Haushalt

(Bild: dispicture – Adobe Stock)

  • Das Dosieren von Pulvern und Granulaten erfordert zunehmend hohe Genauigkeiten bei immer kleineren zu dosierenden Mengen. Gravimetrische Überwachung und intelligente Steuerungen ergänzen hier die typische volumetrische Dosiertechnik.
  • Auch in der chemischen Industrie wächst der Bedarf nach hygienischen oder leicht zu reinigenden Lösungen, sowohl aus Gründen der Sicherheit wie auch für schnelle Produktwechsel und geringe Wartungszeiten.

Bei der Genauigkeit gilt es, verschiedene Ansprüche zu unterscheiden. Einerseits soll ein Dosiersystem natürlich genau so viel von einem Rohstoff in einen Prozess einbringen, wie gewünscht – nicht mehr und nicht weniger. Wer in der Küche das Salz Prise für Prise zugibt, erhält ein sehr fein abgeschmecktes Essen, er benötigt aber auch deutlich länger als derjenige, der das Salz aus dem Handgelenk und direkt aus der Packung zuschüttet. Die Suppe zu versalzen, kommt in der Prozessindustrie nicht in Frage, aber lange Kochzeiten sind ebenfalls schlecht fürs Geschäft.

Insbesondere die Kurzzeitdosiergenauigkeit ist bei vielen Prozessen sehr wichtig“, bestätigt Karl-Heinz Klein, Key-Account-Manager bei Coperion K-Tron. Bei kontinuierlicher Fertigung fällt dies sogar noch deutlicher ins Gewicht, da hier eine außerordentlich genaue Konstanz der Dosierung für gleichbleibende Produktqualität erforderlich ist. Bei Batchprozessen kostet eine langwierige Zudosierung lediglich mehr Zeit – was für viele Betreiber bereits schlimm genug ist.

Volumen oder Gewicht

Um die Genauigkeit zu steigern, setzen die Hersteller vermehrt auf gravimetrische Lösungen anstatt rein volumetrischer Dosierung. Wobei es hier zu beachten gilt: Die Dosierung selbst erfolgt in der Regel nach wie vor volumetrisch, etwa über eine drehzahlgeregelte Dosierschnecke. Zusätzlich verfügen solche Systeme jedoch über eine gravimetrische Regelung, etwa mit Wägezellen am Eingabetrichter, welche die Gewichtsabnahme überwachen (loss-in-weight), oder eine Gewichtskontrolle an einem separaten Wiegebehälter, die direkt aufzeichnet, welche Menge zugegeben wurde (gain-in-weight). Auf diese Weise lässt sich auch genauer rückverfolgen, wie viel oder in welchem Mischungsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt zudosiert wurde. Die Steuerung kann dadurch auf Abweichungen des Ist- vom Soll-Wert reagieren. Genauigkeit lässt sich so nicht nur erreichen, sondern auch aufzeichnen und belegen.

„Die Basis einer genauen gravimetrischen Dosierung ist immer ein genaues anwendungsspezifisch ausgelegtes volumetrisches Dosierorgan“, fasst Rüdiger Kissinger, Leiter Marketing bei Motan-Colortronic zusammen. Dort hat man gute Erfahrungen mit Scheibendosierern gemacht, die mit einer Messerklinge auch einzelne Körner teilen und so sehr einheitlich gefüllte Dosierkammern ermöglichen. Dies ermöglicht eine hohe Genauigkeit und Konstanz auch mit volumetrischer Dosierung bis in einen niedrigen Mengenbereich. Grenzen sind allerdings im Bereich der Kleinstmengen erreicht: „Zwei Körner sind zwei Körner, und die sind nicht mehr so oft teilbar“, so Kissinger.

Intelligente Steuersysteme greifen Anwendern unter die Arme, wenn es um konstante und genaue Zudosierung über die Zeit geht. Die Loss-in-weight-Überwachung versagt beispielsweise, wenn ein Einfülltrichter nachgefüllt wird und das Gewicht vorübergehend zunimmt. Darüber hinaus hängt der Fluss des zu dosierenden Produkts oder Rohstoffes auch von der verbliebenen Menge im Behälter ab und kann je nach Füllgrad schwanken. Eine mit entsprechender Software versehene Steuerung kann solche Schwankungen ausgleichen. Darüber hinaus lassen sich damit Probleme wie Agglomeration von Pulvern oder Anhaftung an der Trichterwand frühzeitig erkennen oder vermeiden, was ebenfalls die Zuverlässigkeit des Dosiersystems insbesondere bei Stoffen mit ungünstigen Fließeigenschaften steigert.

