Europe at night from space, city lights, elements from NASA

(Bild: NicoElNino – AdobeStock)

Das Jahr 2050 scheint zwar noch weit entfernt. Aber für eine Industrie, die in Größenordnungen von Jahrzehnten denkt, sind das nur zwei Investment-Zyklen – also praktisch übermorgen. Außerdem sitzt die Chemieindustrie im Zentrum des Geschehens: Sie ist mit praktisch jeder anderen Industrie vernetzt und liefert Rohstoffe und Spezialmaterialien für alle erdenklichen Produkte, von Baumaterial über Energieträger bis hin zu Lebensmittelzusätzen und Medikamenten. Von zukünftigen Entwicklungen ist die Chemie also einerseits massiv betroffen, sie hat andererseits als Molekülmanager auch entscheidenden Einfluss darauf.

Um sich auf die Zukunft vorzubereiten, hat der Cefic-Vorstand im Oktober 2017 zunächst über 300 Interessenvertreter aus Wissenschaft, Regierungen und Think Tanks zusammengerufen. Diese Vertreter aus verschiedenen Disziplinen diskutierten über Megatrends, alternative Rohstoffe, Kreislaufwirtschaft, Klimawandel und den europäischen Energiemix. Daraus entstand eine Reihe von Annahmen, mit denen der Verband wiederum hunderte von Experten aus aller Welt zu weiteren Diskussionen herausforderte. Diese flossen in einen Lagebericht der heutigen Chemieindustrie, in Europa und im Kontext des globalen Wettbewerbs, und zeichnen ein Bild der Zukunft.

Wie also sieht Europa 2050 aus?

Häuser und Wohnungen sind CO2-neutral. Selbstfahrende Fahrzeuge und Carsharing sind normal. Brennstoffzellen oder alternative Kraftstoffe ersetzen Diesel und Kerosin im Frachtverkehr. Erneuerbare und andere emissionsarme Energiequellen haben weltweit rund zwei Drittel der fossilen Brennstoffe ersetzt. Europa verursacht keine Netto-CO2-Emissionen mehr.
Daten haben Öl als wertvollsten Rohstoff ersetzt. Data-­Mining, künstliche Intelligenz vorausschauende Wartung und datenbasiertes Prozessmanagement werden die Industrie verändern. Blockchain-Technologie wird radikale Transparenz durchsetzen und den Weg eines Moleküls entlang der Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Recycling verfolgen.

Fast alles ist so entwickelt, dass es sich recyceln lässt, und selbst Abgase dienen als Rohstoffe in vollständiger Kreislaufwirtschaft. Europa hält weltweit die Führungsposition in Sachen Nachhaltigkeit. Zukunftsmusik? Ja, aber hörbare. Der Bericht bezeichnet jeden einzelnen dieser Punkte für sich allein bereits als „höchst plausibel und höchst wünschenswert“, und sogar noch plausibler und wünschenswerter, wenn daraus ein übergreifendes System wird.

Nachhaltige Impulse aus der Chemie

Die Verfasser der Studie gehen davon aus, dass sich die Tendenzen zu Nationalismus und Protektionismus bis 2050 nicht aufgelöst haben. Entsprechend schärfer wird der Wettbewerb zwischen den Weltregionen. Die beste Chance für Europa sehen die Autoren in technologischer Marktführerschaft und im Prinzip „Klasse statt Masse“. Dazu gehört auch die Entwicklung und frühzeitige Implementierung von Technologien zum Abfedern der Klimakrise. Nachhaltige Kreislaufwirtschaft ist eine grundlegende Voraussetzung.

Hier soll die chemische Industrie in Europa die nötigen Impulse setzen: Digitalisierung und Transparenz sind die Werkzeuge für effiziente Produktion. Entwicklung und Weiterentwicklung disruptiver Technologien wie Wasserstofferzeugung, Brennstoffzellen und künstlicher Photosynthese, aber auch CO2-Fixierung und -Verwertung sind das Ziel. Schon jetzt sind diese Methoden in der Entwicklung, einige machen gerade den Sprung in den Großmaßstab.

Klimaneutrale Kreislaufwirtschaft bis 2050 ist ein ehrgeiziges Ziel und für die chemische Industrie in ihrem Zentrum eine „beängstigende Verantwortung.“ Denn das alles geht nicht ohne politische und gesellschaftliche Rückendeckung. Die Zukunftsstudie appelliert darum an die Politik, die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (US Sustainable Development Goals) als Rchtlinie zu nehmen. Diese zu erfüllen, erfordert jedoch eine „nie dagewesene Mobilisierung von Investitionsgeldern sowie der Gesellschaft und jedem Sektor der europäischen Wirtschaft.“ Da sich das Leben jedes Einzelnen verändern wird, muss auch jeder Einzelne an der Veränderung mitarbeiten.

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