Versorger sind in Krisenzeiten fein raus. Während Konsumgüter und projektbezogene Leistungen unter Preisdruck geraten, bleiben die Preise für Utilities wie Gas, Strom, Wasser, Dampf etc. in der Regel eher stabil. Doch was bis vor einigen Jahren angesichts langfristiger Verträge und Pflichtleistungen noch festgezurrt war, hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert: Standortdienstleister und -betreiber haben sich dem Wettbewerb gestellt und ringen um marktfähige Konditionen. „Allein die klare Aufgabenteilung und die Möglichkeit, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, ist für Unternehmen in einem Industriepark ein Wettbewerbsvorteil“, erklärt Dr. Roland Mohr, Geschäftsführer bei Infraserv Höchst.

Und so verfolgen Standortdienstleister mit eigenen Effizienzprogrammen seit Jahren allesamt das gleiche Ziel: Ansiedler langfristig am Standort halten. Doch mit der Wirtschaftskrise, die im September 2008 mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers begann, kam noch eine neue Dimension hinzu: Weitsichtige Standortbetreiber stellten sich die Frage, wie sie ihre Kunden unterstützen können, die um ihre Existenz ringen.

Eine heikle Frage. Denn mit Rabatten allein ist es nicht getan. Zu groß wäre die Gefahr, dass einerseits das Preisgefüge unter den wirtschaftlich unterschiedlich potenten Ansiedlern in einem Industriepark aus den Fugen gerät, und sich der Standortbetreiber andererseits langfristig wirtschaftlich schwächt. „Die Spielräume bei Preissenkungen oder Rabatten sind sehr gering, da wir in der Preisgestaltung bei vielen unserer Services in den vergangenen Jahren bereits das beste Quartil erreicht haben“, verdeutlicht Dr. Klaus Schäfer, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Currenta, dem Betreiber des Chempark. Und so ist in Krisenzeiten Kreativität gefragt. „Im aktuellen konjunkturellen Umfeld gilt es natürlich, neben einem langfristigen, kontinuierlichen Verbesserungsprozess auch Lösungen zu finden, die dem Kunden sofort einen spürbaren Nutzen bieten“, verdeutlicht Roland Mohr. „Anfang 2009 waren einige unserer Kunden in einer wirtschaftlich schwierigen Situation“, berichtet Dr. Christoph Broßmer, Leiter des Marketings beim Industriepark Wolfgang, Hanau: „Wir haben uns deshalb mit den Ansiedlern schnell auf ein Maßnahmenpaket geeinigt.“ Im Gegenzug für Rabatte und andere Zugeständnisse sicherte sich der Standortbetreiber beispielsweise langfristige Verträge für Leistungen und holte Geschäft, das der Dienstleister an Drittanbieter verloren hatte, wieder zurück. „Die Krise hat zu stärkeren Zusammenrücken geführt“, so Broßmer. Ähnliche Erfahrungen hat man in Leverkusen, Krefeld und Dormagen gemacht: „Es gibt Bereiche, in denen wir seit vielen Jahren trotz Lohn- und Preissteigerungen auf Preiserhöhungen im Chempark verzichtet haben. Das betrifft vor allem Leistungen, die personalintensiv sind und deren Kosten fix sind. Im Gegenzug unterstützen uns diese Kunden durch zusätzliche Beauftragung von Wahlleistungen“, berichtet Klaus Schäfer.

Im Industriepark Höchst packt man das kurzfristige Ziel der Entlastung der Kunden mit der Six-Sigma-Methodik an: „Gemeinsam mit dem Kunden bilden wir bereichsübergreifende Projektteams, die in den verschiedensten Bereichen Effizienzsteigerungspotenziale identifizieren und innerhalb weniger Monate zu Ergebnissen kommen“, berichtet Mohr und verdeutlicht den Nutzen durch ein Beispiel: „Mit einem Unternehmen am Standort wurden nach der Six-Sigma-Methode von April bis Oktober 2009 15 Infrastruktur-Projekte bearbeitet, die neben Qualitätsverbesserungen ein Einsparvolumen von mehr als einer Million Euro mit sich bringen.“ Bei der Analyse der Abfallströme fanden Entsorgungsexperten heraus, dass einige Materialien nicht verbrannt werden müssen, sondern in der Biogas-Anlage am Standort verwertet werden können.

