Juni 2011

  • Clamp-on-Ultraschallsensoren werden einfach außen auf dem Rohr aufgespannt.
  • Bei der Ruhr Oel Raffinerie in Gelsenkirchen wurden am Coker fünf Durchflussmessstellen mit Clamp-on-Ultraschalldurchflussmessern installiert.
  • Wegen der hohen Temperaturen bis 360°C wurden die Ultraschallsensoren auf dem Waveinjector installiert. Diese mechanische Vorrichtung isoliert die Sensoren thermisch vom heißen Rohr.
  • Über große Stahlplatten wird die Wärme abgestrahlt, so dass die Temperatur an den Befestigungsstellen für die Sensoren in deren Arbeitsbereich liegt.

Bei Nennung des Städtenamens Gelsenkirchen werden die meisten Zeitgenossen zunächst an die blau-weiß gewandeten Mannen des FC Schalke 04 denken und dann womöglich noch an die Förderung und Verarbeitung von Kohle, des sprichwörtlichen schwarzen Goldes des Ruhrgebiets, nicht aber an die Erzeugung flüssiger Kraftstoffe aus Mineralöl. Tatsächlich ist Gelsenkirchen ein bedeutender Raffineriestandort. Mit einer Gesamtverarbeitungskapazität von über 12 Mio. Tonnen Rohöl jährlich gehören die beiden in den Gelsenkirchener Stadtteilen Scholven und Horst gelegenen Werke heute zu den größten Verarbeitungsanlagen für Mineralöl in Deutschland. Die Anlagen gehören der Ruhr Oel GmbH, ihr Betrieb liegt in der Hand der BP Gelsenkirchen GmbH.

Ziel jeder Raffinerie ist es, das eingesetzte Rohöl möglichst vollständig zu vermarktbaren Produkten zu verarbeiten. Als entscheidend erweist sich dabei die Aufbereitung jener schweren Rohölfraktionen, die im Raffineriejargon kurz als «Bottom of the barrel» bezeichnet werden, also jene Gemische aus längerkettigen Kohlenwasserstoffen, die bei der atmosphärischen und der Vakuumdestillation als Rückstand zurückbleiben. Verschiebungen beim Angebot wie bei der Nachfrage verstärken die Bedeutung der Konversionsanlagen, in denen Destillationsrückstände zu verwertbaren Produkten umgewandelt werden.

Schwierige Durchflussmessungen im Delayed Coking

Die RuhrOel Raffinerie Gelsenkirchen verfügt über drei Destillations- und fünf Konversionsanlagen und zählt damit zu den komplexesten Raffinerien innerhalb des BPKonzerns weltweit. Herzstück der Aufbereitung der Destillationsrückstände ist seit 1969 die Cokeranlage im Werk Horst. Chemisch betrachtet ist die Verkokung ein thermischer Crackprozess, bei dem als ein Reaktionsprodukt Kohlenstoff anfällt. Der Coker in Gelsenkirchen arbeitet wie weltweit die meisten vergleichbaren Anlagen nach dem Verfahren des Delayed Coking. Dabei wird das Einsatzprodukt, der Rückstand aus der Vakuumdestillation, unter Druck und mit hoher Strömungsgeschwindigkeit in einen Ofen geleitet und auf etwa 500°C erhitzt. Der verfahrenstechnische Kniff beim Delayed Coking liegt in der kurzen Verweildauer des Rückstandsgemischs im Ofen, so dass es über die Verkokungstemperatur erhitzt wird, es aber noch nicht zu signifikanten Koksbildungen kommt. Dies geschieht dann „delayed“, also verzögert, in nachgeschalteten Kammern. Die in diesem thermischen Prozess ebenfalls entstehenden leichteren Kohlenwasserstoffe werden fraktioniert und in weiteren Verarbeitungsschritten zu höherwertigen Endprodukten veredelt.

Zur Verfahrensführung sind Durchflussmessungen selbstverständlich unverzichtbar, durch die extremen Prozessbedingungen jedoch äußerst anspruchsvoll. Die hauptsächliche Herausforderung liegt in der ständigen Präsenz von Festkörpern in Form feinster Kokspartikel, die sich auf der inneren Rohrwand ebenso ablagern wie auf den benetzten Teilen mechanischer Messgeräte. Schon seit Langem suchte man daher in Gelsenkirchen nach Alternativen zur konventionellen Durchflussmessung nach dem Druckdifferenzverfahren, wo insbesondere die feinen Druckaufnehmerröhrchen schnell verstopfen, was zum Ausfall der Messung führt. Früher installierte Messblenden mussten regelmäßig mit Sealöl gespült werden, was eine Verschwendung wertvoller Endprodukte bedeutete.

