Juni 2012
  • Jeder Buchstabe von SMART steht für ein Qualitätskriterium in der Zielformulierung: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminierbar.
  • Nach SMART sollen Ziele eindeutig formuliert und so präzise wie möglich sein.
  • Ein Ziel sollte immer positiv formuliert sein und wird erheblich attraktiver, sobald es als Endzustand formuliert ist.
  • Energetisierende Zielformulierungen brauchen emotionale Komponenten.
  • Erfahrungsgemäß lösen Ziele, die etwas oberhalb des Realistischen liegen, ungleich höhere Motivation aus.
Nicht nur beim Golfspiel, sondern auch im geschäftlichen Umfeld ist es schwierig, die gesteckten Ziele zu erreichen (Bild: © shoot4u - fotolia.com)

Nicht nur beim Golfspiel, sondern auch im geschäftlichen Umfeld ist es schwierig, die gesteckten Ziele zu erreichen (Bild: © shoot4u - fotolia.com)

Für eine gute Formulierung von Zielen kennen Sie vermutlich „SMART“. Ziele müssen SMART sein. Jeder Buchstabe steht für ein Qualitätskriterium in der Zielformulierung: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminierbar. Diesem Modell stelle ich hier ein paar weitere Kriterien an die Seite.

Spezifisch

Nach SMART sollen Ziele eindeutig formuliert und so präzise wie möglich sein. Wie spezifisch ist die Formulierung: „Wir beabsichtigen, unser Ergebnis im nächsten Jahr zu steigern.“? Wie ist „Ergebnis“ definiert? Was bedeutet „steigern“? Reicht für die Zielerreichung, wenn das Ergebnis um 1 Euro höher ist als im vergangenen Jahr?

Auch sehe ich bei dieser Zielformulierung den Fokus auf den Prozess („steigern“) und nicht auf das Ergebnis gerichtet. Mühen und Schwierigkeiten geraten damit in den Vordergrund. Das entmutigt sehr schnell, Ziele werden aufgegeben, oder es wird nach Auswegen gesucht. Ein Ziel wird erheblich attraktiver, sobald es als Endzustand formuliert ist: „Unser EBIT ist um 4 % gestiegen.“ Oder „Wir haben eine Fehlerquote unter 1?% erreicht.“.

Positiv formulieren. Das letzte Beispiel zeigt ein weiteres Kriterium für eine gute Zielformulierung: Formulieren Sie Ziele positiv. Eigentlich entspricht unser Beispiel diesem Kriterium, der Begriff „Fehlerquote“ deutet aber auf etwas Negatives, nämlich auf Fehler hin. Viele Unternehmen haben deshalb bereits die „Krankenquote“ oder „Fehlzeitenquote“ begrifflich auf die „Gesundheitsquote“ umgestellt. Vielleicht finden Sie jetzt noch bessere Definitionen für Ihre Kennzahlen, solange Sie überhaupt welche nutzen möchten. Aber dazu später mehr.

Für eine gute Zielformulierung stellen Sie sich die Frage: Woran merke ich, dass ich das Ziel erreicht habe? Ich nenne Ihnen hierzu ein schlechtes Beispiel: Ein Abteilungsleiter, der für das Qualitätsmanagement verantwortlich ist, hatte in seiner Zielvereinbarung folgende Formulierung stehen: „Einführung eines neuen Qualitätsmanagement-Systems nach DIN ISO 16949 bis zum 31. Dezember 20..“ Interessant daran ist, dass das Unternehmen dieses QM-System über viele Jahre hinweg eingeführt hat. Das Ziel war die Einführung und nicht, dass das Unternehmen ein funktionsfähiges und wirksames QM-System hat. Beschreiben Sie in Ihren Zielformulierungen den Endzustand. Wie ist es, wenn das Ziel erreicht ist?

