Raffinerie bei Nacht

Der Anlagenbau sieht sich mit vielen Herausforderungen konfrontiert. (Bild: Thorsten Schier – Fotolia)

  • Mit einem Auftragseingang in Höhe von 18,9 Mrd. Euro ist das Geschäft der Großanlagenbauer in 2016 um drei Prozent geschrumpft – und lag damit auf dem niedrigsten Stand seit 2004.
  • Aus dem Ausland kamen zehn Prozent weniger Aufträge, die Zahl der Mitarbeiter sank um zwei Prozent auf 57.800 Beschäftigte.
  • Um dem Strukturwandel Rechnung zu tragen, rücken für den Großanlagenbau Projekte mit einem Volumen unter 100 Mio. Euro verstärkt in den Fokus.
1- Auftragseingang geändert

Geschäftsverlauf des deutschen Großanlagenbaus seit 1970. Die Branche hängt stark von ausländischen Märkten ab. Seit dem Rekordjahr 2008 ist der Auftragseingang um 13,3 Mrd. Euro zurückgegangen. (Daten: VDMA; Grafik: CHEMIE TECHNIK)

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Das Gros der Aufträge im deutschen Großanlagenbau kommt aus dem Ausland. Zwischen den Auftragseingängen im Rekordjahr 2007 und dem in 2015 liegen über 10 Mrd. Euro. (Daten: VDMA; Grafik: CHEMIE TECHNIK)

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Die Bestellungen aus Deutschland sind in den vergangenen Jahren insbesondere aufgrund der Situation im Kraftwerksmarkt rückläufig. Vom Rekord-Auftragseingang 1993 ist die Branche weit weg. (Daten: VDMA; Grafik: CHEMIE TECHNIK)

Mit einem Auftragseingang in Höhe von 18,9 Mrd. Euro ist das Geschäft der Großanlagenbauer in 2016 um drei Prozent geschrumpft – und lag damit auf dem niedrigsten Stand seit 2004. Aus dem Ausland kamen zehn Prozent weniger Aufträge, die Zahl der Mitarbeiter sank um zwei Prozent auf 57.800 Beschäftigte. Dennoch gab sich Jürgen Nowicki, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA und Sprecher der Geschäftsleitung des Anlagenbau-Geschäftsbereichs bei Linde, zuversichtlich: „Angesichts des herausfordernden Umfelds werten wir es als Zeichen hoher Wettbewerbsfähigkeit, dass der Großanlagenbau sich insgesamt nahezu stabil in seinen Märkten behaupten konnte.“

Gleichzeitig bleiben niedrige Rohstoffpreise, Überkapazitäten und politische sowie wirtschaftliche Risiken weiter bestehen – mit einer Trendwende ist im laufenden Jahr nicht zu rechnen, berichtet der Verband. „Immerhin erhofft sich rund die Hälfte der Befragten leicht steigende Auftragseingänge“, so Nowicki – doch die überwiegende Mehrheit der Mitgliedsunternehmen des Verbands rechnet „bestenfalls“ mit stagnierenden Umsätzen sowie weiter rückläufigen Beschäftigtenzahlen.

Problematisch sieht der Verband die Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen im Weltmarkt zwischen Anbietern, die sich den Standards der OECD unterwerfen, und anderen. „Hier wünschen wir uns mehr Unterstützung von der Politik. Wenn ein Level Playing Field existiert, haben wir deutschen Anbieter keinen Grund zur Sorge“, so Nowicki.

Projekte unter 100 Mio. Euro Volumen rücken in den Fokus

Dass der Bestellrückgang nicht deutlich höher ausgefallen ist, lag an einer Reihe von Megaaufträgen aus Ägypten und Russland; die für den Großanlagenbau wichtigen Projekte in der Größenordnung von 125 bis 500 Mio. Euro verharrten auf niedrigem Niveau. Die Inlandsbestellungen zogen mit 3,7 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr zwar an, das Niveau blieb dennoch insgesamt vergleichsweise niedrig, der langjährige Durchschnitt liegt bei 4,6 Mrd. Euro pro Jahr. Grund dafür sind fehlende Kraftwerksaufträge, die der Energiewende geschuldet sind.

Um dem Strukturwandel Rechnung zu tragen, rücken für den Großanlagenbau Projekte mit einem Volumen unter 100 Mio. Euro verstärkt in den Fokus. Getrieben wird diese Entwicklung von veränderten Kundenbedürfnissen: Die Käufer wünschen sich die Lieferung modularer Anlagen, die mit digitalen Schnittstellen ausgestattet sind und auf denen sich kleine Losgrößen flexibel herstellen lassen. Auf das Großprojektgeschäft ausgelegte Managementprozesse sollen deshalb an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. „Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit sind in diesem Umfeld die neuen Trümpfe“, erklärt Nowicki.

Vorsichtiger Optimismus durch Technologiekompetenz und Digitalisierung

Mit einem Weltmarktanteil von 15 Prozent sehen sich die Unternehmen des deutschen Großanlagenbaus vor allem als Innovations- und Technologieführer im globalen Markt. Daneben sehen die Unternehmen der Branche eine hohe Service- und Ausbildungskompetenz sowie die Fähigkeit, Anlagen zu betreiben und sie mit digitaler Intelligenz auf- und nachzurüsten als spezifische Stärken. Und insbesondere in Afrika sowie Süd- und Zentralasien sowie den USA und dem Iran erhofft sich die Branche gute Absatzchancen. „Insofern schauen die Unternehmen mit Optimismus in die Zukunft“, gibt sich Jürgen Nowicki optimistisch. 1705ct929

Die Situation des Großanlagenbaus ist auch Thema des 5. Engineering Summit, der am 4. und 5. Juli in Mannheim stattfinden wird. Infos unter www.engineering-summit.de

Hier finden Sie weitere CT-Berichte zur Situation im Großanlagenbau.

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