Clamp-on als Alternative zu benetzten Sensoren

Als elegante Alternative zu benetzten Messverfahren erweist sich die eingriffsfreie akustische Durchflussmessung mit Ultraschall. Dabei handelt es sich um ein Außenseiterverfahren im wahrsten Sinne des Wortes: Clamp-on-Ultraschallsensoren werden einfach außen auf dem Rohr aufgespannt, geraten nicht mit dem innen fließenden Medium in direkten Kontakt und sind daher keinem mechanischem Verschleiß durch mitgeführte Partikel ausgesetzt. Wirbelmesser, die sich ebenfalls als relativ abrasionsresistent erwiesen hatten, zeigten sich jedoch anfällig gegenüber Belagsbildungen auf dem Messkörper sowie gegenüber Störungen durch Eigenschwingungen der Anlage. Die eingriffsfreie Durchflussmessung mit Clamp-on-Ultraschalltechnik kennt diese Probleme nicht.

Am Gelsenkirchener Coker wurden fünf Durchflussmessstellen mit Ultraschalldurchflussmessern Fluxus ADM 8027 installiert. Das System bestimmt aus der Laufzeitdifferenz des Ultraschalls und den geometrischen Rohrparametern den Volumendurchfluss. Wenn die Beziehung von Temperatur und Mediendichte bekannt und die Temperatur an der Messstelle entweder konstant ist oder aufgenommen wird, ist auch die Ausgabe des Massestroms möglich. Der Messumformer ist explosionsgeschützt und für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen (Zone 1) zertifiziert. Auch die verwendeten Ultraschallsensoren sind explosionsgeschützt ausgeführt.
Das schwere Gasöl hat beim Eintritt in den Röhrenofen eine Temperatur von 350°C, der vom Coker dem Fraktionierturm zugeleitete Stoffstrom gar 360°C. Auch an den drei weiteren mit Clamp-on-Sensoren ausgerüsteten Durchflussmessstellen werden Temperaturen von 165bis 190°C erreicht. Wegen der hohen Temperaturen wurden die Ultraschallsensoren auf dem Waveinjector installiert. Diese mechanische Vorrichtung isoliert die Sensoren thermisch vom heißen Rohr. Über große Stahlplatten wird die Wärme abgestrahlt, so dass die Temperatur an den Befestigungsstellen für die Sensoren in deren Arbeitsbereich liegt. Gleichzeitig sorgen die Koppelplatten für einen guten akustischen Kontakt, da die robuste Montagevorrichtung für einen dauerhaft hohen Anpressdruck an der Auflagefläche sorgt. Auch die speziell angepassten Metallfolien dienen der optimalen Verbindung und Langzeitstabilität.

Messung bis 400 °C möglich

Der Waveinjector dehnt den Anwendungsbereich der Clamp-on-Ultraschalltechnik auf Temperaturen bis zu 400°C aus. Die Durchflussmessstelle wird bei laufendem Betrieb eingerichtet. Die Rohrleitung hat auch nach Montage des Messsystems einen komplett freien Durchgang ohne jegliche Einbauten, welche dem fließende Medium ausgesetzt sind. Ein weiterer Vorteil der Ultraschalltechnik liegt in ihrer außerordentlichen Messdynamik. Da die eingestrahlte Ultraschallwelle trägheitslos vom fließenden Medium mitgenommen wird, werden auch noch sehr kleine Strömungen zuverlässig erfasst.

Entscheidend für den Betreiber einer Anlage, die jahrelang bei möglichst voller Auslastung rund um die Uhr arbeiten soll, ist das zuverlässige Funktionieren sämtlicher Installationen. Außerplanmäßige Stillstandszeiten bedeuten kostspielige Produktionsverluste. Der große Turnaround, der planmäßige Gesamtanlagenstillstand zu umfassenden Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten, findet in der RuhrOel Raffinerie Gelsenkirchen alle fünf Jahre statt. Seit Anfang 2007 sind die Ultraschalldurchflussmesser nun am Gelsenkirchener Coker installiert und messen seitdem zuverlässig und störungsfrei. Auch der Instandhaltungsaufwand konnte nachhaltig reduziert werden.

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