Messbar

Mit diesem Kriterium dürfen Sie vorsichtig umgehen. Messbare Kriterien in der Zielformulierung dienen sicherlich dem Zweck, festzustellen, dass Sie das Ziel erreicht haben. Gerne nutzen wir hierzu betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Es ist jedoch interessant zu sehen, wie das menschliche Gehirn Zahlen verarbeitet. Kleine Zahlen (einstellig, im Bereich des kleinen Einmaleins) werden von den meisten Menschen auditiv verarbeitet: Wir haben in unserem Gehirn eine Tonspur abgelegt, die uns das Ergebnis von „Fünf mal Fünf“ oder „Drei plus Vier“ liefert. Größere Zahlen verarbeiten wir im Gehirn visuell: Wir errechnen auf einem virtuellen Blatt Papier im Kopf das Ergebnis für 312 x 273 oder für 2312 + 18 – 322 mit den in der Schule gelernten Algorithmen. Und gleichgültig, wie wir (Kenn-)Zahlen verarbeiten, es findet keine emotionale Aktivierung statt. Zahlen werden Sie und Ihre Mitarbeiter deshalb niemals motivieren.
Für eine gute Zielformulierung nehmen Sie besser das Ergebnis hinter dem Ergebnis. Hier helfen vielleicht Formulierungen wie „Unser Wettbewerb ist ganz erstaunt, dass wir unser EBIT um 10 % steigern konnten.“ Oder: „Unsere Kunden bedanken sich bei uns für eine ausgezeichnete Zusammenarbeit in diesem Geschäftsjahr. Wir bedanken uns bei ihnen für die Treue und freuen uns über eine mehr als 10%ige Steigerung des EBIT.“ Mit geschäftlicher Sachlichkeit erreichen Sie keine motivierende Wirkung bei Ihnen bzw. Ihren Mitarbeitern. Energetisierende Zielformulierungen brauchen emotionale Komponenten.

Akzeptiert

Nach SMART sollen Ziele vom Empfänger akzeptiert sein. Es ist eine erfolgreiche Strategie, Ziele mit Mitarbeitern gemeinsam zu formulieren. Gelingt Ihnen das auf Augenhöhe und partnerschaftlich, so gewinnen Sie automatisch die Akzeptanz Ihrer Mitarbeiter. Zur Vorbereitung eines Zielvereinbarungsgespräches, wie es in vielen Unternehmen üblich ist, könnten Sie Ihrem Mitarbeiter Ihre eigenen Ziele (vollständig oder auszugsweise) vorstellen und ihn fragen, welchen Beitrag er zu diesen Zielen leisten will. In der Regel fordern Sie den Mitarbeiter damit heraus und fördern ein gemeinsames „Ziehen am selben Strang“.

Realistisch

Das SMART-Modell verlangt realistische Ziele. Gerade im Verkauf habe ich jedoch erfahren, dass die formulierten Ziele in 25 bis 40 % der vereinbarten Zeit erreichbar sind. Die Zielformulierungen sind dann zwar realistisch, jedoch in keiner Weise „sportlich“. Ihre Mitarbeiter suchen – im angstfreien Raum – jedoch gerne Herausforderungen. Und am liebsten suchen sie sich diese Herausforderungen selbst.

Meine Erfahrung zeigt, dass Ziele, die etwas oberhalb des Realistischen liegen, ungleich höhere Motivation auslösen. Dies hat lediglich nur eine weitere Voraussetzung: Die für die Zielerreichung notwendigen Ressourcen müssen dem Mitarbeiter zur Verfügung stehen oder beschaffbar sein. Und das bedeutet nichts anderes, als dass Ziele selbst erreichbar sein müssen.

Fragen Sie sich für Ihre eigenes Ziel mal ehrlich: Wenn Sie „Vollgas“ geben und alle Prioritäten auf das Ziel richten, wie viele Monate benötigen Sie, um Ihr Jahresziel zu erreichen? Möglicherweise stellen Sie mit dieser Frage jetzt fest, dass es ein enormes ungenutztes Potenzial gibt. Das ist auch der Grund, warum in Unternehmen, die „am Rande des Abgrunds“ stehen, plötzlich ein enormer Energieschub entsteht.