Dosierwelten treffen aufeinander

Eine Herausforderung an die Genauigkeit stellen zum Teil stark unterschiedliche Durchsätze dar. Zwar ist es kein Problem, je einen Dosierer für Mengen im dreistelligen Kilogramm-Bereich und einen für wenige Gramm zu konzipieren. Jedoch verzeichnet die Industrie einen Trend zu komplexeren Rezepturen – und nicht selten treffen dabei Welten aufeinander, was die Dosierverhältnisse betrifft. Da Farben, Aromen und auch pharmazeutische Wirkstoffe gern in möglichst hoher Konzentration genutzt werden, sinkt die zu dosierende Menge. So macht unter Umständen eine einzelne Hauptkomponente einen Anteil bis 98 % einer Mischung aus, der Rest verteilt sich auf drei bis fünf Klein- oder Kleinst-Komponenten.

„Wenn eine Rezeptur aus mehr Einzelkomponenten besteht, aber die Einwaagemengen kleiner sind, steigen auch die prozentualen Anforderungen an die Genauigkeit“, beschreibt Alois Billigen, Marketing Director bei AZO. Dort geht man diese Herausforderung durch Automatisierung an: Das Unternehmen entwickelt eine robotische Lösung, die Vorratsbehälter mit verschiedenen Kleinkomponenten verwaltet und die jeweiligen Inhaltsstoffe grammgenau und rückverfolgbar dosiert. Hinzu kommt ein Dosierorgan, das als Alternative zu den bislang genutzten Dosierschnecken dienen soll: ein Kunststoffverschluss, der sich ähnlich einem Quetschventil öffnet und schließt und Mengen von 100 g bis 10 kg bewältigen soll. Dieses System bringt einen weiteren Vorteil für Klein- und Kleinstmengen mit sich: In Dosierschnecken verbleibt in der Regel ein Materialrest, was bei hochkonzentrierten oder hochaktiven Substanzen schnell auch ein Kostenfaktor ist. Bei dem Kunststoffverschluss bleibt kein solcher Rest ungenutzt zurück.

Das Vermeiden von Resten oder Verunreinigungen trifft auch einen weiteren Trend: Neben der Genauigkeit wünscht sich eine zunehmende Anzahl der Anwender, dass Dosiersysteme leicht zu reinigen sind. Aus der Pharma- und Lebensmittelindustrie sind solche Anforderungen seit langem bekannt, aber auch die Chemie entdeckt die Vorteile von hygienischer Auslegung und einfacher Reinigung zunehmend für sich. „Auch in der chemischen Industrie wird die Reinigung der Geräte immer wichtiger,“ sagt Bernhard Meir, Head of Continuous Manufacturing bei Gericke.
Um diesen Ansprüchen zu begegnen, hat der Hersteller eine Dosierer-Baureihe überarbeitet: Die Geräte sind modular aufgebaut und dadurch schnell zu demontieren und zu reinigen. Hinzu kommen spezielle Dichtungen mit Stopfbuchsen, die sich selbsttätig nachziehen und zudem automatisch mit Druckluft auf Dichtigkeit prüfen lassen. Zusammen ermöglichen diese Maßnahmen einfachere und vorausschauende Wartung sowie schnelle Produktwechsel. Hersteller, die bereits die Branchen Pharma und Lebensmittel bedienen, nutzen ihre dort gesammelten Erfahrungen, um auch für die Chemie Geräte mit leicht zu reinigenden Oberflächen und Werkstoffen zu entwickeln.

Sonderlösungen: erhältlich, aber teuer

Einige technische Herausforderungen lassen sich nur über Sonderlösungen bewältigen. Diese tragen jedoch in der Regel einen höheren Preis mit sich, oder erfordern Kompromisse in anderen Bereichen. Beispielsweise können Explosionsschutz-Anforderungen die Fördergeschwindigkeit bei Schneckendosierern begrenzen, was sich technisch anspruchsvoll durch Inertisierung lösen ließe. Ähnlich herausfordernd sind Dosiersysteme, die mit Über- oder Unterdruck oder sogar Vakuum zurechtkommen müssen, da Druckschwankungen die Fließeigenschaften von Pulvern und die Dosiergenauigkeit stark beeinträchtigen können.

Da Sonderlösungen oft teuer ausfallen, lohnt es sich unter Umständen, den eigenen Bedarf genau auszuloten. Bernd Sudhoff, Managing Director bei Rembe Kersting, rät zur ausbalancierten Abwägung: „Oft wird sehr viel gefordert, aber man kommt auch mit einer anderen Lösung noch klar.“ Sein Unternehmen hat beispielsweise das gravimetrische Messprinzip aus der Dosiertechnik auf die Durchflussmessung übertragen, was einen „Quantensprung in der Steigerung der Genauigkeit“ von 1 % auf rund 0,5 % ermöglicht – für viele Anwendungsfälle anstelle einer hochpräzisen Dosierwaage durchaus ausreichend. Das Motto für die Investitionsentscheidung sollte in solchen Fällen „So gut wie nötig“ anstatt „So gut wie möglich“ lauten.

 

 

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