmeübertragern verwendet. Da beide Materialien spröde sind, müssen mechanische Belastungen der Rohrbündel minimiert werden. Blöcke mit Durchgangsbohrungen sind dagegen deutlich unempfindlicher gegen Erschütterungen oder Biegespannungen.

Tantal: korrosionsfest und nicht spröde
Tantal hat einen Schmelzpunkt von über 3.000 °C, kann aber über 250 °C unter Lufteinfluss oxidieren.  Seine Temperaturleitfähigkeit beträgt 57 W/mK und nimmt bei sehr hohen Temperaturen noch leicht zu. Das Metall ist duktil, eine geringe Zugabe von Wolfram erhöht die Festigkeit erheblich.
Auf der Oberfläche von Tantal bildet sich an der Luft sofort eine dünne, chemisch resistente und harte Passivschicht aus Tantalpentoxid, die einen Angriff auf das Grundmaterial verhindert. Diese Oxidschicht macht Tantal sehr korrosionsbeständig. Allerdings ist es bei Raumtemperatur durch konzentrierte Flusssäure, saure Fluoridlösungen und Lösungen, die Fluoridionen enthalten, angreifbar. Auch alkalische Lösungen und eine Mischung aus Schwefelsäure und Schwefeltrioxid sowie NaOH und
KaOH greifen Tantal an.
Da Tantal nicht spröde ist, können sehr robuste Rohrbündelwärmeübertrager mit dünnwandigen und auch gebogenen Rohren hergestellt werden. Die Schweißbarkeit von Metallen erlaubt die Herstellung von Wärmeübertragern aus Ta, Zr und Ti ohne zusätzliche Dichtungen. Für Blockwärmeübertrager kommen diese Metalle nicht zum Einsatz, Tantal wird aber häufig für Auskleidungen von Apparaten aus Stahl verwendet (z. B. vollflächig verlötete Tantalauskleidung Cl-Clad).

Zirkonium: leichter zu verarbeiten
Wie Tantal bildet auch dieses Metall eine passive Oxidschicht auf der Oberfläche, in diesem Fall aus ZrO?, die es vor weiteren chemischen Reaktionen schützt. Schwefelsäure mit einer Konzentration von unter 70 %,  Salz- und Essigsäure greifen Zirkonium nicht an. Es korrodiert allerdings in Flusssäure, Königswasser und feuchtem Chlorgas. Da der Schmelzpunkt mit 1.857° C weit unterhalb von Tantal liegt, ist es beim Schweißen einfacher zu handhaben. Die Wärmeleitfähigkeit beträgt 23 W/mK und ist damit geringer als die von Tantal. In der Chemietechnik dient Zirkonium als Werkstoff für chemisch und mechanisch unempfindliche RohrbündelWärmeübertrager, es werden aber auch Pumpen, Armaturen und Rohrleitungen daraus hergestellt.

Titan meistert Chlorverbindungen und Chloride
Die Wärmeleitfähigkeit von Titan liegt bei 22 W/mK, das Metall bildet aber ebenso wie Tantal und Zirkonium eine passive Oxidschicht, die vor weiteren Reaktionen schützt. Es eignet sich hervorragend für feuchtes Chlorgas und chlorierte Verbindungen, Salzwasser und oxidierende Säuren, für die meisten anderen Säuren jedoch nicht. Titan wird hauptsächlich für gedichtete Platten- und Rohrbündelübertrager verwendet.
Fazit: In den meisten Rohrbündelwärmeübertragern sind die Wärmeübertragungsraten der dünnwandigen Rohre so hoch, dass alle hier beschriebenen Werkstoffe verwendet werden können. Die Wärmeleitfähigkeit wird in diesem Fall gegenüber anderen Eigenschaften zweitrangig. Viel wichtiger sind die Korrosions- und Temperaturbeständigkeit, spezielle Anforderungen an Abrasionsfestigkeit, Produktkontamination etc. und natürlich die Kosten.
Nach der Auswahl des geeigneten Materials für die verwendeten Prozessmedien und Parameter, entsprechend den oben angeführten physikalischen und chemischen Eigenschaften, sowie der Bauart des Wärmeübertragers sind die Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO) zu betrachten. Sie schließen Investitionen, Abschreibungen, Energie- und Wartungskosten, Lagerhaltung, Produktionsausfälle sowie viele weitere Faktoren mit ein. Bei Blockwärmeübertragern aus SiC beispielsweise sind sie erfahrungsgemäß im Vergleich zu Grafit bereits nach wenigen Jahren deutlich vorteilhafter und rechtfertigen damit die Wahl des höherwertigen Materials.

Hier finden Sie einen Beitrag über das Tantal-Beschichtungsverfahren CL-Clad

Hier finden Sie einen CT-Produktfokus zu Neuheiten bei Wärmeübertagern (2013)

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