Terminierbar

Ziele sollen einen klar definierten Termin haben. Im geschäftlichen Umfeld ist dies – außerhalb von Projekten – in der Regel das Ende des Geschäftsjahres. Für Ziele, die längerfristig formuliert sind (wir bezeichnen sie eher als „Visionen“), ist dieses Erfolgskriterium nicht entscheidend. Unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen einer realen und einer imaginierten Situation. Es schüttet in beiden Fällen den gleichen Motivations-Cocktail an Neurotransmittern und Hormonen aus.

Setzen Sie Termine eher knapp als großzügig. Wie gesagt, es darf schon ein wenig sportlich sein. Ich bin überzeugt, dass Sie viel Effizienz dadurch verlieren, wenn Sie Ziele auf das Ende des Geschäftsjahres terminieren. In der ersten Zeit ist die „Deadline“ noch weit entfernt und Sie bzw. Ihre Mitarbeiter entwickeln nur wenig Motivation.

Zwei ergänzende Kriterien

VAKOG: Wir nehmen unsere Umwelt über die fünf Sinneskanäle war: Visuell (Sehen), Auditiv (Hören), Kinästhetisch (Fühlen), Olfaktorisch (Riechen) und Gustatorisch (Schmecken). Den wesentlichen Anteil daran haben die ersten drei Sinneskanäle. Und auch wenn wir uns eine Situation nur vorstellen, sie also im Moment gar nicht real erleben, „repräsentieren“ wir diese Situation in unserem Gehirn auf diesen fünf Kanälen.

Für unsere Zielformulierung bedeutet dies, dass wir möglichst viele dieser Repräsentationskanäle nutzen sollten, um das Ziel zu beschreiben: Sobald Sie das Ziel erreicht haben werden, was sehen, hören und fühlen, möglicherweise auch riechen und schmecken Sie? „Unsere Kunden bedanken sich bei uns für eine ausgezeichnete Zusammenarbeit in diesem Geschäftsjahr …“ lässt sich leicht durch visuelle und auditive Vorstellungen ergänzen: Sie sehen Kunden, die sich bedanken, Sie lesen E-Mails, in denen Kunden sich bedanken, Sie hören die Telefonate, die Sie am Jahresende mit zufriedenen Kunden führen und vielleicht gibt es auch ein Kundenevent, auf dem Dankesworte geäußert werden. Nutzen Sie in der Zielformulierung auf jeden Fall die ersten drei Kanäle, um Ihre Ziele zu beschreiben.

Umwelt-Check: Hier checken Sie kurz (!), welche Konsequenzen es für Sie und Ihre Umgebung hat, wenn Sie Ihr Ziel verfolgen. Beispielsweise haben Sie ein Ziel, das viel „sportlicher“ ist als das Ihrer Kolleginnen und Kollegen. Wie werden diese Sie anschauen, sobald Sie Ihr Ziel erreicht haben und die anderen weit hinter deren Zielen zurück liegen? Was bedeutet das Ziel für Ihre Familie, Freunde, Freizeit, Hobbies und Gesundheit?

Gehen Sie diesen Check gewissenhaft und ehrlich an, fassen Sie ihn allerdings kurz. Prüfen Sie kurz, ob es hier und da Konsequenzen geben könnte, und ob diese für Sie akzeptabel sind. Je länger Sie sich daran aufhalten, um so sicherer ist es, dass Sie jedes noch so kleine Ziel zerstören.

Gute Zielformulierungen nach den vorgenannten Kriterien führen Sie privat sowie beruflich und geschäftlich zu mehr Erfolg. Und Sie stellen sehr schnell fest, dass Ihre Mitarbeiter mehr Orientierung finden und deutlich motivierter sind. Darüber hinaus fördern diese Zielformulierungen auch Ihre Gesundheit und die Ihrer Mitarbeiter. Und das Beste zum Schluss: Erst nachdem Sie Ihre Ziele entsprechend der hier dargestellten Kriterien formuliert haben, können Sie für Ihr Tun und das Ihrer Mitarbeiter Prioritäten setzen. Meine Erfahrung ist, dass Sie zwischen 30 und 80 % Ihrer bisherigen Tätigkeiten ersatzlos streichen bzw. delegieren können.

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