Und noch eine weitere Folge der Wirtschaftskrise machen sich die Betreiber zum Teil zu Nutze: „Wir geben Preisreduktionen bei den Primärrohstoffen wie Gas, Kohle, Öl und Strom direkt an die meisten Kunden weiter. Gerade im Bereich der Energieerzeugung und auch der Abwasserbehandlung reagieren wir mit größtmöglicher Flexibilität auf die schwankenden Produktionsanforderungen der Kunden“, erklärt Klaus Schäfer.

Doch neben der Sorge um die Kunden und Ansiedler sind die Standortbetreiber auch selbst von der konjunkturellen Situation betroffen. Weniger Produktionsvolumen bei den Chemieunternehmen bedeutet für die Standortbetreiber und -dienstleister eine reduzierte Nachfrage an Infrastrukturleistungen, Energie, Entsorgungsleistungen und anderen Services. „Durch das breite, branchenübergreifende Kundenportfolio des Industrieparks Höchst trifft uns die konjunkturelle Situation beispielsweise der Chemiebranche nicht in vollem Umfang“, berichtet Roland Mohr: „Vor allem aber zahlt es sich in der aktuellen Situation aus, dass wir schon in den vergangenen Jahren umfangreiche Effizienzsteigerungsmaßnahmen umgesetzt haben und uns bereits auf die Kernaufgaben als Standortbetreiber und Industriedienstleister fokussiert haben. So wurden zahlreiche Six-Sigma-Projekte erfolgreich durchgeführt, das jährliche Einsparvolumen liegt im zweistelligen Millionenbereich.“ Bislang bewahren diese Anstrengungen den Betreiber davor aufwändige Restrukturierungsprogramme durchführen zu müssen. Mohr: „Ungeachtet der aktuellen Verwerfungen bauen wir unsere Energieerzeugungs- und -versorgungsinfrastruktur weiter um und aus, um die derzeitige Wettbewerbsposition im Bereich Energie in der Zukunft noch ausbauen zu können.“

Bei Currenta hat die Krise selbst zu konkreten Einsparmaßnahmen geführt: „Wir haben uns bereits Anfang 2008 mit einem Projekt auf die drohende Wirtschaftskrise eingestellt und aufgrund von Szenarien Maßnahmen erarbeitet, die wir teilweise schon in 2008 vorbereitet haben“, berichtet Klaus Schäfer und nennt als Beispiel das Inscourcing von Fremdaufträgen: „In einigen Bereichen konnte die Auftragsvergabe an Fremdfirmen reduziert und Services mit eigenen Mitarbeitern erbracht werden, z.B. im Werkschutz beim Tordienst.“ Aber auch das Energiesegment bietet Potenzial: „Wir haben die Brennstoff-Beschaffung und den Brennstoff-Mix aus Kohle und Gas optimiert und so die Wirtschaftlichkeit weiter verbessert.“ Eine weitere Möglichkeit für kurzfristige Einsparungen bietet die Instandhaltung: In einigen Chemieparks werden nicht unbedingt notwendige Maßnahmen aufgeschoben. Aber auch andere Kostenarten – wie z.B. Reise- und Bewirtung – stehen auf dem Prüfstand: „Wir gehen davon aus, dass wir so den zurückgehenden Absatz und den Preisdruck bei Wahlleistungen auffangen. Auch Zusatzbelastungen wie beispielsweise aus den Zuwendungen für den Pensionssicherungsverein, können wir so kompensieren“, berichtet Schäfer.

Ob die aktuelle Konjunktursituation langfristige Konsequenzen für das Industriepark-Segment haben wird, bleibt offen. Einerseits zeigt sich das Modell krisenresistet, da produzierende Unternehmen im Industriepark wie sonst nirgends von Infrastrukturaufgaben entlastet werden. Andererseits nutzen Industrieparkbetreiber die Situation, um mehr Leistungen anzubieten – und erfüllen dabei einen Wunsch der Ansiedler, weiß Christoph Broßmer: „Die Produzenten wollen nicht mehr mit vielen verschiedenen Firmen verhandeln. Das integrale Modell, Leistungen über einen Anbieter zu bündeln, bleibt aktuell.“

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Unternehmen

Infraserv GmbH & Co. Höchst KG

Industriepark Höchst
65926 Frankfurt
Germany

CURRENTA GmbH & Co. OHG

CHEMPARK Ansiedlungen & Projekte, Geb. E1
51368 Leverkusen
Germany

Industriepark Wolfgang GmbH

Rodenbacher Chaussee 4
63457 Hanau
Germany